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Bilaterale Beziehungen
Die «Freunde der Schweiz» streichen die Schweiz von der EU-Agenda

Tschechiens Premier Fiala sah sich als «Freund der Schweiz» und wollte das Schweizer Dossier prioritär voranbringen. Doch ohne Erfolg.
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Es ist eine Art Zeugnis, eine Beurteilung des Gesundheitszustands der bilateralen Beziehung zwischen der EU und der Schweiz. Die EU hat diese sogenannten Ratsschlussfolgerungen immer wieder aufgeschoben, in der Erwartung einer baldigen Besserung. Nun geben die EU-Staaten die Hoffnung auf, dass es auf absehbare Zeit zu einem Durchbruch bei den Sondierungsgesprächen zwischen Staatssekretärin Livia Leu und der EU-Kommission kommt. Tschechien, das derzeit den EU-Ratsvorsitz führt, habe die Beurteilung für die Schweiz von der Agenda genommen, so EU-Diplomaten. Man rechne nicht mehr mit einer Einigung in diesem Jahr. 

Die EU-Staaten haben sich am Montag in der sogenannten Efta-Arbeitsgruppe von der EU-Kommission über die fünfte Sondierungsrunde von Livia Leu mit Juraj Nociar, dem Kabinettschef von Vizepräsident Maros Sefcovic, informieren lassen. Es sei nach wie vor unklar, wie die Schweiz nach dem Abbruch beim Rahmenabkommen vor bald einem Jahr die institutionellen Fragen lösen wolle, berichtete die EU-Kommission in der Runde. Die Diskussion mit der Schweiz drehe sich im Kreis, Fortschritte gebe es nur punktuell, aber nicht in Grundsatzfragen wie bei der Streitschlichtung. Die Schweizer Regierung spiele auf Zeit, so der Vorwurf.

Frankreich dagegen

Ein nächstes Sondierungsgespräch ist am 11. November geplant. Beide Seiten gehen nicht davon aus, dass danach der Start der eigentlichen Verhandlungen in Sichtweite ist. Tschechien hat im zweiten Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft und war ursprünglich mit dem Ziel angetreten, das Schweizer Dossier als eine der Prioritäten voranzubringen. Tschechische Diplomaten präsentierten sich als «Freunde der Schweiz», auch mit Blick auf die grosszügige Aufnahme ihrer Landsleute nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968. Doch der gute Wille hat nicht viel geholfen. Tschechien habe das Ziel aufgegeben, die Ratsschlussfolgerungen vor Ende Jahr verabschieden zu können, so EU-Diplomaten. Neben der EU-Kommission war auch Frankreich entschieden dagegen, die Beurteilung zu verabschieden, solange es in den Gesprächen mit der Schweiz keine Fortschritte gebe. Paris ist verstimmt, seitdem die Schweiz sich bei der Kampfflugzeugbeschaffung gegen das französische Modell entschieden hat. Ein Teil der Mitgliedstaaten unterstützte die Position, während andere sich neutral verhielten beziehungsweise sich nicht äusserten. 

Die EU verabschiedet Beurteilungen ihrer Beziehung zu einzelnen Drittstaaten wie der Schweiz normalerweise alle zwei Jahre. Die Ratsschlussfolgerungen sind die politischen Leitlinien der Mitgliedstaaten für die EU-Kommission. Die EU-Staaten haben in ihren regelmässigen Beurteilungen der bilateralen Beziehung seit über zehn Jahren eine Lösung der institutionellen Fragen angemahnt. Ohne Einigung bei den Themen Streitschlichtung, dynamische Rechtsübernahme und Überwachung drohe eine Erosion der bestehenden bilateralen Abkommen. Neue Marktzugangsabkommen wie etwa zum Strom blockiert die EU.

Livia Leu kommt am 11. November für die bereits sechste Sondierungsrunde nach Brüssel. 

Nach Tschechien übernimmt Schweden am 1. Januar die EU-Agenda für das erste Halbjahr 2023. Laut EU-Diplomaten will aber Schweden nach dem vergeblichen Elan der Tschechen vorerst keine Energie in das Schweizer Dossier investieren und hat nicht vor, die blockierten Ratsschlussfolgerungen voranzutreiben. Damit schwindet auch die Chance, dass die Schweiz sich bald wieder bei Horizon Europe vollassoziieren kann. Die EU macht informell eine Einigung auf Verhandlungsmandate und den Start der eigentlichen Verhandlungen zur Bedingung für eine Rückkehr zum EU-Forschungsprogramm.

Das Zeitfenster vor den Eidgenössischen Wahlen im Herbst nächsten Jahres wird aber immer kleiner. 2024 läuft zudem das Mandat der EU-Kommission aus, und auch das EU-Parlament wird neu gewählt. Gelingt vorher keine Einigung im bilateralen Dossier, müsste eine neue Equipe in Brüssel und in Bern alles wieder von vorne anfangen.