Verdachtsmeldungen bei SwissmedicErste Bilanz zu unerwünschten Wirkungen der Corona-Impfung
42 Meldungen sind bis jetzt eingegangen, darunter fünf Todesfälle. Die Heilmittelbehörde sieht «keinen konkreten Verdacht, dass die Impfung die Ursache» für die Todesfälle war.
Insgesamt 42 Meldungen sind bei Swissmedic im Zusammenhang mit Covid-19-Impfstoffen bis jetzt eingegangen. 38 Prozent (16 Meldungen) waren schwerwiegend, darunter 5 Todesfälle. Bei 62 Prozent (26 Meldungen) ging es um leichte Reaktionen, die aus Studien bereits bekannt sind. Dies geht aus der ersten Auswertung hervor, deren Eckdaten die Heilmittelbehörde jetzt veröffentlicht hat. Erfasst sind die Daten bis zum Donnerstag, den 21. Januar.
Bei den Meldungen handelt es sich um vermutete unerwünschte Wirkungen der Impfstoffe, also Verdachtsfälle. Ob tatsächlich ein Zusammenhang besteht, muss jeweils detailliert geprüft werden, durch erfahrene medizinische Fachexperten, wie die Behörde schreibt. Bei den fünf Toten bestehe «in keinem Fall der konkrete Verdacht, dass die Impfung die Ursache» war. Die Betroffenen waren zwischen 84 und 92 Jahre alt und seien nach jetzigem Kenntnisstand an Erkrankungen verstorben, die in diesem Lebensalter gehäuft vorkommen, laut Swissmedic beispielsweise Schlaganfälle oder anderweitige schwere Infektionen.
Schwerwiegende Verdachtsfälle werden noch abgeklärt
Einer der Todesfälle wurde bereits Ende Dezember bekannt: Ein schwer kranker 91-jähriger Pflegeheimbewohner im Kanton Luzern starb wenige Tage nach der Impfung. Die Nachricht von seinem Tod wurde zuerst von Impfkritikern über Social Media und Internetplattformen verbreitet. Bereits damals ergab eine Untersuchung durch Swissmedic kurz darauf, dass wahrscheinlich eine natürliche Todesursache vorliege.
Bei den elf Verdachtsmeldungen ohne Todesfälle, die als schwerwiegend eingestuft wurden, handle es sich in erster Linie um bekannte Unverträglichkeitsreaktionen, die in diesen Fällen stark aufgetreten waren, zum Beispiel als ausgeprägte Hautreaktionen oder intensive grippale Symptome, wie es auf Nachfrage heisst. Ob ein Bezug zur Impfung besteht, klärt Swissmedic noch ab. «Wir gehen aber in einigen Fällen von einem Zusammenhang aus, da diese Reaktionen auch in den Studien oder in anderen Ländern während der Impfkampagne beobachtet wurden», schreibt Sprecher Lukas Jaggi.
23 Todesfälle nach Impfungen in Norwegen
«Die bisher eingegangenen und sorgfältig analysierten Meldungen über unerwünschte Wirkungen ändern am positiven Nutzen-Risiko-Profil der Covid-19-Impfstoffe nichts», so das Fazit von Swissmedic. Zum Zeitpunkt der Analyse waren in der Schweiz gegen 170’000 Personen mit einer ersten Dosis geimpft. Dabei handelt es sich überwiegend um Personen im Alter über 75 Jahre mit hohem Risiko bei einer Covid-19-Erkrankung. «Wenn diese gesamte gefährdete Personengruppe in einem kurzen Zeitraum geimpft wird, muss aus rein statistischen Gründen mit einer gewissen Anzahl von Todesfällen gerechnet werden, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung auftreten», begründet Swissmedic die gemeldeten Todesfälle. In der Schweiz starben vor der Corona-Pandemie pro Tag über 100 Personen über 80 Jahre.
Wie in der Schweiz laufen in zahlreichen Ländern Abklärungen zu Todesfällen nach einer Covid-Impfung. Weltweit für Medienberichte sorgte die Meldung von 23 Verstorbenen aus Norwegen. Doch auch Sara Viksmoen Watle, zuständige Ärztin bei den norwegischen Behörden, betont: «Tödliche Zwischenfälle unter älteren, sehr gebrechlichen Patienten nach einer Impfung bedeuten nicht, dass ein kausaler Zusammenhang zur Impfung gegen Covid-19 und dem Tod existiert.» Bei den gemeldeten Verdachtsfällen seien die Abklärungen noch nicht abgeschlossen.
«Als Vorsichtsmassnahme wird empfohlen, niemanden zu impfen, der akut krank ist – unabhängig vom Alter.»
In Norwegen mit 5,4 Millionen Einwohnern wurden bislang über 50’000 Menschen geimpft, hauptsächlich Pflegeheimbewohner im Alter von über 85 Jahren. In einer ersten Analyse vor zwei Wochen äusserten die Behörden noch die Vermutung, dass übliche Impfnebenwirkungen zu schwereren Krankheitsverläufen bei gebrechlichen Hochbetagten beigetragen haben könnten. Bei schwer gebrechlichen Patienten oder Patienten mit einer kurzen verbleibenden Lebenserwartung müsse individuell abgewogen werden muss, ob der Nutzen einer Impfung das Risiko möglicher Nebenwirkungen überwiegt. «Dieser Grundsatz gilt für die Entscheidungsfindung bei der gesamten medizinischen Versorgung dieser Patientengruppe, und medizinisches Fachpersonal muss diese schwierigen Abwägungen täglich vornehmen», so die norwegische Behörde.
Ähnliches ist auch in der Schweiz zu hören. «Als Vorsichtsmassnahme wird empfohlen, niemanden zu impfen, der akut krank ist – unabhängig vom Alter», sagt Claire-Anne Siegrist, Impfstoffspezialistin an der Universität Genf und Mitglied der Wissenschafts-Taskforce des Bundes. In den Fachinformationen der Covid-Impfstoffe heisst es denn auch unter anderem bei den Warnhinweisen: «Bei Personen, die an einer akuten schweren fieberhaften Erkrankung oder einer akuten Infektion leiden, sollte die Impfung verschoben werden.»
«In der Schweiz ist eine zusätzliche Einschränkung der Impfempfehlungen für schwer gebrechliche Patientinnen und Patienten jetzt kein Thema», sagt Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (Ekif) und Leiter der Abteilung Infektiologie und Spitalhygiene am Kinderspital Zürich. «Auch mit einer Grunderkrankung kann man sich impfen lassen, solange diese stabil verläuft und man nicht akut krank ist.» Laut Berger zeigen die Verdachtsmeldungen bei Swissmedic, dass die Unverträglichkeitsreaktionen weiter beobachtet werden müssen. Sonst würden sie sich im Bereich des Erwarteten bewegen. Die zugelassenen Covid-Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer seien bisher also sicher, so der Infektiologe.
Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren in den Zulassungsstudien Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle, Ermüdung, Übelkeit, Schüttelfrost, Fieber, Kopf-, Muskel- und/oder Gelenkschmerzen. Obwohl es sich bei den beiden mRNA-Impfstoffen technisch um ein vergleichsweise neues Prinzip handelt, sprechen laut Experten die Eigenschaften für die Impfstoffe. Auch die Risiken für unbekannte Spätfolgen gelten als überschaubar.
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