Erste TV-Debatte der US-RepublikanerElefant Trump und die Kleintiere
Während sich acht Präsidentschaftskandidaten der Grand Old Party in Milwaukee trafen, startete Donald Trump sein eigenes Programm – mit fünf Minuten Vorsprung.
Die erste Debatte der Republikaner vor Amerikas Wahl 2024 näherte sich gerade erst ihrem Start, da legte ihr wichtigster Mann selbstverständlich schon los. Acht republikanische Präsidentschaftskandidaten trafen sich am Mittwochabend ab 21 Uhr Ostküstenzeit in Milwaukee, wo im kommenden Jahr auch der offizielle Bewerber der Grand Old Party nominiert werden soll – nach Stand der Dinge wird es wieder Donald Trump, der dann voraussichtlich erneut gegen Joe Biden antritt.
Aber Donald Trump war nicht dabei bei dieser Wahlkampfpremiere, übertragen von seinem früheren Haussender Fox News. Er erhob daheim das Wort, und zwar ab exakt 20.55 Uhr. Der Frontrunner der Republikaner sass mit dem früheren Fox-Scharfmacher Tucker Carlson in einem Kaminzimmer seines Golfclubs Bedminster in New Jersey.
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Gesendet wurde das Interview von der Plattform X, vormals Twitter, einem anderen ehemaligen Lieblingskanal Trumps. Bei Fox war Carlson ja entlassen worden, weil seine schamlose Werbung für Trumps Fantasiewelt offenbar selbst diesem Unternehmen zu weit ging. Genau fünf Minuten vor Beginn der Liveschaltung aus der Hauptstadt von Wisconsin stellten die beiden ihr Gespräch ins Netz.
Trump bezeichnet führende Demokraten als «wilde Tiere»
Carlson brachte die zweisame Konkurrenzveranstaltung gleich mit der These in Schwung, dass sich der Sextäter Jeffrey Epstein 2019 in Haft nicht selbst das Leben genommen habe, sondern dass er ermordet worden sei. Danach erkundigte er sich bei Trump, ob womöglich als nächster Schritt auch er umgebracht werde nach all den Anklagen gegen ihn. «Das sind wilde Tiere», antwortete Trump. «Das sind kranke Leute, sie hassen unser Land.»
Er meinte natürlich führende Demokraten und Strafverfolger, die ihm diverse Verbrechen vorwerfen, darunter seinen Beitrag zum mutmasslichen Putschversuch 2020/21. Am Donnerstag wird der ehemalige Staatschef deshalb in Atlanta erwartet, um beim Sheriff von Fulton County Fingerabdrücke, Personalien und möglicherweise sogar ein Polizeifoto zu hinterlassen; die dortige Staatsanwältin Fani Willis legt ihm und Vertrauten wie dem Anwalt Rudy Giuliani Verschwörung und versuchte Wahlfälschung zur Last. Trump bezeichnet auch diese Ermittlerin als Irre, aber das dürfte nichts daran ändern, dass ihm in Georgia ein Prozess bevorsteht, der ihn ins Gefängnis bringen könnte.
Die Wahl vor bald drei Jahren ist für ihn nach wie vor geklaut von seinen Gegnern unter Leitung von Joe Biden, den für ihn schlechtesten US-Präsidenten aller Zeiten. Ausserdem sei Biden ein korrupter Mensch und geistig noch schlechter drauf als körperlich, er könne nicht mal die paar Yards zu seinem Helikopter laufen oder einen Strandstuhl hochheben. «Ich denke, er sieht am Strand schrecklich aus», er gehe wie auf Eiern. So also begann diese Unterhaltung, die sich zahlreiche Amerikanerinnen und Amerikaner auf ihrem Smartphone oder Tablet ansahen.
Trump teilt die Meinung Carlsons, dass das Fernsehen eh nicht mehr so wichtig ist und Fox News nicht genügend auf seiner Seite steht.
Wieso der mit Abstand populärste Mann der Republikaner seine weitgehend bekannte Weltsicht nicht neben seinen Parteikollegen (Parteifreunde sind es längst nicht mehr) bei Fox News verbreitete? «Wozu?», fragte Trump Carlson zurück. Er führe in republikanischen Umfragen mit 50, 60 Punkten Vorsprung. Er wolle sich an keiner dieser TV-Diskussionen beteiligen.
Trump teilt die Meinung des gefeuerten Carlson, dass das Fernsehen eh nicht mehr so wichtig ist und Fox News nicht genügend auf seiner Seite steht. Auch erfüllt er zwar zwei der drei Voraussetzungen der republikanischen Aufsicht für eine Teilnahme, sprich, genügend Unterstützer und Wahlkampfspenden vorweisen zu können. Aber nicht die dritte, nämlich eine gewisse Loyalität zu einem am Ende bestimmten Kandidaten – egal, wer es dann ist. Wobei das seiner Meinung nach ohnehin er selbst sein wird.
Der Elefant, der nicht im Raum ist
Mit entsprechender Spannung wurde erwartet, wie sich die acht Teilnehmer zur Primetime zu ihm verhalten würden. Nach einer knappen Stunde Geplänkel war es so weit. «Lassen Sie uns über den Elefanten sprechen, der nicht im Raum ist», hob der Moderator an: «Würden Sie Donald Trump immer noch unterstützen?» Die meisten Hände gingen mehr oder weniger kraftvoll nach oben, vorneweg die des 38-jährigen Unternehmers Vivek Ramaswamy, der Trump für den besten Präsidenten des 21. Jahrhunderts hält.
Andere blieben unten, darunter jene von Chris Christie, ehemals Gouverneur von New Jersey. «No», antwortete Christie, jemand müsse dieses Verhalten stoppen, es habe im Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten nichts zu suchen. Trump habe die Verfassung missachtet. Christie zählte mal zu Trumps Riege, jetzt nicht mehr. Viele der 7000 Zuschauer im Saal buhten ihn aus, aber Buhrufe würden nichts an der Wahrheit ändern, sprach Christie.
Mike Pence war sogar mal Trumps Vize. Während des Sturms auf das Capitol am 6. Januar 2021 wollten ihn Trump-Anhänger als Verräter aufhängen, weil er sich weigerte, Bidens eindeutigen Wahlsieg zu kippen. Ob er das Richtige getan habe? Da wand sich nun Ron DeSantis um eine Antwort, der Gouverneur von Florida. Man solle aufhören, das Thema politisch auszunützen, und nach vorne schauen, erwiderte er.
Der Moderator hakte nach. «Mike tat seine Pflicht», sagte DeSantis nun, bis vor kurzem Trumps schärfster Rivale. Trump habe sich durch den Aufstand vom 6. Januar disqualifiziert, findet Nikki Haley, ehemals seine UNO-Botschafterin und nun eine weitere, wohl ebenfalls chancenlose Herausforderin. «Vizepräsident Mike Pence hat das Richtige getan.»
Pence sagte, er habe geschworen, dass niemand über dem Gesetz stehe. Auch für Trump gelte die Unschuldsvermutung, aber: «Er hat mich aufgefordert, ihn über die Verfassung zu stellen», doch er werde immer die Verfassung achten. Asa Hutchinson, einst Gouverneur in Arkansas, wies darauf hin, dass der frühere Präsident die Justiz nicht akzeptiere.
Beim Streitthema Abtreibung sind alle «Pro Life»
Letztlich beistehen würden die meisten dieser Runde dem Elefanten, der ja doch irgendwie im Raum stand, offenbar dennoch. Und sonst? Es gab bizarre Wortmeldungen wie jene des strahlenden Investors Ramaswamy, Sohn indischer Einwanderer, der sich für die USA zwar eine jüngere Führung und eine ethnisch diverse Gesellschaft wünscht, aber den Klimawandel, der vor allem jungen Leuten Angst macht, für Schwindel hält.
Beim Streitthema Abtreibung sind alle «Pro Life», wie sie das nennen, und manche wie der Evangelikale Pence für ein nationales Verbot nach 15 Wochen Schwangerschaft. Derzeit entscheiden nach einem Beschluss des Obersten Gerichtshofs die Bundesstaaten. Nikki Haley empfahl als einzige Frau auf dem Podium, das Problem nicht zu verteufeln und vernünftig damit umzugehen.
«Joe Biden hat unser Land innen und aussen geschwächt.»
Ron DeSantis will die US Army nicht nur an die Südgrenze schicken, sondern auch Spezialkräfte nach Mexiko, um den Drogenkartellen zu Leibe zu rücken. Es sei die erste Pflicht, das eigene Land zu verteidigen, das scheint ihm wichtiger zu sein als die amerikanische Unterstützung der Ukraine gegen Russland. Für Ramaswamy ist die Militärhilfe übertrieben bis unnötig, China sei doch die grösste Bedrohung. Pence belehrte ihn, dass die US-Hilfe für die Ukraine lebenswichtig und die Grenze dennoch zu sichern sei. Donald Trump wiederholte bei Tucker Carlson derweil seine Version, dass der Krieg ohne ihn gar nicht erst angefangen hätte.
Bei der Wirtschaft sind sich alle weitgehend einig, dass Biden an der Inflation schuld ist und jeder von ihnen die Sache in den Griff kriegen würde. «Joe Biden hat unser Land innen und aussen geschwächt», verkündete Mike Pence, der unter den acht Trump-Rivalen den Staatsmann gab. Angesichts von Bidens Alter (80) wollten die beiden Fox-Interviewer wissen, was man von einem Psychotest für den Präsidenten halte. Jeder in Washington könne einen Psychotest gebrauchen, meint Pence (64). «Der Präsident sollte nicht zu alt sein, nicht zu jung.» Da war das Kontrastprogramm von Donald Trump (77) im Internet bereits vorbei.
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