Erstes TV-Duell der RepublikanerSie wollen Trump noch abfangen – kommt jetzt der Angriff?
Donald Trump ist bei den Republikanern hoch favorisiert für die US-Präsidentenwahl. Seine acht Rivalen hoffen in der TV-Debatte von kommender Nacht auf die Trendwende.
TV-Debatten sind eine Institution im US-Wahlkampf: Die erste mit den führenden Präsidentschaftsbewerbern der Republikaner am Mittwoch (3 Uhr MESZ) wird allerdings ohne den Favoriten stattfinden. Donald Trump begründet seine Absage mit dem riesigen Vorsprung, den er in den Umfragen hat. Angeblich plant der Ex-Präsident, gleichzeitig ein bereits aufgezeichnetes Interview mit dem ehemaligen Fox-News-Moderator Tucker Carlson zu veröffentlichen. Nicht auszuschliessen ist, dass er sich die Sache noch einmal überlegt.
Eine neue Umfrage des US-Senders CBS sieht Trump bei 62 Prozent und damit 46 Punkte vor dem zweitplatzierten Ron DeSantis. Gleichwohl sind im Establishment der Partei einige überzeugt, dass die Republikaner mit einem anderen Kandidaten als Trump 2024 bessere Chancen hätten.
Interessant wird sein, wie sich die Rivalen in der TV-Debatte zum scheinbar übermächtigen Favoriten äussern. Das Moderatoren-Duo hat angekündigt, es wolle die Kandidaten zu Trumps juristischen Problemen mit inzwischen vier Anklagen befragen. Die Konkurrenten stehen vor dem Dilemma, dass sie sich einerseits von Trump abgrenzen müssen, andererseits Kritik am Ex-Präsidenten Punkte im rechten Lager kostet. Der republikanische Stratege Mike Murphy sagt dazu lapidar: «Wie soll man den Löwen schlagen, ohne ihn anzugreifen?»
Doch wer sind die acht Trump-Konkurrenten überhaupt? Ein Überblick.
Ron DeSantis: Der taumelnde Rechtsausleger
Der erzkonservative Gouverneur des Bundesstaates Florida gilt als Trumps gefährlichster innerparteilicher Rivale. Der 44-jährige Hardliner fährt in Florida einen scharf rechten Kurs und gibt sich insbesondere als Kämpfer gegen eine linke «Woke»-Ideologie.
Im vergangenen November wurde der seit 2019 amtierende DeSantis in einem Erdrutschsieg als Gouverneur wiedergewählt. Für viele schien der Generations- und Führungswechsel bei den Republikanern damit beschlossene Sache. In Umfragen fiel der frühere Marine-Offizier und Kongressabgeordnete in den folgenden Monaten aber wieder klar hinter Trump zurück und liegt in der neuen CBS-Umfrage bei nur noch 16 Prozent. Inzwischen macht ihm sogar der Politik-Neuling Vivek Ramaswamy in einigen Umfragen den zweiten Platz streitig.
Für DeSantis geht es in der TV-Debatte deshalb um viel: Entweder verleiht er seiner Kampagne neuen Schwung, oder er disqualifiziert sich als Topalternative zu Trump. DeSantis hat sich mit einem der bekanntesten Debattentrainer der Republikaner auf den Auftritt vorbereitet. Um seine Chancen zu erhöhen, müsste er wohl versuchen, die Mitte der Partei und die Trump-Gegner für sich zu gewinnen.
Vivek Ramaswamy: Der Überraschungsmann provoziert
Der erst 38-jährige Unternehmer ist die grosse Überraschung des bisherigen Vorwahlkampfes. Der Multimillionär und Politik-Neuling hat es mit einer Vielzahl von Wahlkampfauftritten, bis zu dreissig Interviews pro Tag und provokanten Forderungen in Umfragen auf den dritten Platz geschafft. So will der Sohn indischer Einwanderer das Wahlalter grundsätzlich auf 25 Jahre anheben, das Bildungsministerium, die Bundespolizei FBI und die Steuerbehörde IRS auflösen und die Grenze zu Mexiko durch die Armee bewachen lassen.
Ramaswamy hat versprochen, Trumps Politik des «America First» fortzusetzen – und profiliert sich wie DeSantis mit Angriffen gegen die «woke» Linke. Der zweifache Vater, der durch die Gründung des auf die Entwicklung von Medikamenten spezialisierten Biotechunternehmens Roivant Sciences reich wurde, kommt in der CBS-Umfrage auf 7 Prozent. Ramaswamy gilt als rhetorisches Talent. Da er noch nicht so prominent ist wie seine Konkurrenten, kann er in der TV-Debatte seinen Bekanntheitsgrad erhöhen. Chancen hat er aber wohl nicht einmal, wenn Trump die juristischen Probleme zum Verhängnis werden.
Mike Pence: Trumps Vize kommt nicht vom Fleck
Trumps früherer Vizepräsident stieg im Juni in das Präsidentschaftsrennen ein und forderte damit seinen einstigen Chef heraus. Der erzkonservative Politiker und evangelikale Christ war Trump in vier Jahren im Weissen Haus ein loyaler Stellvertreter. Die Capitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021, bei der randalierende Trump-Anhänger unter anderem «Hängt Mike Pence» riefen, führte aber zum Bruch zwischen den beiden Republikanern.
Der 64-Jährige hatte sich damals Trumps Forderung verweigert, eine Bestätigung des Siegs des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl 2020 im Kongress zu blockieren. Pence hat Trump seitdem immer wieder scharf kritisiert. Seine Hoffnung, christlich-fundamentalistische Wähler würden seine Kampagne in Schwung bringen, hat sich bisher nicht erfüllt. Pence dümpelt bei Umfragen stets im einstelligen Prozentbereich herum.
Nikki Haley: Die ehemalige Botschafterin vermeidet die Konfrontation
Die frühere US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen sieht sich als Vertreterin einer «neuen Generation» politischer Führungskräfte. Die 51-jährige Tochter indischer Einwanderer stieg im Februar als erste prominente Trump-Herausforderin ins Präsidentschaftsrennen ein. Haley hat den Ex-Präsidenten, der sie 2017 zur UN-Botschafterin in New York gemacht hatte, in der Vergangenheit offen kritisiert, vermeidet inzwischen aber die direkte Konfrontation.
Haley ist die einzige Frau im Bewerberfeld der Republikaner. Zwischen 2011 und 2017 stand sie als erste Frau an der Spitze ihres Heimatbundesstaates South Carolina. Ihre Umfragewerte lagen zuletzt zwischen 3 und 4 Prozent.
Tim Scott: Er setzt voll auf Iowa – und die Christen
Der 57-jährige Senator wäre gern der erste schwarze Republikaner im Amt des US-Präsidenten. Der Politiker aus dem Bundesstaat South Carolina ist derzeit der einzige afroamerikanische Senator seiner Partei. Der evangelikale Christ kommt aus einfachen Verhältnissen und sieht sich als Beispiel dafür an, dass es in den USA jeder unabhängig seiner Herkunft weit nach oben schaffen kann. Scott sitzt seit 2013 im Senat, zuletzt wurde er im November mit grossem Vorsprung auf seine demokratische Herausforderin wiedergewählt.
Scott hat einen Grossteil seiner Wahlkampfressourcen auf den US-Bundesstaat Iowa konzentriert, wo im Januar 2024 zuerst gewählt wird und in dem viele rechte evangelikale Christen leben. Dort hat er zuletzt in den Umfragen fast 10 Prozent erreicht. Landesweit liegt er bei den Republikanern aber bloss auf dem sechsten Zwischenplatz.
Chris Christie: Vom Trump-Buddy zum schärfsten Kritiker
Der frühere Gouverneur des US-Bundesstaates New Jersey ist im Bewerberfeld der Republikaner wohl der schärfste Trump-Kritiker – und hat das zu seinem Markenzeichen gemacht. So hat er den Ex-Präsidenten wegen dessen Haltung zum Ukraine-Krieg als «Feigling» und «Marionette» des russischen Staatschefs Wladimir Putin bezeichnet.
Dabei arbeitete der 60-Jährige einst mit Trump zusammen: Nachdem er 2016 früh bei den Republikaner-Vorwahlen ausgestiegen war, stellte er sich als erster prominenter Unterstützer aus dem Partei-Establishment hinter Trump. Dieser machte Christie vorübergehend zum Leiter seines Übergangsteams für einen Machtwechsel. Hoffnungen auf ein Ministeramt in der Trump-Regierung zerschlugen sich für den Politiker, der durch einen Skandal um die Schliessung einer Brücke aus seiner Gouverneurszeit (2010 bis 2018) belastet ist. Sein Anti-Trump-Kurs hat Christie bislang auch nicht geholfen: Er kommt in den Umfragen nicht einmal mehr auf 3 Prozent.
Asa Hutchinson: Kämpfer gegen die «schlimmsten Instinkte»
Der 72-Jährige Hutchinson war im Januar nach acht Jahren als Gouverneur von Arkansas wegen der Amtszeitbegrenzung aus dem Amt geschieden. Hutchinson sagt von sich, er biete eine Alternative zu Donald Trump. «Die Menschen wollen Führungspersönlichkeiten, die das Beste in Amerika ansprechen und nicht nur unsere schlimmsten Instinkte. Hutchinson gilt als klassischer Konservativer mit langer politischer Karriere. Chancen auf das Präsidentenamt hat er keine.
Doug Burgum: «Eher erlischt die Sonne …»
Der ehemalige Software-Unternehmer ist derzeit Gouverneur von North Dakota. Er ist so reich, dass er seine Kampagne weitgehend selber finanzieren kann. Sein Problem: Viele Wähler kennen ihn nicht. Die «Süddeutsche Zeitung» schrieb zu Burgums Kandidatur süffisant: «Eher erlischt die Sonne, als dass Doug Burgum der nächste Präsident der USA wird.»
AFP/nlu
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