Fahrt auf Vulkan in Chile Schweizer knacken mit Aebi Höhenweltrekord für Elektrofahrzeuge
Drei Freunde aus dem Bündnerland sind mit ihrem E-Aebi bis auf 6500 Meter vorgestossen – Weltrekord. Ihr eigentliches Ziel verfehlten sie jedoch knapp.
Sie wollten auf den Vulkan Ojos del Salado in Chile auf 6740 Meter über Meer. Nicht zu Fuss, sondern mit einem Aebi, diesem rustikalen Landwirtschaftsfahrzeug, 6,5 Tonnen schwer.
Es war der Traum der Gebrüder Patrik (29) und David Koller (32) und ihres Freundes David Pröschel (33): den Höhenweltrekord für Fahrzeuge brechen. Und zwar nicht mit einem Benziner, wie ihre Konkurrenz, sondern mit einem elektrisch betriebenen Aebi.
Nun meldet Patrik Koller aus Chile: «6500 Meter sind genug. Wir wollen den Terren sicher nach Hause bringen.» Terren heisst ihr Gefährt, rätoromanisch für Erde. Auch wenn es nicht ganz reichte, übertreffen sie ziemlich deutlich den bisherigen Elektrofahrzeug-Rekord von 6080 Metern, aufgestellt von einem E-Motorrad. «Wir sind sehr zufrieden und stolz. Trotzdem ist es ein wenig schade, dass es nicht ganz gereicht hat», sagt Koller.
Eine verwegene Reise
Der Rekordversuch ist der vorläufige Höhepunkt einer ziemlich verwegenen Reise. Die drei Männer werkelten als Kinder zusammen im Bündnerland an Motoren herum. Mit dem Alter verschob sich die Faszination in Richtung Elektromotoren.
2019 starteten sie das Terren-Projekt. Die drei Tüftler wollten damit die Mobilität von Nutzfahrzeugen neu denken, indem sie einen Aebi umbauen. Sie nahmen ihn auseinander, bauten zwei Elektromotoren mit neun Batterien ein, entwarfen ein Getriebe und liessen ihn vom Strassenverkehrsamt abnehmen (hier geht es zur Entstehungsgeschichte).
Um die Überlegenheit von Elektrofahrzeugen in schwerem Gelände zu zeigen, wollen sie den Höhenweltrekord für Landfahrzeuge brechen. Und ganz nebenbei Werbung machen für ihr Gefährt. Sie träumen vom kommerziellen Erfolg des Terren.
Eine weite Reise
Für den Rekordversuch verschifften die drei Tüftler den E-Aebi nach Chile und transportierten ihn mit einem Sattelschlepper 1000 Kilometer weit in den Norden des Landes. Dies, um ihn zu schonen: Der E-Aebi hat eine Maximalgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern.«Nicht, dass er schon vor dem Rekordversuch beschädigt wird», sagt Patrik Koller.
Von der Pazifikküste bei Puerto Viejo geht es 390 Kilometer hoch auf den Vulkan. Angetrieben wird der Terren von zwei Elektromotoren mit je 120 kW. Die Energie wird in einer 90 kWh-Batterie gespeichert. Diese wird von einer mobilen Solaranlage mit 10,7 KWp geladen. In Chile dauert es rund zehn Stunden, um die Batterie von 10 auf 100 Prozent aufzuladen.
«Es ist ein super Gefühl, in diesen Höhen ganz autark unterwegs zu sein», sagt er. Koller war aber überrascht über die Bedingungen. Steil sei das Gelände, viel steiler als auf den Satellitenbildern. Karg auch, grosse Steine habe es und auch Gletscher. Und dann der starke Wind und die dünne Luft. «Das Gelände ist brutal.» Manchmal müssen sich die drei den Weg hoch auch freischaufeln. «Da wird es dir ziemlich schnell schwarz vor den Augen wegen der Höhe», sagt Koller.
Vor ihrem Rekordversuch campen die drei Freunde auf 4800 Metern. Nebenan ist auch ein Team von Porsche, das mit einem modifizierten 911er-Modell (nicht strassenzugelassen) den Rekord brechen will. Die Gegner sind ausgerüstet mit Notstromgeneratoren, die Tag und Nacht rattern. «Bei uns ist es leise, wir beziehen den Strom aus unseren Solarpanels», sagt Koller.
Der Porsche macht es mit Kraft, ihr Aebi mit Beharrlichkeit. Und mit dem Vorteil, dass ihm die Höhe nichts anhat. Der Verbrennungsmotor hingegen verliert auf dieser Höhe 70 Prozent seiner Leistung, weil der Sauerstoffgehalt in der Luft geringer ist.
Trotzdem ist es am Ende der Porsche, der den Höhenweltrekord bricht. Er zieht sich auf dem letzten Stück mit einer Seilwinde zum Gipfel hoch. «Hochmurksen», nennt es Koller.
Auch sie hätten eine Seilwinde dabei gehabt, doch letzten Endes haben sie darauf verzichtet. Zu riskant. Zu schwer ist der Terren. Zu viel könnte geschehen. «Sonst wäre der Terren vielleicht hier oben noch zu einem Museumsstück geworden.» Er ist zudem ein zwei Millionen Franken teurer Prototyp, eine Einzelanfertigung. Die wollen sie nicht aufs Spiel setzen.
Die Gebrüder Koller und Pröschel kehren nun in die Schweiz zurück, zufrieden und mit der Erkenntnis eines «super zuverlässigen» Fahrzeugs. Ein kleines Stück Bedauern aber bleibt, dass es nicht ganz gereicht hat. Darum bleibt die mitgenommene Magnumflasche des Weingutes Cave du Rhodan bis auf weiteres zu.
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