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Gut gelaunter FCZ-Präsident
«Die Tore muss ich ja auch noch schiessen»

Zuerichs Praesident Ancillo Canepa freut sich nach ihrem Sieg im Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Zuerich und den BSC Young Boys im Letzigrund, am Sonntag, 3 Maerz 2024 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio Leanza)
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«So», sagt FCZ-Präsident Ancillo Canepa, «jetzt sage ich einmal, wie es wirklich ist.» Und er beginnt zu erzählen, wie er am Morgen eines Spieltages auf einem «Fresszettel» die Mannschaftsaufstellung niederschreibt, den Zettel an Milos Malenovic weitergibt, der die Aufstellung auf Schreibmaschine ins Reine bringt und den Trainern in die Hand drückt.

«Es ist genau so, wie alle gedacht haben», sagt Canepa. Die Miene ist ernst, als er an diesem frühen Freitagnachmittag seinen kleinen Schwank zum Besten gibt. Wie gut Ironie im Fussball funktioniert, wird er sicher wissen.

Canepa gibt sich beim Termin vor dem Spiel des FCZ in Yverdon die Ehre, weil Malenovic verhindert ist. Zuletzt ist der Sportchef bei solchen Gelegenheiten wiederholt aufgetreten, stets neben dem jeweiligen Trainer. Gut gelaunt ist er dabei nicht immer gewesen. Oft hat er markige Antworten gegeben wie erst vergangene Woche, als er die Frage, ob der personelle Umbruch nicht auf Kosten der Resultate gehe, als «absoluten Schwachsinn» abgetan hat.

Der Präsident dagegen gibt sich entspannt, und wer gedacht hat, er komme nur, um die Medien zu schelten, irrt sich. «Wieso auch?», sagt er, «ich gehe gern an Pressekonferenzen.» Dass er viel mehr redet als Murat Ural, der zu seiner Rechten sitzt, hat seine Gründe. Zum einen ist der Co-Cheftrainer weiterhin wenig bereit, einen vertieften Einblick in sein Denken zu geben. Zum anderen wird Canepa viel mehr gefragt. Und dass er keine Scheu kennt, ist bekannt.

Auf nach Europa

Die drei Siege aus den letzten vier Spielen, immer brav dank eines 1:0, haben in der Meisterschaft zur Entspannung der Situation beigetragen. Zuvor war der FCZ nach sieben sieglosen Runden mit nur Unentschieden vom ersten auf den fünften Rang abgerutscht, noch mit vier Punkten Reserve auf das siebtplatzierte Winterthur. Dass er jetzt trotz der kleinen Erfolgsserie nur fünf Punkte Reserve auf ebendiesen FCW hat, dient ihm allerdings als Warnung, wie wenig gesichert ihm die Teilnahme an der Meisterrunde bereits ist.

«Wir sind auf einem guten Weg», sagt Canepa, «aber, aber, aber in dieser Liga ist alles extrem eng zusammen! Von Platz 1 bis 9, gar 10.» Was er gleichwohl als Ziel ausruft: souverän unter die ersten sechs kommen – «und dann natürlich Europa», also ein europäischer Wettbewerb.

Der Chef hat das Vertrauen in die beiden Co-Cheftrainer, was neben Ural auch Umberto Romano ist. «Im Moment» hält er diese Konstellation für ideal, zumal die beiden ihre Arbeit hervorragend erledigen würden. In der Branche hat sich herumgesprochen, dass beim FCZ nach dem Abgang von Bo Henriksen zu Mainz 05 eine Stelle vakant sein könnte. Der Club erhält zuhauf Bewerbungen, wie das in einem solchen Fall üblich ist. Zudem verweist Canepa darauf, dass Malenovic zumindest im Fussball «Gott und die Welt» kennt. Übersetzt: Die eine oder andere Idee, wer nächste Saison der Trainer ist, wird der Sportchef einbringen.

Canepas idealer Trainertyp

«Eines kann ich garantieren», sagt Canepa an einer Stelle seines Auftritts: «Für die neue Saison werden wir einen neuen Trainer haben.» Ural hört das und gibt sich unberührt davon, weil es seine Art ist, keine Karriereziele auszugeben, sondern sich auf das konzentrieren zu wollen, was er beeinflussen kann. «Jetzt ist wichtig, dass wir die Mannschaft für den Match in Yverdon gut einstellen. Mehr kann ich nicht sagen.»

Canepa stellt für sich fest, dass er sich mit seiner Ankündigung weit vorgewagt hat. Und korrigiert seine Prognose für das, was ab Sommer sein wird. «Es ist alles offen.» Nur so viel: «Wir werden sicher einen oder auch zwei Trainer haben, die unsere Philosophie tragen.»

Dass ihm das Modell mit zwei gleichberechtigten Trainern gefiel, wie es bei der schwedischen Nationalmannschaft lange Zeit zur Anwendung kam, schiebt er nach. Und auf die Frage, welchen Trainertyp er sich denn vorstelle, kommt eine Mischung aus Lucien Favre («akribische Arbeit»), Bo Henriksen («Motivationsfähigkeiten») und André Breitenreiter («Trainingsgestaltung») heraus. Ural und Romano sind gefordert.

Malenovic dagegen hat eine Woche zuvor keinen Zweifel an seinem Können und seinem Ehrgeiz gelassen. «Ich bin ein absoluter Profi in dem, was ich mache», war eine passende Aussage. Und eine andere: «Wir wollen in die Fussstapfen treten von YB, von Basel früher oder vom FCZ unter Favre.» Was ihn dann in Bezug auf seinen Arbeitgeber zur Feststellung führte: «Man hat in den letzten Jahren einiges verpasst – auch im Nachwuchs.»

07.10.2023; Zuerich; Fussball Super League - FC Zuerich - FC Winterthur, Heliane Canepa (Zuerich) Praesident Ancillo Canepa (Zuerich) und Sportchef Milos Malenovic (Zuerich) in der Loge
(Claudio Thoma/freshfocus)

Wer will, kann das auch als Kritik an Canepa auslegen. Und Canepa, der vollamtliche Präsident seit dem Dezember 2006, lässt auch das an sich abperlen. Zu wohl scheint ihm in seiner Haut zu sein und zu wohl mit Malenovic als Beauftragtem damit, den Umbau des Clubs nach den Vorstellungen von ihm und seiner Frau Heliane voranzutreiben.

«Alles, was beim FCZ kritisch beurteilt wird, ist Kritik an mir», sagt er, «ich sitze zuoberst, ich bin für alles zuständig, ich bin für alles verantwortlich. Die Tore muss ich ja auch noch schiessen. Das ist nichts Neues.» Dass in der Aussage von Malenovic ein «Korn Wahrheit» liegt, leugnet er nicht. Und erklärt das mit unterschiedlichen Philosophien der jeweils Zuständigen. Die einen seien nicht bereit, schon 17-Jährige einzusetzen. Die anderen würden nicht nach dem Alter urteilen, sondern nach Qualität und Einstellung. 

«Es herrscht kein Chaos»

Die Canepas haben den Wunsch, alles zu optimieren, auf jeder Stufe, in jedem Bereich, gerade auch im Nachwuchs. Dafür ist Malenovic nun der Heilsbringer, um das zu schaffen, was Canepa als «Neuerfindung des FCZ» ausgerufen hat. «Aber Milos ist nicht gekommen und hat gewütet», sagt er, «es herrscht kein Chaos, wie es schon geheissen hat. Es geht alles Schritt um Schritt.»

Seit ein paar Tagen sind Gerüchte im Umlauf, die vom Gegenteil berichten. Es herrsche unter dem neuen Sportchef ein Klima der Angst, wird berichtet, oder Sponsoren würden den Club verlassen. Canepa kennt sie und gibt ihnen keine Bedeutung. Lieber berichtet er von der guten Stimmung und dem professionellen Arbeitsklima im Home of FCZ.

Was Präsident und Co-Cheftrainer zu erwähnen bleibt, sind die Berichte vom gesteigerten Konkurrenzkampf draussen in Schwamendingen. Die Rückkehr zur alten Bo-Henriksen-Mannschaft gegen YB soll nichts mit der glücklosen Nachwuchsförderung bei der Niederlage in Lugano und dem trostlosen Auftritt beim 0:2 im Cup gegen Winterthur zu tun gehabt haben, nein, nur mit Trainingsleistungen. Oder wie es Canepa sagt: Die bisherigen Stammspieler und die Jungen würden für eine «gegenseitige Befruchtung» sorgen.