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Presseschau zu Silvio Berlusconi
«Er sprach von sich wie sein eigener Fanclub-Chef»

«Andere Führer – offensichtlich Mussolini, aber nicht nur er – wollten die Italiener ändern. Berlusconi mochte die Italiener so, wie sie sind», urteilt der «Corriere della Sera».
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Eines kann man sicher nicht über Silvio Berlusconi sagen: dass er langweilig gewesen wäre. Er galt als «Vater aller Populisten», der in seinem Land bis zuletzt bewundert und geliebt, aber auch gehasst wurde. Dass er sich selbst für einen begnadeten Politiker hielt, versteht sich von selbst. (Lesen Sie unseren Nachruf: «Er hat die Welt verändert, wenn auch nicht zum Guten».)

Bei den italienischen Zeitungen überwiegen die positiven Stimmen. So schreibt «La Repubblica» unter dem Titel «Der erzitalienische Leader, der den Populismus erfunden hat»: «Er hatte Unsterblichkeit in jeder Geste seines Lebens und vor allem im Kult um sich selbst gesucht, als ob der Mythos des Herrschers sie hervorbringen und die Ausübung von Befehlen sie garantieren könnte.» (Mehr: Berlusconis Leben in Bildern.)

Und doch musste auch Silvio Berlusconi aufgeben, und er beendete sein spektakuläres Leben im Krankenhaus, ausserhalb des einzig wahren Theaters, das er für die Darstellung seiner Existenz gewählt hatte. Jener Villa in Arcore, die zwanzig Jahre lang zum Schauplatz der italienischen Politik geworden war. Schloss seiner Vielfalt, das exzentrische Szenario einer in Führung verwandelten Anomalie.

Lob aus Italien

Der «Corriere della Sera» hebt die «wahre Leistung Berlusconis» hervor: «Berlusconis wahre Leistung bestand darin, die Mehrheit der Italiener dazu zu bringen, sich mit ihm zu identifizieren. Doch der durchschnittliche Italiener glaubte ihm; und nicht, weil er – wie eine seiner berühmtesten Maximen sagt – wie ein zwölfjähriger Junge war, der in der Schule nicht einmal in den ersten Reihen sass. Er glaubte ihm, weil er in Berlusconi Dinge fand, die er als seine eigenen empfand: Misstrauen gegenüber den Linken, dem Staat, dem Finanzamt, der Justiz, den Parteien. Und dem Establishment, dem Berlusconi trotz seines Reichtums und seines Erfolgs zumindest zu Beginn nicht angehörte. Gleichzeitig repräsentierte Berlusconi auch die Unruhe, die Energie, die Ungeduld der Italiener gegenüber Regeln und die Fähigkeit, sich in einen Unternehmer zu verwandeln. Andere Führer – offensichtlich Mussolini, aber nicht nur er – wollten die Italiener ändern. Berlusconi mochte die Italiener so, wie sie sind.»

«Berlusconi war der Mann, der Italien veränderte. Natürlich mit der Politik, aber auch mit Fernsehen.»

«Il Messaggero»

Ebenfalls positiv kommentiert «Il Messagero» das Wirken des Cavaliere: «Er redete, solange er konnte, über Politik. Und das konnte nur so sein, denn Berlusconi war auf seine Art der Mann, der Italien veränderte. Natürlich mit der Politik, aber auch mit dem kommerziellen Fernsehen. ‹Ich habe diese Stadt in eine neue Zeit gebracht, ich habe sie hell und modern gemacht›, prahlte Silvio immer. Und er hat nicht unrecht. Der Cavaliere veränderte Italien, indem er demonstrierte, dass die alten Parteien nicht mehr gebraucht wurden.»

Kritik aus deutschsprachigem Ausland

Der österreichische «Standard» erklärt den Populismus Berlusconis: «Wie ein politischer Staubsauger hat sich der im Grunde doch ziemlich unpolitische Berlusconi nach 1994 alles einverleibt, was zwischen der Mitte und der extremen Rechten des Spektrums eine neue politische Heimat suchte: Er recycelte in seiner Forza Italia abgewirtschaftete Sozialisten und Christdemokraten; er machte die damals von Gianfranco Fini angeführten Postfaschisten salonfähig; er holte die Manager seiner Werbefirma Publitalia und die Showsternchen seiner Privatsender in die Regierung. Den Wählerinnen und Wählern versprach er, das Land wie eine Aktiengesellschaft zu führen, deren Aktionäre sie, die Bürgerinnen und Bürger, seien. Ein griffiger Slogan – aber in Wahrheit dachte Berlusconi immer nur an die eigene Dividende: Er regierte Italien, als handle es sich um einen Familienbetrieb und Selbstbedienungsladen.»

«Der Wunsch, bewundert zu werden, ist die offensichtlichste Eigenschaft Berlusconis, sein Antrieb, sein Lebensmotor.»

«Bild»

Die deutsche «Bild» legt dar, wie sehr Berlusconi das Land polarisiert hat, aber auch wie eitel und selbstverliebt Berlusconi war: «Italien trauert um Silvio Berlusconi, einen der prägendsten Persönlichkeiten Italiens der Nachkriegsgeschichte. Um einen sagenhaft erfolgreichen Medien-Unternehmer und Fussball-Präsidenten. Aber auch um den umstrittensten Politiker seiner Generation, den Korruptionsvorwürfe bis zu seinem Rücktritt als Premierminister begleiteten. Dessen Verständnis für Kreml-Freund Wladimir Putin (70) und dessen Angriffskrieg ihn in den letzten Monaten seines Lebens noch einmal viele Sympathien kostete. Welcher Mann trägt Innenabsätze im Schuh, um grösser zu wirken, lässt sich liften und Haare transplantieren? Der Wunsch, bewundert zu werden, ist die offensichtlichste Eigenschaft Berlusconis, sein Antrieb, sein Lebensmotor. Alle zwei Sätze spricht er von Leistungen, Verdiensten, von all den Siegen gegen seine angeblich Hass-getriebenen Feinde der ‹Linken›, von denen ihm doch keiner das Wasser reichen kann. Er spricht von sich wie sein eigener Fanclub-Vorsitzender.»