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Undurchsichtiger Spionagefall
Er tuschelte mit Chinesin und wurde überwacht – nun ist er frei

Chinesische Ehrengarde in Formation während einer Begrüssungszeremonie in der Grossen Halle des Volkes in Peking, Dezember 2019.
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So lange sass in diesem Jahrhundert kein Spionageverdächtiger in der Schweiz hinter Gittern: Über ein halbes Jahr verbrachte der in Genf ansässige Kanadier Peter Bruce (Name geändert) in Untersuchungshaft.

Doch kürzlich ist der Nordkorea-Spezialist freigekommen. Diese Redaktion konnte in Kooperation mit dem in Seoul ansässigen Portal «NK News» und dem deutschen «Spiegel» zweifelsfrei feststellen, dass Bruce nicht mehr im Gefängnis sitzt, sich aber nach wie vor in der Schweiz aufhält.

In diesem journalistischen Verbund hatten wir im vergangenen August publik gemacht, dass der knapp 60-jährige Familienvater und ehemalige Mitarbeiter der Vereinten Nationen unter Verdacht der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Spionage für China festgenommen worden war.

Militäragentin zahlte in Genfer Restaurants

Nun wird das damals Berichtete durch einen Zwischenentscheid des Bundesstrafgerichts bestätigt: Bruce, heute selbstständiger Umweltberater, hatte sich wiederholt mit einer chinesischen Diplomatin getroffen, die der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) als Militäragentin der Volksrepublik identifiziert hatte. Die beiden trafen sich in Genfer Restaurants, tuschelten über Nordkorea, zu dessen Vertreter in der Schweiz Bruce beste Kontakte pflegte. Die Chinesin beglich die Rechnungen und steckt dem Kanadier mutmasslich für Informationen auch Geldscheine zu.

Dies meldete der NDB, welche die Zusammenkünfte observierte, der Bundesanwaltschaft (BA). Der Schweizer Geheimdienst äusserte den Verdacht, dass Bruce bereits seit 2011 für China arbeite, als er noch für die UNO tätig war.

Bundesrätinnen gestatteten Überwachung

Die BA eröffnete ein Verfahren und ordnete ebenfalls Überwachungs­massnahmen an: Sie liess Telefonanschlüsse abhören, Peilsender an Fahrzeuge des Kanadiers anbringen, und die Bundeskriminalpolizei setzte auch einen Imsi-Catcher ein, mit dem ein weiteres Handy des Verdächtigen geortet werden konnte. Während Verteidigungsministerin Viola Amherd und das Bundesverwaltungsgericht die nachrichtendienstlichen Massnahmen genehmigten, ermächtigte Elisabeth Baume-Schneider 2023 als damalige Justizministerin die BA zu deren Vorgehen. Das Berner Zwangsmassnahmengericht erlaubte die einzelnen Überwachungsschritte. 

Nach seiner Festnahme wollte der Beschuldigte erreichen, dass die Erkenntnisse daraus nicht verwertet werden dürfen. Bruces Anwältin argumentierte auch damit, dass schweizerische Interessen gar nicht tangiert seien. Sie blitzte damit im November 2024 vor dem Bundesstrafgericht ab (der Entscheid wurde erst diese Woche publiziert).

Bei nachrichtendienstlichen Delikten drohen in der Schweiz Höchststrafen von drei Jahren. Ob es im Fall Bruce zur Anklage kommt oder ob das Verfahren eingestellt wird, liess sich nicht feststellen. Weder die BA noch die Verteidigerin des Kanadiers wollten sich zum Fall äussern.

Die Schweiz ist bei der Verfolgung von Spionage zurückhaltend. Die letzte Verhaftung und Verurteilung in einem grösseren Fall geht auf eine Aktion des israelischen Geheimdiensts bei Bern von 1998 zurück.