Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Analyse: Trump nach der Wahl
Er schürt die Angst vor seiner Unberechenbarkeit

Er gesteht die Niederlage nicht ein: US-Präsident Donald Trump kehrt nach dem Golfen zurück. 
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Der Vorgang war symbolisch für den Zustand der Präsidentschaft Donald Trumps: Sein Anwalt Rudy Giuliani fabulierte bei einer Pressekonferenz auf dem desolaten Parkplatz einer Gärtnerei in Philadelphia über Wahlbetrug, unweit eines Sexshops namens Fantasy Island und gegenüber einem Krematorium.

Die traurige Begebenheit trug sich am Samstag zu, just zur Zeit, als amerikanische Medien den Demokraten Joe Biden zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt hatten. Seitdem sind zwei Tage vergangen, ohne dass eine Antwort auf die wichtigste unbeantwortete Frage dieser Wahl vorläge: Geht der Präsident? Oder geht er nicht?

Störrisch und uneinsichtig

Noch immer beharrt Donald Trump darauf, er habe die Wahl gewonnen und sei durch Betrug und Schwindel um den Sieg gebracht worden. Beweise dafür gibt es nicht. Nun bangt die Nation, Trump werde als erster Präsident mit einer heiligen amerikanischen Tradition brechen. Seit nunmehr 219 Jahren verabschiedet sich ein unterlegener Präsident von Mitarbeitern und Amt und gibt den Weg frei für seinen Nachfolger. So war es 1801, als der besiegte John Adams die Präsidentschaft an Thomas Jefferson übergab – und so verhielt es sich seitdem, egal wie die Präsidenten hiessen und welcher Partei sie angehörten.

Trump könnte diese Tradition jetzt brechen. Oder auch nicht: Hin und her wogte am Montag der Kampf zwischen jenen, die den Präsidenten zum Aufgeben bewegen wollen, und anderen, die zum Widerstand rieten. Der Präsident selber verhielt sich wie immer: störrisch und uneinsichtig und nur auf sich bedacht. «Ich habe gewonnen, mit grossem Vorsprung», hatte er am Sonntag getwittert.

Damit floss reichlich Wasser auf die Mühlen jener, die Trump zum Durchhalten bewegen wollen. So etwa seine beiden erwachsenen Söhne oder republikanische Hardliner wie Newt Gingrich, ehemals Sprecher des Repräsentantenhauses und ein hundertprozentiger Trumper. Joe Biden werde es «schwerfallen, die Republikaner zu überzeugen, dass dies nicht einfach eine Machtergeifung der Linken ist, finanziert von Leuten wie George Soros», fantasierte Gingrich am Sonntag auf Fox News. Die Wahl, so sein Befund, sei «gestohlen worden» – eine unsinnige Behauptung, die nicht einmal von republikanischen Amtsträgern in Swing-States wie Georgia und Pennsylvania geteilt wird.

«Trump hat ein eher entspanntes Verhältnis zur Wahrheit.»

Mitt Romney, republikanischer Senator (Utah)

Trotzdem stärken republikanische Senatoren wie Ted Cruz (Texas) und Lindsey Graham (South Carolina) dem Präsidenten den Rücken, auch sie faseln von Wahlbetrug und zweifelhaften Ergebnissen. Besonders schlimm: Mitch McConnell, der republikanische Mehrheitsführer im Senat, ergriff am Montag offen Partei für Trump. Dieser habe «100 Prozent» das Recht, die Wahl anzufechten.

Andere Republikaner rufen indes zu Besonnenheit auf: «Freundschaft bedeutet nicht, dass man blind ist», begründete Trumps Freund Chris Christie, der Ex-Gouverneur von New Jersey, seine Überzeugung, dass Joe Biden die Wahl klar für sich entschieden habe. Die ehemalige Präsidentenberaterin Kellyanne Conway rät Trump gleichfalls, seine Niederlage einzugestehen. Weit gekommen ist sie nicht. «Den Charakter Präsident Trumps wird man offensichtlich in diesen letzten Tagen seiner Präsidentschaft nicht mehr ändern – er ist, wer er ist, und er hat ein eher entspanntes Verhältnis zur Wahrheit», glaubt der republikanische Senator Mitt Romney (Utah), ein prominenter Kritiker des Präsidenten. Und deshalb werde Trump «bis zum Schluss kämpfen», sagt Romney.

Trump verweigert jegliche Hilfe

Es könnte sogar noch richtig ungemütlich werden: Indem er am Montag seinen Verteidigungsminister Mark Esper angeblich wegen mangelnder Loyalität feuerte, signalisierte Trump, dass er die volle Macht seines Amtes weiterhin ausüben will. In Washington kursierten am Montagabend überdies Vermutungen, der Präsident werde auch CIA-Direktorin Gina Haspel und FBI-Direktor Christopher Wray entlassen. Zudem verweigert Trumps Team bisher seinem Nachfolger Joe Biden jegliche Hilfe beim Übergang zu dessen Administration – mitten in einer Pandemie mit derzeit täglich über 100’000 Coronavirus-Infektionen.

Dem Präsidenten scheint dies gleichgültig zu sein, womit er die Angst vor seiner Unberechenbarkeit weiter schürt. Die Frage am Montagabend war denn auch die gleiche wie am Montagmorgen: Was braucht es, um Donald Trump zum Aufgeben zu bewegen?