Talentiert wie Lamine YamalGefeiert oder abgestürzt: So erging es anderen Fussball-Wunderkindern
Die Welt schwärmt vom 16-Jährigen, wie sie einst Pelé und Rooney umjubelte. Doch Talent allein genügt nicht immer. Davon können zwei junge Schweizer berichten.
Lamine Yamal: Seinen 17. Geburtstag feiert er in Berlin
Das beste Geschenk zu seinem 17. Geburtstag hat sich Lamine Yamal am Dienstag schon mal selbst gemacht. Der Schlenzer zum 1:1 gegen Frankreich war der Grundstein für den späteren Finaleinzug Spaniens. Und damit ist jetzt auch klar: Yamal wird seinen 17. Geburtstag in Berlin feiern. Allerdings muss er früh ins Bett. Denn nachdem er sich im Halbfinal schon zum jüngsten EM-Torschützen gemacht hat, könnte er am Sonntag nachlegen: Der bisher jüngste Europameister ist der Portugiese Renato Sanches mit 18 Jahren und 11 Monaten.
Johan Vonlanthen: Ein Vermächtnis, das 20 Jahre andauert
Der Rekord war das Vermächtnis von Johan Vonlanthen. 20 Jahre dauerte es, bis ein Jüngerer bei einer EM ein Tor schiesst: Lamine Yamal. Viele prophezeien Yamal nun die grosse Karriere, das taten manche auch bei Vonlanthen. Dieser startet seine Karriere 2001 bei YB, er spielt in Eindhoven und bei Brescia, für RB Salzburg bestreitet er über 100 Spiele. 2011 wechselt er nach Kolumbien, in die Heimat seiner Mutter. Als Mitglied der Siebenten-Tags-Adventisten bestreitet er an Samstagen keine Spiele, mit 26 tritt er ein erstes Mal zurück. 2013 kommt er zurück in die Schweiz, um für GC zu spielen. Dann: Schaffhausen, Servette, Wil. Heute ist der 38-Jährige Assistenztrainer beim FCZ.
Wayne Rooney: Bei der EM 2004 wird er zum «König von England» ernannt
Natürlich kann sich Jörg Stiel erinnern. Wie der Schuss an den Pfosten springt, von dort an seinen Kopf und dann ins Schweizer Tor. Es ist bei der EM 2004, als Wayne Rooney von der englischen Presse nach seinen zwei Treffern gegen die Schweiz zum «König von England» ernannt wird. Sein Debüt für Everton in der Premier League liegt zu diesem Zeitpunkt schon zwei Jahre zurück, sein erstes Tor gegen den FC Arsenal macht ihn im Alter von 16 Jahren, 11 Monaten und 25 Tagen zum jüngsten Torschützen der Liga. Was folgt, ist bekannt: Der heute 38-Jährige geht zu Manchester United, schiesst in 559 Spielen 253 Tore und holt alle grossen Titel, die der Clubfussball zu bieten hat.
Endogan Adili: Es begann auf dem Brügglifeld
Im Mai 2010 schreibt Endogan Adili auf dem Brügglifeld Geschichte: Er ist 15 Jahre, 9 Monate und 10 Tage alt, als er bei seinem Debüt in der Super League sein erstes Tor erzielt. Der GC-Spieler macht sich zum jüngsten Torschützen der Liga – und ist es bis heute. Natürlich wird ihm eine grosse Zukunft vorausgesagt und Adili wagt den nächsten Schritt. Beim FC Basel kommt er aber nur auf 93 Minuten und nach seinem Wechsel zu Galatasaray wird es noch schlimmer: drei Kreuzbandrisse, vier Operationen, es ist das Ende seiner Profikarriere. Heute ist Adili 29 und spielt für den FC Thalwil in der 2. Liga interregional.
Martin Ödegaard: Vor zehn Jahren wollte ihn jeder europäische Topclub
Es ist ein gewaltiges Casting, das 2014 veranstaltet wird. Fast jeder europäische Topclub will den 15-jährigen Martin Ödegaard vom IF Strömsgodset holen. Bei Manchester United, Arsenal oder Bayern München spielt er vor, entscheidet sich am Ende aber für Real Madrid. Für die – aus heutiger Sicht – lächerliche Ablöse von rund vier Millionen Euro wechselt er nach Spanien, kann sich dort aber nie durchsetzen. Nach mehreren Leihen – Heerenveen, Vitesse Arnheim, Real Sociedad – wechselt er 2021 für 35 Millionen Euro zu Arsenal und ist inzwischen, mit 25, Captain der Gunners.
Bojan Krkic: Er hält den Vergleichen mit Lionel Messi nicht stand
Inzwischen ist Bojan Krkic wieder beim FC Barcelona und kümmert sich um die Leihspieler des Clubs. Seine Karriere hat er im letzten Sommer, im Alter von 32 Jahren, bei Vissel Kobe beendet. Dabei hätte es ganz anders laufen sollen: 2007 debütiert er 19 Tage nach seinem 17. Geburtstag für Barcelona – und ist sogar jünger als Lionel Messi wenige Jahre vor ihm. Im Gegensatz zum Argentinier kann Krkic die Hoffnungen aber nicht erfüllen, der Druck ist gross und Krkic leidet früh an Angstzuständen. Zwar gewinnt er mit Barcelona dreimal die Meisterschaft, zweimal die Champions League und einmal die Copa del Rey. Doch dann beginnt der Abstieg: Roma, Milan, Ajax Amsterdam, Stoke City, Mainz, Alavés, Montreal – und am Ende Japan.
Gianluigi Donnarumma: Plötzlich war er da – und ist nie mehr verschwunden
Er kommt plötzlich – und verschwindet danach nie mehr. 2015, mit 16 Jahren, debütiert Gianluigi Donnarumma bei Milan. Er ist ein Schlaks mit grossartigen Reflexen, vor allem auf der Linie. Seinen Jugendverein verlässt er sechs Jahre später, mit 22 und unfassbaren 250 Serie-A-Partien. Aber es ruft ein lukrativer Vertrag bei PSG, Donnarumma, nun ein gestandener Mann mit der Statur eines Grizzlys, geht und ist einer der vielen hochkarätigen Pariser Zuzüge. 2021 wird er bei Italiens EM-Titel zum besten Spieler des Turniers gekürt. Und auch bei dieser EM gehört er zu den besten Goalies – bis Remo Freuler und Rubén Vargas mit ihren Toren die italienischen Hoffnungen zerstören.
Yusuf Demir: Auch beim FC Basel kann er sich nicht durchsetzen
Den vorerst letzten Versuch hat Yusuf Demir beim FC Basel unternommen – ohne Erfolg. Die Leihe des 21-Jährigen endete mit einem Bruch zwischen ihm und Trainer Fabio Celestini. Wie es für den Österreicher weitergeht, ist unklar, dabei galt Demir vor wenigen Jahren noch als eines der grössten Talente in Europa. Von Rapid Wien wurde er an den FC Barcelona ausgeliehen, kam dort aber nur auf neun Einsätze. Seitdem konnte das ehemalige Wunderkind weder bei Galatasaray noch beim FCB überzeugen.
Freddy Adu: Mit 14 bereits ein Superstar
Die Geschichte von Freddy Adu ist oft erzählt worden: Der US-Amerikaner, geboren in Ghana, hätte der neue Pelé werden sollen. Mit 14 Jahren spielt Adu schon bei der U-20-Weltmeisterschaft, kurz darauf in der US-Liga, und er macht sich dort zum jüngsten Spieler und Torschützen. Das Debüt für das US-Team folgt mit 16 Jahren und 243 Tagen – doch danach geht es abwärts. Adu wechselt nach Europa, zu Benfica, wo er sich nicht durchsetzen kann. Es folgen etliche Wechsel: Monaco, Belenenses, Aris Saloniki, Rizespor, Philadelphia, Bahia, Jagodina, Kuopio. Seine Karriere endet 2021 in der dritten schwedischen Liga.
Pelé: Mit 17 Jahren schiesst er Brasilien zum WM-Titel
Am 29. Juni 1958 erzielt ein 17-jähriger Brasilianer im Stockholmer Rasundastadion zwei Tore, macht sein Land zum Weltmeister und sich zur Legende. Edson Arantes do Nascimento – kurz: Pelé –, der schon im Alter von 15 für den FC Santos spielt. Zwar verbringt er fast seine ganze Karriere in Brasilien – mal abgesehen von den letzten beiden Jahren bei New York Cosmos. Seinen Ruf als Wunderkind bestätigt er trotzdem und gilt dank seiner Leistungen für Santos und die Seleção für immer als einer der grössten Spieler.
Endrick: Zum 18. Geburtstag gibt es einen Vertrag bei Real Madrid
Ob Endrick jemals in den Sphären eines Pelé spielen wird, darf stark bezweifelt werden. Aber in Brasilien wird darüber spekuliert, ob der 17-Jährige nicht eine ähnliche Karriere hinlegen könnte. Immerhin hat er im Testspiel gegen England im vergangenen März – mit 17, wie Pelé – sein erstes Tor für die Seleção erzielt und wird jetzt den grössten Schritt seiner Karriere machen: Am 21. Juli wird er 18 und dann offiziell zu Real Madrid wechseln. Dort erhoffen sie sich natürlich, dass seine Karriere ähnlich erfolgreich verläuft wie jene von Pelé. Auch wenn die Messlatte nahezu unerreichbar sein dürfte.
Fehler gefunden?Jetzt melden.