Politskandal in ArgentinienEine Party bringt die Regierung in Bedrängnis
Mitten im Lockdown soll Argentiniens First Lady eine Geburtstagsfeier im Palast geschmissen haben. Kann der Präsident den Schaden noch begrenzen?
Es war wohl ein harmonisches Fest, das Fabiola Yáñez am 14. Juli vergangenen Jahres anlässlich ihres Geburtstages feierte. Argentiniens primera dama war an jenem Tag gerade 39 Jahre alt geworden, sie hatte ein paar Freunde eingeladen, und natürlich war auch Alberto Fernández anwesend, ihr Lebenspartner und Präsident.
Fotos von dem Abend zeigen eine fröhliche Runde an einem Tisch, geschmückt mit kleinen Blumensträussen. Alles durchaus bescheiden, eigentlich also kein Grund zur Aufregung, wäre da nicht die Tatsache, dass die Feier nicht nur im offiziellen argentinischen Präsidentenpalast stattfand und in Anwesenheit des Amtsträgers, sondern auch inmitten eines landesweiten strengen Lockdown.
Nicht einmal Spazierengehen war erlaubt
Präsident Fernández hatte ihn im März 2020 selbst per Dekret angeordnet und dann immer weiter verlängert, nicht einmal Spazierengehen war zunächst erlaubt. Nach ein paar Wochen durften Kinder immerhin wieder einmal pro Woche für eine Stunde ins Freie, und wer joggen gehen wollte, konnte das nach Anbruch der Dunkelheit tun. Geschäfte, Restaurants und Cafés blieben aber weiter geschlossen, ebenso wie Schulen und Kindergärten.
Der strikte Lockdown traf Argentinien schwer. Seit Jahren kämpft das Land mit Schulden und Wirtschaftsproblemen. Reihenweise mussten nun Geschäfte schliessen und selbst an altehrwürdigen Cafés in Buenos Aires hingen auf einmal Schilder mit der Aufschrift «Zu vermieten». Fast die Hälfte der Bevölkerung lebt mittlerweile unter der Armutsgrenze.
Gleichzeitig waren all die Massnahmen aber nicht genug, um die Verbreitung des Virus zu stoppen. Mehr als fünf Millionen Menschen haben sich schon mit Covid-19 infiziert, über 100’000 sind gestorben. Auf die Bevölkerungsgrösse umgerechnet ist Argentinien heute eines der am schwersten getroffenen Länder weltweit.
Die Gründe dafür sind vielfältig: In den engen Armenvierteln konnte das Virus sich rasend schnell verbreiten, dazu ist Homeoffice ein Luxus in einem Land, in dem die Hälfte der Menschen nicht einmal einen festen Arbeitsvertrag haben. Dazu kommt aber auch, dass Familie und Freunde einen hohen Stellenwert haben. Viele Argentinier trafen sich trotz aller Verbote schon bald mit Eltern, Grosseltern, Kumpeln und Kommilitonen. Immer wieder gab es Berichte von illegalen Partys, dass aber ausgerechnet der Präsident und seine Partnerin die Gastgeber einer solchen Feier gewesen sein sollen, hat in Argentinien eingeschlagen wie eine Bombe.
«Es tut mir leid»
Knapp zwei Wochen sind vergangen, seit Fotos der Geburtstagsparty das erste Mal an die Öffentlichkeit gelangt sind, und seither gibt es in der argentinischen Presse kaum ein anderes Thema mehr. Zwar versucht die Regierung, den Schaden zu begrenzen, und längst hat auch Präsident Alberto Fernández öffentlich erklärt, dass die Feier natürlich nicht hätte stattfinden dürfen: «Es tut mir leid, was passiert ist», sagte er umgehend nach dem Bekanntwerden des Skandals.
Vielen Argentiniern reicht das aber nicht. Einerseits, weil sie vielleicht selbst auf Wichtiges verzichtet haben in der Quarantäne, weil sie Enkel über Monate nicht gesehen haben oder den eigenen Geburtstag allein vor dem Computerbildschirm verbringen mussten. Da schmerzt es natürlich, zu erfahren, dass ausgerechnet der Präsident und seine Partnerin eine fröhliche Feier veranstaltet haben, ohne Masken, ohne Abstand und scheinbar ohne Scham.
Bereits eine VIP-Liste sorgte für Aufregung
Andere wiederum haben sich vielleicht auch nicht immer an alle Regeln gehalten, dafür aber sehen sie in der Geburtstagsfeier einen weiteren Beweis dafür, dass die Regierung und ihre Mitglieder mehr an ihrem eigenen Wohlbefinden interessiert sind als an dem des Landes. Ein paar Monate erst sind vergangen, seit eine VIP-Liste viel Entrüstung auslöste, weil sie Funktionären und Parteimitgliedern privilegierten Zugang zu Impfdosen ermöglicht hatte.
Und nicht zuletzt ist da auch noch die argentinische Presse. Vor allem die grossen Zeitungen und Medienhäuser sind erbitterte Gegner der Regierung und schlachten den Skandal nun immer weiter aus. Dass die Fotos von der Geburtstagsfeier im Präsidentenpalast ausgerechnet jetzt, mehr als ein Jahr später, an die Öffentlichkeit gelangen, dürfte da auch kein Zufall sein: Bald sind Parlamentswahlen, und der Skandal wird der Regierung einige Stimmen kosten.
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