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Bezirksgericht Meilen
Gericht sagt, es war Mord: Ehemann im Meilemer Prozess verurteilt

Nun hat das Bezirksgericht Meilen unter dem Vorsitz von Richter Jürg Meier (hinten links) das Urteil über den Beschuldigten (rechts) gefällt.

Ein 50-jähriger Schweizer ist am Montagnachmittag vom Bezirksgericht Meilen wegen Mordes und versuchten Mordes zum Nachteil seiner Ehefrau zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Gerichtspräsident Jürg Meier sagte, bei der besonders brutalen Tötung seiner Frau im Juni 2014 habe der Mann eine «Geringschätzung menschlichen Lebens in krassestem Ausmass» an den Tag gelegt.

Darstellung des Beschuldigten geht nicht auf

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der damals 43-jährige Schweizer seine inzwischen von ihm geschiedene und auf einen Rollstuhl angewiesene Ex-Frau mit heissem Wasser verbrüht und anschliessend in ihrer Badewanne ertränkt hat. Damit widersprach das Gericht der Darstellung des Mannes, die er in einem von ihm verfassten Buchentwurf vertreten hatte. Seine «petite rose d’amour, die wunderbare Mutter unseres Sohnes», die er gegenüber dem eigenen Kind auch schon mal als «deine doofe Mutter» bezeichnet hatte, sei Opfer eines Sturzes geworden.

Die Unfallthese verwarf das Gericht gestützt auf das «auffällige, merkwürdige Spurenbild». Folge man der Darstellung des Beschuldigten, zu der er während der sechstägigen Verhandlung schwieg, dann gehe immer ein Indiz nicht auf: Die seltsame Bekleidung der Frau korrespondiere nicht mit den Verbrühungen. Und hätte das ins Bad einlaufende Wasser die Verbrühungen verursacht, müsste sich ein anderes Verletzungsbild zeigen.

Vermeintliches Alibi hat Lücken

Für die Verbrühungen komme nur der Beschuldigte infrage. Er habe für den Tatnachmittag auch kein lückenloses Alibi. Dass er die auf Hilfe angewiesene Frau loswerden wollte und sich aus ihrer Lebensversicherung 500’000 Franken erhoffte, mache seine Tat zu einem Mord. «Dafür ist keine nähere Begründung nötig», sagte Meier – und lieferte sie dann doch: Er habe die ihm «schutz- und wehrlos ausgelieferte Frau auf besonders grausame Weise getötet», das Ganze «als tragischen Unfall inszeniert» und dann sein Leben so weitergeführt, als sei gar nichts geschehen.

Dass die Frau an den Rollstuhl gefesselt war, hatte ebenfalls ihr Ehemann zu verantworten und war der Grund für die Verurteilung wegen versuchten Mordes. Denn im Dezember 2012 hatte er nach Überzeugung des Gerichts seine Ehefrau, die sich von ihm trennen wollte, auf Mallorca massiv verprügelt, mit dem Auto angefahren und dadurch ihre Oberschenkel und Kniescheiben zertrümmert.

«Völlig unmenschliche Tat»

Der Beschuldigte hatte in seinem Buchentwurf behauptet, seine Frau, die sich von einer Sekte verfolgt fühlte, habe in einem psychotischen Schub versucht, den gemeinsamen dreijährigen Sohn zu erdrosseln. Während er den Notruf alarmiert habe und mit dem Sohn der Sanität entgegengefahren sei, sei die Frau aus dem Fenster gefallen oder habe sich in suizidaler Absicht aus dem Fenster gestürzt.

Nach Bewertung aller Indizien kam das Gericht zum Schluss, dass zwar nicht rechtsgenügend erstellt werden könne, auf welche Weise genau die Beinverletzungen entstanden seien. Aber an den verschiedenen mit der Tat verbundenen Täuschungshandlungen habe nur ein einziger Mensch Interesse gehabt: ihr Ehemann.

Dass er die Ehefrau, mutmasslich nach einem eskalierenden Ehestreit, bei kühler Nacht und bloss leicht bekleidet auf dem Vorplatz der Finca liegen liess und die Sanität noch in die Irre führte, um die Rettung zu verzögern, spreche für eine Inkaufnahme des Todes der Frau. Die «völlig unmenschliche und grausame Tat» sei als versuchter Mord zu qualifizieren. An der bereits lebenslänglichen Strafe änderte diese zusätzliche Verurteilung aber nichts. Wäre die Tat allein beurteilt worden, hätte er mit einer Strafe im Bereich von 18 bis 20 Jahren rechnen müssen.

Virtueller Besuch auf Mallorca

Der Prozess war in vielerlei Hinsicht aussergewöhnlich. Zum ersten Mal hatte ein Gericht in der Schweiz den Ort des Geschehens auf Mallorca virtuell besucht. Anhand einer 3-D-Simulation hatten Spezialisten dem Gericht einen möglichen Tathergang präsentiert (lesen Sie die Hintergründe zu dieser Technik hier). Ungewöhnlich war auch der Umstand, dass der Mordprozess sechs Tage dauerte und bisher 760’000 Franken gekostet hat – was seit Abschaffung des Geschworenengerichts eine absolute Ausnahme darstellt.

Insbesondere aber fällt die Entstehungsgeschichte dieses Strafverfahrens gegen den 50-Jährigen völlig aus dem Rahmen. Denn sowohl der Vorfall auf Mallorca wie der Tod der Frau in Küsnacht waren zunächst als Unfälle behandelt und ad acta gelegt worden. Erst die Nachforschungen der Versicherung, die dem Mann eine Lebensversicherung über eine halbe Million Franken auszahlen sollte, führten in den medizinischen Unterlagen zu Ungereimtheiten und schliesslich zur Strafuntersuchung.

Nach der 90-minütigen Urteilseröffnung und -begründung kündigte die Verteidigerin des Mannes einen Weiterzug ans Obergericht an.