Chaos bei TwitterFake-Accounts mit blauem Haken fluten die Plattform – Millionenbusse droht
Starke Turbulenzen nach der Übernahme des Social-Media-Dienstes durch Elon Musk: Der neue Chef warnt vor der Pleite, der Verbraucherschutz mahnt, und ranghohe Mitarbeiter verlassen die Firma. Was ist da los?
«Das Herren-und-Bauern-System mit den blauen Haken ist Bullshit. Alle Macht dem Volk! Blau für acht Dollar pro Monat», postete der neue Twitter-Chef Elon Musk Anfang November. Damit wollte der Tesla-Gründer eine neue Ära bezüglich der Verifikationshäkchen einläuten, die bisher den Beweis lieferten, dass der Account-Inhaber tatsächlich der ist, für den er sich ausgibt. Bisher wurden sie Prominenten, Politiker und Unternehmen nach einer Prüfung von Twitter zugestanden. Nach dem neuen System bekommt das Häkchen jeder, der 8 Dollar pro Monat in einem Abo bezahlt. Eine Identitätsprüfung gibt es nicht (mehr).
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Die Änderung führt dazu, dass dadurch nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar ist, wer eigentlich wirklich die echte Person ist oder welcher Firmenaccount tatsächlich der offizielle ist. Berichten zufolge dachte Twitter darüber nach, einen zweiten grauen Haken einzuführen, doch Musk soll den Plan wieder verworfen haben. Offenbar war der neue Haken jedoch in einigen Regionen bereits für kurze Zeit sichtbar.
Supermario mit Stinkefinger und Teslas für die Ukraine
Doch dieser Plan, der seit Mittwoch umgesetzt ist, führt nun zu einer Flut von täuschend echt aussehenden Fake-Accounts mit bezahltem blauen Haken. Die Accounts, welche sich als jene von bekannten Firmen oder Personen ausgeben, posten allerlei Schwachsinn und Falschnachrichten. Ob man es mit einem früheren tatsächlich verifizierten Account oder mit einem neuen gekauften Häkchen zu tun hat, erfährt man nur aus dem Text nach Anklicken des Symbols.
Ein Fake-Post, der besondere Aufmerksamkeit erlangte, stammt von einem Fake-Tesla-Account mit dem Benutzernamen @TeslaReal. Dieser twitterte: «Wir werden der Ukraine 10’000 Fahrzeuge anbieten, um das Militär zu unterstützen. Unsere Autos sind die fortschrittlichsten Sprengkörper auf dem Markt.» Und ein anderer schrieb: «Auf Twitter sind alle Feuer und Flamme. Aber unsere Autos waren das schon, bevor das cool war.» Eine Anspielung auf Probleme bei den Tesla-Akkus, die sich in der Vergangenheit auch schon entzündet haben.
Doch auch Politiker wie Joe Biden, Donald Trump, Tony Blair sind beliebte Opfer für Fake-Accounts. Der Papst wird dabei genauso wenig verschont wie Elon Musk oder Twitter selbst. Ein weiteres Beispiel ist ein User, der sich als die Spielefirma Nintendo ausgab und ein Bild von Supermario postete, der den Mittelfinger zeigt. Der Pharmakonzern Eli Lilly musste sich gar bei Twitter-Nutzern entschuldigen, die ein Fake-Account glauben liess, Insulin werde künftig kostenlos vertrieben.
Twitter soll jedoch mehrere Massnahmen gegen das Problem in der Pipeline haben. Bereits verifizierte Accounts sollen sich beispielsweise nicht mehr umbenennen können, wie der «Stern» schreibt. Das Unternehmen versucht zudem, die zahlreichen Fake-Accounts schnellstmöglich zu löschen. Neu angelegte Accounts sollen zudem den Service «Twitter Blue» für acht Dollar nicht abonnieren können, was den Zugang zum blauen Haken verhindern soll.
US-Verbraucherschutz droht mit Millionenbusse
Das Chaos um Fake-Accounts hat Elon Musk eine scharfe Warnung der US-Verbraucherschutzbehörde FTC eingehandelt. «Wir beobachten die jüngsten Entwicklungen bei Twitter mit grosser Sorge.» Das teilte ein FTC-Sprecher am Donnerstag mit. Kein Unternehmen oder dessen Chef stünden über dem Gesetz, erklärte ein Sprecher der FTC. Verstösse gegen ein Abkommen mit der Behörde in Sachen Datensicherheit und Datenschutz könnten Bussgelder in Millionenhöhe nach sich ziehen.
Twitter hatte sich nach früheren Verstössen bei der FTC unter anderem verpflichtet, neue Funktionen vor der Einführung einer Prüfung im Bezug auf Datenschutz und Sicherheit zu unterziehen. Musk versicherte laut Medienberichten in einer E-Mail an die Mitarbeiter nach der FTC-Warnung, Twitter werde alles tun, um die Vereinbarung mit der Behörde einzuhalten.
Exodus und Insolvenz-Warnung
Doch nach all dem nicht genug: Aufgrund all dieser Entwicklungen haben mehrere hochrangige Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Dies, nachdem die Firma vor einer Woche rund die Hälfte seiner 7500 Angestellten entlassen hat. Direkt nach der Übernahme des Unternehmens hatte Musk bereits das Twitter-Management gefeuert.
Ausserdem eröffnete der neue Chef seinen Mitarbeitern, dass Twitter zurzeit viel Geld verliere. «Es ist möglich, dass wir ein Liquiditätsdefizit von mehreren Milliarden haben werden», schrieb er in Mitteilungen, die die Nachrichtenagentur AFP einsehen konnte, und warnte damit vor einer möglichen Pleite.
Mit Material der SDA und von AFP.
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