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Streit um die Renten
Eine Rentenreform auf Kosten der Ärmsten

SP-Nationalrätin Mattea Meyer (links) und GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy sind sich im Streit um die Renten nicht einig. (Monika Flueckiger/EQ Images)
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Im Abstimmungskampf zur AHV-Reform versprachen die Befürworter des höheren Frauenrentenalters, das Problem der tiefen Pensionskassenrenten von Frauen zu lösen, die Teilzeit arbeiten oder mehrere Jobs haben. Ob das Versprechen eingelöst wird, ist offen: Am Dienstag berät der Ständerat über die BVG-Reform.

Ursprünglich hatten sich die Arbeitgeber und Gewerkschaften auf ein Reformpaket geeinigt. Dieses sah Rentenzuschläge für alle Neurentner von 15 Übergangsjahrgängen vor, um die Senkung des Umwandlungssatzes zu kompensieren. Davon würden auch Teilzeit arbeitende Frauen profitieren. Doch das Parlament ist von dem Kompromiss abgewichen. 

Das Modell, das nun zur Diskussion steht, setzt beim Koordinationsabzug und bei der Eintrittsschwelle an. Mit der Senkung des Koordinationsabzugs wäre ein höherer Lohnanteil versichert, die Eintrittsschwelle ist der Betrag, ab welchem ein Lohn pensionskassenversichert ist. Heute liegt die Eintrittsschwelle bei 21’510 Franken. Der Nationalrat möchte sie auf rund 12’500 Franken senken, die Ständeratskommission auf 17’200 Franken. 

Studie mit überraschendem Ergebnis

Die Eintrittsschwelle ist bereits in der ersten BVG-Reform von 2004 gesenkt worden. Der Bund liess später die Auswirkungen untersuchen – mit überraschendem Ergebnis. Die Reform führte dazu, dass rund 140’000 Personen neu BVG-versichert waren. Doch das Drittel mit den tiefsten Renten war nun schlechter gestellt: jene, die zuvor AHV-Ergänzungsleistungen erhalten hatten. Wegen der höheren Lohnabzüge hatten sie weniger Geld im Portemonnaie, ohne später eine höhere Rente zu erhalten. Nur für die rund 40’000 Bessergestellten unter den neu BVG-Versicherten führte die Revision zu höheren Renten. Hauptgrund dafür war die Senkung des Koordinationsabzugs, nicht der Eintrittsschwelle. 

Verfasst hat die Studie das Büro Ecoplan. Unter den Autorinnen: Kathrin Bertschy, GLP-Nationalrätin und Co-Präsidentin der Frauendachorganisation Alliance F. Trotz der Ergebnisse setzt sie sich in der laufenden Reform für einen prozentualen Koordinationsabzug ein und nimmt auch eine Reduktion der Eintrittsschwelle in Kauf. Warum?

«Unerwünschte Nebeneffekte»

Mit den aktuellen Plänen wären rund 60’000 Personen neu BVG-versichert, zu erwarten sind Verschlechterungen für ein Drittel. Für Bertschy überwiegen aber die Vorteile. Mit dem prozentualen Koordinationsabzug wären bis zu 2 Millionen Erwerbstätige besser versichert, namentlich Teilzeiterwerbstätige und Personen mit kleinen Einkommen, also vor allem Frauen, sagt Bertschy.

Doch sie räumt ein: «Die höheren Lohnnebenkosten für die rund 20’000 Ärmsten sind ein unerwünschter Nebeneffekt.» Trotzdem sei die Massnahme sinnvoll. Die unerwünschten Nebeneffekte sollten anders eliminiert werden – etwa mit höheren Minimallöhnen oder mehr Ergänzungsleistungen. 

Der entscheidende Hebel zur besseren Versicherung von kleinen und mittleren Einkommen ist laut Bertschy die Anpassung des Koordinationsabzugs, nicht die Eintrittsschwelle. Und es reiche nicht, den Koordinationsabzug ein wenig zu senken. Nur eine Abschaffung oder eine prozentuale Ausgestaltung bringe Verbesserungen. 

SP setzt auf AHV

SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer dagegen sagt, mit den Lösungen, die jetzt zur Diskussion stünden, könne das Versprechen an die Frauen nicht erfüllt werden. «Menschen mit tiefen Einkommen müssten höhere Lohnabzüge in Kauf nehmen, ohne im Pensionsalter mehr Geld zur Verfügung zu haben», sagt Meyer. «Es darf doch nicht sein, dass wir mit der Reform am Ende bloss auf ihre Kosten das System der Ergänzungsleistungen entlasten.»

Die Situation der Frauen mit tiefen Renten kann aus Meyers Sicht nur mit den ursprünglich geplanten Rentenzuschlägen oder über die AHV verbessert werden. Zur AHV hat die SP eine Volksinitiative für eine 13. Rente lanciert. In der Wintersession ist diese Thema im Nationalrat.