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Chinas neuer Premier Li Qiang
Er gilt nicht als Hardliner

Li Qiang auf dem Kongress der KP Chinas im Oktober 2022.
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Da gibt es dieses Bild: Li Qiang schüttelt dem Alibaba-Gründer Jack Ma die Hand, beide lachen, sie wirken wie Vertraute. Entstanden ist die Aufnahme 2017 bei einer Konferenz für Internetfirmen. Ein geschäftsfreundlicher Pragmatiker, der auch mal ungewöhnliche Wege geht, sich gezielt für die Interessen von Unternehmen einsetzt: Das ist eine Art, wie manche den zukünftigen Ministerpräsidenten Chinas beschreiben.

Beispiele für diesen Pragmatismus gab es einige. Als Peking anfing, sich aus falsch verstandenem Nationalstolz gegen ausländische Corona-Impfstoffe zu sperren, telefonierte Li, damals Parteichef von Shanghai, mit Biontech-Gründer Ugur Sahin. Mit dem chinesischen Konzern Fosun Pharma als Partner sollte der mRNA-Impfstoff seinen Weg nach China finden. 100 Millionen Dosen waren schon ausgemacht, als die Zentralregierung intervenierte. Bis heute sind ausländische Vakzine für Chinesen nicht zugelassen.

Oder der Fall Tesla. Der amerikanische E-Auto-Hersteller baute unter Lis Aufsicht in Shanghai seine erste, zwei Milliarden Dollar teure Fabrik ausserhalb der USA. Während andere Hersteller zu Zwangspartnerschaften mit heimischen Fabrikanten gezwungen waren, durfte Tesla alleiniger Betreiber sein. Inzwischen ist China der zweitwichtigste Markt für das Unternehmen.

Durch die goldene Tür

Die Nummer zwei hinter dem Präsidenten ist in der Regel für Wirtschaftspolitik zuständig. Könnte Li der Reformer sein, auf den westliche Politiker und Unternehmenslenker seit Jahren warten? Die Regierung solle vor allem ein guter Steuermann und Schiedsrichter sein, sagte Li 2003.

Li, 64 Jahre, stammt aus der Küstenprovinz Zhejiang, mit Beginn der Öffnungspolitik studierte er Landmaschinenbau in Ningbo, absolvierte ein Wirtschaftsstudium und erwarb 2005 einen Masterabschluss in Hongkong. Bereits 1983 trat er in die KP ein, arbeitete als Parteisekretär in einer chinesischen Kleinstadt, dann in Wenzhou, das schon lange als kapitalistische Enklave in der Volksrepublik galt. Von 2004 bis 2007 diente er als Stabschef des Gouverneurs von Zhejiang: Xi Jinping, der fünf Jahre später Partei- und Staatschef wurde. Nachher übernahm Li seinen Job, 2015 reisten beide nach Amerika.

Seit seinem Amtsantritt dringt Xi auf mehr Einfluss der KP in Unternehmen, über allem steht jetzt die staatliche Kontrolle. Grossunternehmer Jack Ma ist in Ungnade gefallen, mit der Formel von «gemeinsamem Wohlstand» hat die Führung Chinas Reiche in Angst versetzt. Als Xi im Oktober 2022 seine neue Führungsmannschaft vorstellte, ging es an den Börsen in Shanghai und Hongkong steil bergab: Durch die goldene Tür in der Grossen Halle des Volkes marschierte eine Truppe, die einzig aus engsten Vertrauten Xis bestand. Direkt hinter dem Parteichef aber trat Li durch die Tür.

Chaoswochen in Shanghai

Es ist das erste Mal, dass ein Ministerpräsident nicht vorher als Stellvertreter fungierte, Erfahrung in der Zentralregierung hat er keine. Die Shanghaier dürften seine Benennung aus anderem Grund als dreist empfinden: Li war es, der die Finanzmetropole im April 2022 in einen strikten Lockdown schickte. Zunächst hatte die Stadt eigenmächtig versucht, die rigorose Corona-Politik zu lockern. Als die Infektionszahlen hochgingen, fügte sich Li dem Druck aus Peking. Es folgte ein achtwöchiges Chaosregime, in dem viele Menschen nicht mit genug Nahrung oder Medizin versorgt wurden, Investoren und Ausländer flohen – und Li wurde befördert.

Welche Rolle also wird er als Ministerpräsident spielen? Seit Oktober sind andere parteiinterne Netzwerke aus dem Führungszirkel verdrängt, sie waren es, die das Gleichgewicht in den höchsten Ebenen hielten. Nun könnte Li Qiang sein enges Verhältnis zu Xi Jinping nutzen, um auf den Hardliner einzuwirken, hoffen manche. Einen Kurs entgegen Xis Agenda hat er jedoch noch nie durchgehalten.