US-Verleger Tony LyonsEr sieht sich als Robin Hood für geächtete Autoren
Für die einen ist er ein Verteidiger der freien Meinung, für andere nur ein Querulant im Publikationswesen. Mit seinem Verlag Skyhorse packt Tony Lyons verpönte Themen der US-Politik an.
Es gibt die Geschichte von Tony Lyons, früher Anwalt, heute ein Robin Hood für alle geächteten Schreiber, als Verleger von der Elite gefürchtet, als Stimme von der US-Medienwelt verschmäht.
Und es gibt die Geschichte von Tony Lyons, früher Anwalt, heute ein Querulant in der amerikanischen Verlegerszene, als Publizist macht er sich stark für Autoren ohne Blatt, dafür mit Schaum vor dem Mund.
Irgendwo dazwischen wird die Wahrheit liegen. Verbürgt ist: 2006 hat Tony Lyons den Verlag Skyhorse gegründet – und darin seither an die 10’000 Titel verlegt, darunter über 50 Bestseller. Tatsächlich packt Skyhorse Bücher an, an denen sich andere die Finger zu verbrennen fürchten: Etwa jenes über Anthony Fauci, Immunologe und Corona-Berater des Präsidenten, dem darin eine problematische Nähe zur Pharmaindustrie nachgesagt wird. Autor: Der Impfskeptiker Robert F. Kennedy Jr., Neffe des ermordeten Ex-Präsidenten.
Wer fallen gelassen wird, kann bei Skyhorse landen
Oder die Biografie über den verstorbenen Schriftsteller Philip Roth, autorisiert und von der Öffentlichkeit mit Spannung erwartet. Dann wurden gegen den Autor Blake Bailey sexuelle Anschuldigungen laut, sein Verlag liess das Buch sofort fallen, Tony Lyons war mit Skyhorse dankbarer Abnehmer.
«Sollten wir uns überhaupt darum kümmern, was jemand in seinem Privatleben tut, oder sollten wir uns darum kümmern, was er erschafft?», fragte Lyons einst im «Guardian». Für sich selbst übersetzt das der 59-jährige New Yorker so: Was vom sogenannten Mainstream gar nicht oder nur kontrovers besprochen wird, verkauft sich gut – und findet in Skyhorse einen Verlag, dem Kontroversen nicht zu schaden scheinen. Im Gegenteil: «The Real Anthony Fauci», das selbst ernannte Corona-Enthüllungsbuch, verkaufte sich über eine Million Mal – obwohl es in keiner der grossen Zeitungen und Talkshows besprochen worden ist, wie Lyons gern erzählt.
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Das Gärtchen der alternativen Wahrheiten beackert Skyhorse mittlerweile mit System: Allein zum Kennedy-Attentat sind bis heute über 35 Titel erschienen, viele davon transportieren offen umstrittene Verschwörungstheorien, der Verlag investiert Millionen, um noch weiter in diese Nische vorzustossen und Autoren zu fördern, die zu diesem Thema recherchieren.
Und vielleicht geht es am Ende vor allem um diese Geschichte: Ein vergleichsweise immer noch kleiner, wendiger Verlag kommt den grossen Häusern, längst in riesigen, schwerfälligen Konglomeraten organisiert, immer wieder zuvor – und kann in wenigen Wochen Buchideen realisieren, für die es bei anderen Monate und Jahre braucht. Zudem können von Kontroversen begleitete Autoren für die grossen Verlage zum Imageproblem und einem finanziellen Risiko werden, während sich Skyhorse mit genau solchen Schreibern profiliert.
Angestellte berichten von Überlastung
Tony Lyons bleibt nur das Risiko des eigenen Erfolgs: Auch sein Imperium wächst, die Subverlage von Skyhorse werden immer mehr. Es gibt Skypony für Kinderbücher, Racehorse wendet sich an die Jugend, Seahorse an die Outdoor-Bubble. 2018 hatte Skyhorse schon über 100 Mitarbeiter, mit dem Arbeitsklima stand es nicht immer zum Besten. Vor zwei Jahren wurden von früheren Angestellten Missstände zitiert, es soll Überlastung und Belästigung geben, Quantität längst über Qualität stehen.
Vielleicht haut das mit dem Robin Hood also doch nicht so hin.
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