Ticker zur Wahl in DeutschlandCDU kündigt für Dienstag Gespräche mit Grünen an | SPD-Chef attackiert Laschet
CDU-Chef Laschet hofft auf eine Jamaika-Koalition. Walter-Borjans rät ihm «die Total-Abfuhr der Wähler anzuerkennen». Aktuelle News zu den Wahlen in Deutschland.
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Die SPD hat die Bundestagswahl vor der Union (CDU/CSU), den Grünen und der FDP gewonnen.
Die CDU erleidet das historisch schlechteste Ergebnis.
Die Grünen holen das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Eine Regierungsbeteiligung ist durchaus denkbar – nur mit wem? Die Details zum Erfolg
Die FDP holt zum zweiten Mal ein zweistelliges Ergebnis. Parteichef Christian Lindner wird damit nun zum Königsmacher – die Hintergründe
Mögliche Koalitionen sind «Ampel» (SPD, Grüne, FDP) und «Jamaika» (Union, Grüne, FDP) oder auch eine Neuauflage der Grossen Koalition mit Union und SPD – die Analyse dazu
Erste prominente Politiker geben Stimme ab
Bei der Bundestagswahl haben am Sonntag schon viele prominente Politiker ihre Stimme abgegeben. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender wählten am Vormittag in Berlin. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock gingen in Potsdam ins Wahllokal, CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet in Aachen.
Laschet und Scholz wurden von ihren jeweiligen Ehefrauen begleitet, Baerbock von ihrem Mann. CSU-Chef Markus Söder und seine Frau Karin wählten in Nürnberg. Die Wahllokale sind am Sonntag noch bis 18.00 Uhr geöffnet. Auch wegen der Corona-Pandemie wird ein neuer Briefwahl-Rekord erwartet.
Bundespräsident ruft zur Teilnahme auf
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ruft alle Bürgerinnen und Bürger zur Stimmabgabe auf. «Lassen Sie uns gemeinsam abstimmen – für eine starke Demokratie und eine gute Zukunft», schreibt er in einem Gastbeitrag für die Bild am Sonntag. «Jede Stimme zählt – Ihre Stimme zählt. Daher bitte ich Sie: Gehen Sie heute zur Wahl!» Der Wahlsonntag sei ein wichtiger Tag für Deutschland und ein Fest für alle seine Bürgerinnen und Bürger.
Demokratie lebe vom Einmischen und Mitmachen. Wer mitmache, werde gehört. Wer nicht wähle, lasse andere für sich entscheiden. Es gehe darum, welche Richtung Deutschland in den nächsten vier Jahren nehmen solle. Man stehe vor einem politischen Übergang, aber die Herausforderungen blieben - bei der Corona-Pandemie, dem Klimawandel, der Digitalisierung, bei Bildung und Pflege, der inneren und äußeren Sicherheit sowie europäischer Zusammenarbeit.
Die mächtigste Frau der Welt tritt ab
Merkel ist die Erste
Die heutige Abstimmung ist in der Geschichte der Bundesrepublik etwas wirklich Neues, denn es ist das erst Mal, dass jemand das Kanzleramt vor einer Bundestagswahl aus freien Stücken räumt und es den Wählern überlässt, über die Nachfolge zu entscheiden, ohne selbst nochmal anzutreten. Ein kleiner Rückblick auf alle Vorgänger:
Konrad Adenauer (CDU) trat 1963 zurück (obwohl er sich lange gegen den Schritt gewehrt hatte), der Bundestag wählte Ludwig Erhard zu seinem Nachfolger.
Ludwig Erhard (CDU) gewann die nächste Wahl 1965, seine Koalition mit der FDP zerbrach aber ein Jahr später, Ende 1966 wurde Kurt Georg Kiesinger (CDU) im Bundestag mit den Stimmen von CDU und SPD zum Kanzler gewählt.
Kurt Georg Kiesinger hätte nach der Wahl 1969 gerne weitergemacht. Aber Willy Brandt (SPD) bildete eine Koalition mit der FDP und wurde statt dessen Bundeskanzler.
Willy Brandt konnte die vorgezogene Bundestagswahl 1972 für sich entscheiden, musste aber 1974 wegen der Guillaume-Affäre zurücktreten. Der Bundestag wählte Helmut Schmidt (SPD) zum Nachfolger.
Helmut Schmidt wurde 1982 vom Bundestag mit einem konstruktiven Misstrauensvotum aus dem Amt gewählt, nachdem seine sozialliberale Koalition zerbrochen war. Sein Nachfolger wurde Helmut Kohl (CDU).
Helmut Kohl und seine CDU verloren die Bundestagswahl 1998 gegen eine Koalition aus SPD und Grünen.
Gerhard Schröder (SPD) und die SPD verloren 2005 die Bundestagswahl und Angela Merkel (CDU) wurde Schröders Nachfolgerin.
Schwierige Regierungsbildung
Da keine Partei auch nur annähernd einer absoluten Mehrheit nahe kommt, könnte sich die Regierungsbildung nach der Wahl schwierig gestalten. Am wahrscheinlichsten ist ein Dreierbündnis. Denkbar wäre eine «Ampel» (Rot-Gelb-Grün) aus SPD, Grünen und Liberalen (FDP) oder ein rot-grün-rotes Linksbündnis aus SPD, Grünen und der Partei Die Linke. In beiden Fällen würde Olaf Scholz Kanzler.
Armin Laschet könnte seinerseits versuchen, eine «Jamaika»-Koalition (Schwarz-Gelb-Grün) mit Liberalen und Grünen zu bilden. Auch eine Dreier-Koalition aus SPD, CDU/CSU und FDP ist denkbar. Je nach Sitzverteilung könnte es auch für ein Zweier-Bündnis aus den bisherigen Koalitionspartnern CDU/CSU und SPD reichen, eine sehr unwahrscheinliche Variante.
In Deutschland wird der Kandidat der stärksten Partei nicht automatisch Bundeskanzler. Nötig ist, dass der Bewerber die sogenannte «Kanzlermehrheit», also die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, hinter sich bekommt. Unter den sozialdemokratischen Kanzlern Willy Brandt (1969-1974) und Helmut Schmidt (1974-1982) war die SPD die meiste Zeit nur zweitstärkste Fraktion im Bundestag, hatte aber zusammen mit ihrem Koalitionspartner FDP eine Mehrheit.
Es ist also möglich, dass nach der Wahl vom Sonntag sowohl Scholz als auch Laschet die Chance haben, eine Regierung zu bilden. Deshalb ist eine längere Sondierungsphase zwischen den Parteien nicht auszuschliessen. Merkels Amtszeit endet mit der Konstituierung des Bundestags einen Monat nach der Wahl. Sie würde aber bis zur Vereidigung eines Nachfolgers geschäftsführend im Amt bleiben.
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Die drei Spitzenkandidaten
ANNALENA BAERBOCK (Grüne, 40): Es ist das erste Mal in ihrer über 40-jährigen Geschichte, dass die deutschen Grünen Anspruch auf das Kanzleramt erheben. Im Frühsommer wurde die Co-Vorsitzende Annalena Baerbock offiziell zur Kanzlerkandidatin gekürt. Die Parteiführung hatte sie Anfang 2018 gemeinsam mit Robert Habeck übernommen. Regierungserfahrung hat Baerbock bisher keine. Seit 2013 sitzt sie für die Ökopartei im Bundestag. Im Falle eines Wahlsieges würde die Mutter von zwei Töchtern die mit Abstand jüngste Regierungschefin in der Geschichte des Landes. Nach einem Höhenflug in den Umfragen im April bröckelte die Zustimmung in der Wählergunst aber wieder. Dazu trugen die Negativschlagzeilen bei, die Baerbock machte, unter anderem wegen Unstimmigkeiten in ihrem offiziellen Lebenslauf. Politisch steht Baerbock für einen schnelleren Ausstieg aus der Kohleverstromung, einen verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien und eine «aktive Einwanderungspolitik».
ARMIN LASCHET (CDU, 60): Der Rheinländer ist Regierungschef des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes, Nordrhein-Westfalen. Nun will er von der Düsseldorfer Staatskanzlei ins Berliner Kanzleramt einziehen und in die Fussstapfen seiner Parteifreundin Angela Merkel treten. Der Weg zur Spitzenkandidatur war holprig. Anfang des Jahres wurde er mit knappem Vorsprung vor seinem Rivalen Friedrich Merz zum neuen CDU-Parteichef gewählt. Danach hatte er grosse Mühe, sich gegen den Vorsitzenden der kleineren Schwesterpartei CSU, Markus Söder, als gemeinsamer Kanzlerkandidat von CDU und CSU durchzusetzen. Im Wahlkampf versuchte Laschet, mit seiner Regierungserfahrung zu punkten. Allerdings gab er bei seinen öffentlichen Auftritten nicht immer ein gutes Bild ab, und seine persönlichen Zustimmungswerte blieben mässig. Kritiker warfen ihm auch vor, als Spitzenkandidat zu wenig Position zu beziehen.
OLAF SCHOLZ (SPD, 63): Als Bundesfinanzminister hatte Olaf Scholz den wohl wichtigsten Job in der scheidenden Regierung Merkel. Schliesslich galt es, in der Coronakrise Milliarden-Hilfen zu bewegen. Nun möchte der bisherige Vizekanzler selber Bundeskanzler werden. Regierungserfahrung hatte er schon als Erster Bürgermeister seiner Heimatstadt Hamburg und als Bundesarbeitsminister erworben. Seiner Partei diente er von 2002 bis 2004 als Generalsekretär. Dies war die Zeit, in der er sich den Spitznamen «Scholzomat» einhandelte – da er häufig Floskeln bemühte, anstatt sich konkret inhaltlich zu äussern. 2019 bewarb Scholz sich erfolglos um den Parteivorsitz. Als Kanzlerkandidat aber war er für die Genossen erste Wahl. Politische Gegner werfen ihm vor, als Bürgermeister in den Cum-Ex-Skandal um undurchsichtige Aktiengeschäfte verstrickt gewesen zu sein, was er zurückweist. In seine Ministerzeit fiel der milliardenschwere Zusammenbruch des Finanzdienstleisters Wirecard, bei dem die Scholz unterstellte Finanzaufsichtsbehörde Bafin versagte.
SPD führt in den Umfragen
In Deutschland hat am Sonntag die mit Spannung erwartete Bundestagswahl begonnen. Die Parlamentswahl besiegelt das Ende der Ära von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die nach fast 16 Jahren Amtszeit nicht mehr kandidiert.
Rund 60,4 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, über die politischen Kräfteverhältnisse in Europas grösster Volkswirtschaft für die kommenden vier Jahre zu entscheiden. Merkels Christdemokraten drohen nach Umfragen empfindliche Stimmenverluste. Sie könnten ihren langjährigen Status als stärkste Partei verlieren.
Die Nase vorne in den Umfragen haben seit Wochen die Sozialdemokraten mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz, dem bisherigen Bundesfinanzminister und Vizekanzler in Merkels schwarz-roter Koalition. Kanzlerkandidat von CDU und ihrer bayerischen Schwesterpartei CSU ist der CDU-Vorsitzende und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet.
Für die Grünen bewirbt sich die Co-Vorsitzende Annalena Baerbock. Es ist das erste Mal in der gut 40-jährigen Geschichte der Öko-Partei, dass diese eine Kanzlerkandidatin aufgestellt hat.
Der Bundeskanzler wird in Deutschland nicht direkt gewählt, sondern vom neuen Parlament. Die Person des Spitzenkandidaten spielt aber bei der Entscheidung für eine Partei eine grosse Rolle. In den jüngsten Umfragen lag die SPD bei 25 bis 26 Prozent und die CDU/CSU bei 23 bis 25 Prozent. Die Grünen rangierten bei 16 bis 17 Prozent.
Scholz geniesst unter allen drei Kanzlerkandidaten in der Bevölkerung die höchste Zustimmung. Im ZDF-Politbarometer war er der einzige der drei Bewerber, den eine Mehrheit der Befragten als geeignet für das Kanzleramt hält.
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red/vin/sz/afp/sda
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