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Hochrechnung für Europawahl
Kopf-an-Kopf-Rennen in den Niederlanden

The Netherlands far-right PVV Freedom Party leader Geert Wilders speaks to the media representatives following the European Parliament elections provisional results in The Hague on June 6, 2024. (Photo by Remko de Waal / various sources / AFP) / Netherlands OUT
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Bei der Europawahl in den Niederlanden hat die EU- und islamkritische Freiheitspartei (PVV) von Geert Wilders wie erwartet stark zugelegt. Insgesamt aber bleibt das Verhältnis von proeuropäischen und EU-kritischen Kräften ungefähr gleich. Die PVV, die grosse Gewinnerin der Parlamentswahl im November, kletterte gemäss einer Prognose vom Donnerstagabend auf sieben Sitze. Vor fünf Jahren hatte die Partei kein einziges Mandat im Europa­parlament geholt und später noch eines zugeschrieben bekommen.

Damit liegt die PVV knapp hinter dem Bündnis von Grünen und Sozialdemokraten (PvdA), das 8 der 31 den Niederlanden zustehenden Sitze erzielte. 2019 hatten beide, damals noch getrennt, zusammen 9 Sitze erhalten. Die Prognose beruht auf einer Nachwahlbefragung, die Fehlermarge liegt bei einem Sitz. Es kann beim Endergebnis am Sonntagabend also noch zu Verschiebungen kommen.

Wilders sprach von einem «gigantischen Sieg», die PVV sei die «grosse Gewinnerin» dieser Wahl. Das Ergebnis entspricht im Wesentlichen den Umfragen, die ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Rot-Grün und der PVV erwarten liessen. Als erfreulich wurde die Wahlbeteiligung gewertet, die von 41 Prozent 2019 auf 46 Prozent stieg. Laut Wählerbefragungen konnten das rot-grüne Bündnis und andere Pro-Europäer ihre Anhänger in weit höherem Masse motivieren als etwa die PVV.

Der Sozialdemokrat Frans Timmermans wertete dies als «gutes Signal» für die proeuropäischen Parteien in der EU. «Es ist keineswegs gesagt, dass die radikale Rechte diese Wahlen gewinnen wird», sagte der frühere EU-Kommissar. «Schaut auf die Niederlande! Macht es genauso!»

Überschattet von der Regierungsbildung in Den Haag

Auf Platz drei kam die rechtsliberale VVD (vier Sitze), gefolgt von den Christdemokraten (drei), der linksliberalen D66 (drei) und der Bauer-Bürger-Bewegung (BBB, zwei). Die noch junge Partei Neuer Gesellschaftsvertrag (NSC), eine Abspaltung der Christdemokraten, holte nur einen Sitz. VVD, BBB und NSC wollen zusammen mit der Wilders-Partei eine neue Koalition in Den Haag bilden, mit dem bisherigen Spitzenbeamten Dick Schoof, einem Parteilosen, als Premier.

Die noch nicht abgeschlossene Regierungsbildung hatte den Europawahlkampf stark überschattet. Die Spitzenkandidaten der Parteien für das Europa­parlament blieben bis zuletzt so gut wie unbekannt in der Öffentlichkeit. Erst in der vergangenen Woche war eine Art Debatte über Europa in Gang gekommen. So spiegelt das Ergebnis weniger die verschiedenen Ansichten über die EU als die momentane Popularität der nationalen politischen Kräfte wider.

Wilders will EU von innen verändern – mit Meloni und Orbán

National wie europäisch ist das Thema Migration laut Umfragen das weitaus stärkste Anliegen der Wählerinnen und Wähler. Zwei Drittel sprechen sich für eine Begrenzung der Zuwanderung aus. Wilders verspricht einen sehr viel strengeren Kurs in der Asylpolitik, auf den die neue Regierung auch in Brüssel drängen will. Einen Austritt aus der EU fordert Wilders nicht mehr, sondern will die europäische Politik zusammen mit nationalistischen Gesinnungsgenossen wie Viktor Orbán oder Giorgia Meloni von innen verändern.

Was das Ergebnis für die Politik im Europaparlament bedeutet, ist noch unklar. Die PVV will sich einer rechten Fraktion mit anderen EU-kritischen Parteien anschliessen, die möglicherweise deutlich stärker wird. BBB und NSC fühlen sich der europäischen Volkspartei zugehörig, während die vereinigten Grünen und Sozialdemokraten in Brüssel und Strassburg getrennte Wege gehen werden. Offen ist auch, ob die VVD bei der liberalen Renew-Fraktion Unterschlupf findet, der die Kooperation mit Wilders missfällt.

Die Niederlande sind das erste EU-Land, in dem gewählt wurde. Weitere Mitgliedstaaten folgen am Freitag und Samstag, Deutschland und die meisten anderen am Sonntag. Erst nach Schliessung aller Wahllokale werden Ergebnisse bekannt gegeben.