Schlechte AussichtenZu erfolgreich: Der Schweiz droht eine WM ohne NHL-Spieler
Sieben Schweizer werden im Playoff der besten Eishockey-Liga spielen. Alle anderen Nordamerika-Profis könnten Nationaltrainer Patrick Fischer absagen. Aus gutem Grund.

- Die meisten Schweizer NHL-Spieler werden im Playoff spielen.
- Für Spieler mit auslaufenden NHL-Verträgen ist eine WM-Teilnahme auch ein Risiko.
- Die Schweizer Nationalmannschaft könnte an der WM eine Gruppenphase mit einem dezimierten Kader riskieren.
Seit Patrick Fischer 2015 Nationaltrainer wurde, hat er dieses Szenario noch nie erlebt: keine WM-Verstärkung aus der NHL. Doch 2025 droht in Dänemark und Schweden dies: Die meisten der in Nordamerika beschäftigten Schweizer werden im Playoff spielen. Der Rest ist entweder verletzt oder hat noch keinen Vertrag für nächste Saison, was eine WM-Teilnahme wegen Verletzungsgefahr zum Risiko macht.
Die WM in Herning, wo die Schweizer ihre Gruppenspiele bestreiten, und Stockholm beginnt am 9. Mai. Der Start ins NHL-Playoff erfolgt am 19. April, Runde 1 endet also rund zwei bis drei Tage vor dem WM-Auftakt. Ein frühes Aus möglichst vieler Schweizer käme der Nationalmannschaft somit entgegen. Doch selbst dann ist je nach gesundheitlichem Zustand der Spieler eine WM-Teilnahme nicht garantiert.
Schweizer Playoff- und potenzielle WM-Teilnehmer sind auf fünf Teams verteilt: Los Angeles, New Jersey, Tampa, Winnipeg, Vegas. Erreichen sie die zweite Runde, wären sie bei einem schnellen Out immer noch theoretisch verfügbar für die am 22. Mai beginnende K.-o.-Phase der WM. Doch darauf zu hoffen, wäre mit viel Risiko verbunden.
Denn für diesen Fall müsste die Schweiz Kaderplätze freihalten und die Gruppenphase mit einer dezimierten Mannschaft bestreiten. Sollte sie dies zusätzlich ohne NHL-Verstärkung tun, wären selbst die seit Jahren als selbstverständlich betrachteten Viertelfinals in Gefahr.
So sieht die Situation der aktuell in Nordamerika spielenden Schweizer aus:
Kevin Fiala (Stürmer, Los Angeles)

Die Kings sind im Playoff dabei, Fiala ist drittbester Skorer und bester Torschütze des Teams. Letztes Jahr in Prag zeigte er grosses Commitment für die Nationalmannschaft: Er reiste an, obwohl er nur wenige Tage vor WM-Beginn erstmals Vater geworden war. Vertraglich ist er bis 2029 abgesichert.
Nico Hischier (Stürmer, New Jersey)

Auch die Devils haben sich fürs Playoff qualifiziert. Nico Hischier ist Captain, bester Torschütze und wichtigster Zwei-Weg-Stürmer in New Jersey. Er zeigte stets vorbildlichen Eifer für die Nationalmannschaft. Vertraglich gäbe es keine Probleme, er ist bis 2027 an die Devils gebunden, in Form ist er auch: Noch nie hat er so viele Tore in der Qualifikation geschossen wie heuer: 35.
Roman Josi (Verteidiger, Nashville)

Die Predators sind eine der Enttäuschungen der NHL-Saison und werden das Playoff deutlich verpassen. Normalerweise wäre für den Captain Nashvilles, der diese Rolle auch bei der Schweizer Nationalmannschaft einnimmt und dessen Vertrag bis 2028 läuft, also der Weg frei an die WM. Bloss laboriert der Verteidiger an einer Gehirnerschütterung und hat seit dem 26. Februar nicht mehr gespielt. Selbst wenn Josi bis zur WM bereit wäre: Geben die Predators einen ihrer wichtigsten Spieler wirklich frei und beharren nicht auf einer Pause im Hinblick auf nächste Saison?
Philipp Kuraschew (Stürmer, Chicago)

Auf sein offensiv mit Abstand bestes Jahr liess der 25-Jährige sein schlechtestes folgen. Die Blackhawks sind eines der schwächsten NHL-Teams und waren gar nie wirklich im Playoff-Rennen. Und Kuraschews Vertrag läuft aus, er dürfte nach der misslungenen Saison kaum mit Angeboten überhäuft werden. Er wird sich also gut überlegen, ob eine WM-Teilnahme wirklich Sinn macht.
Timo Meier (Stürmer, New Jersey)

Meier wird mit den Devils im Playoff spielen. Nach einer zunächst schwierigen Saison hat der 28-jährige Flügelstürmer zuletzt wieder zum Skoren zurückgefunden und die 25-Tore-Marke zum vierten Mal hintereinander geknackt. Der Appenzeller verpasste die letzte WM verletzt, zumindest vertragstechnisch stünde einer Teilnahme nichts im Weg: Sein Kontrakt läuft bis 2031.
Janis Moser (Verteidiger, Tampa Bay)

Der Transfer zu den Lightning letzten Sommer hat sportlich für ein Upgrade gesorgt: Moser wird erstmals seit 2021 mit Biel und erstmals überhaupt in Nordamerika im Playoff spielen können. Sein NHL-Vertrag bei Tampa Bay läuft bis 2026.
Nino Niederreiter (Stürmer, Winnipeg)

Der Bündner spielt beim derzeit besten NHL-Team. Das Playoff-Ticket haben die Jets längst gelöst, Niederreiter wird damit in der elften Saison hintereinander in der entscheidenden Phase der Meisterschaft dabei sein. In den letzten beiden Jahren schieden die Jets schon in Runde 1 aus, prompt reiste Niederreiter gerade noch rechtzeitig an die WM. Sein NHL-Vertrag läuft bis 2027.
Jonas Siegenthaler (Verteidiger, New Jersey)

Wie seine Teamkollegen Hischier und Meier wird auch Siegenthaler im Playoff spielen – vorausgesetzt, er ist einsatzbereit. Der Verteidiger zog sich am 5. Februar bei einem Sturz in die Bande eine Verletzung am Bein zu, offiziell fällt er bis Ende Qualifikation aus. Darum ist eine WM-Teilnahme ohnehin praktisch ausgeschlossen.
Akira Schmid (Goalie, Vegas)

Den Grossteil der Saison verbrachte er im Farmteam in Henderson, einem Vorort von Las Vegas. Die Silver Knights sind eines der schlechtesten AHL-Teams und haben das Playoff verpasst. Die Golden Knights hingegen sind einer der NHL-Top-Favoriten. Und auch wenn Schmid in der Goalie-Hierarchie von Vegas nur die Nummer 3 ist, dürfte er bis zum Playoff-Out keine WM-Freigabe erhalten.
Pius Suter (Stürmer, Vancouver)

Lange waren die Canucks im Rennen um einen der letzten Playoff-Plätze, doch es hat nicht gereicht. Der 28-Jährige ist drittbester Torschütze Vancouvers, nur drei Treffer hinter der Nummer 1. Zuletzt hat der vielseitige Stürmer aufgedreht und sich in eine vorzügliche Verhandlungsposition gebracht: Suters Vertrag läuft Ende Saison aus, es kann sein, dass er gar keine vorzeitige Verlängerung mit Vancouver anstrebt, sondern die Angebote auf dem am 1. Juli beginnenden freien Markt testen will. Eine WM-Teilnahme könnte da ein Risiko sein.
Lian Bichsel (Verteidiger, Dallas)

Sein Fall ist speziell: Der 20-jährige Verteidiger wird von Fischer bis und mit Heim-WM 2026 nicht mehr nominiert, weil er zweimal einem Aufgebot für die U-20-WM keine Folge leistete. Bichsel begann die Saison im Farmteam Texas, hat sich nun aber im NHL-Team etabliert. Die Stars sind fürs Playoff qualifiziert.
Connor Hughes (Goalie, Laval/AHL)

Und da wäre noch der (fast) vergessene Schweizer in Nordamerika. Weil Zugs Teenager Leon Muggli die Saison in Hershey zu Ende spielt, ist Hughes zwar nicht der einzige Schweizer in der Farmteam-Liga. Im Gegensatz zum EVZ-Verteidiger wäre der Goalie aber ein WM-Kandidat. Doch sein Team Laval hat sich fürs Playoff qualifiziert. Hughes kann sich als einer der beiden Goalies, die sich bislang im Vorort Montreals die Aufgaben teilten, Hoffnungen auf weitere Einsätze machen.
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