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Wegen grosser Nachfrage
Eine neue Küche kostet jetzt bis zu 15 Prozent mehr

Schreiner Jürg Rothenbühler hat sich ein kleines Lager aufgebaut, damit er seine Kunden trotz der Engpässe weiterhin gut beliefern kann.
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Wer eine neue Küche beim Schreiner kauft oder das Dach neu decken lässt, muss sich in Geduld üben und möglicherweise etwas tiefer ins Portemonnaie greifen. Denn wegen der Corona-Krise sind viele Baumaterialien derzeit nur schwer lieferbar und deutlich teurer als sonst. Das betrifft nicht nur Holz, sondern auch diverse Metalle, Plastik und Dämmstoffe.

«Ich geschäfte nun schon seit über 26 Jahren, aber so etwas habe ich noch nie erlebt», sagt Jürg Rothenbühler, Inhaber einer Schreinerei in Zollbrück (BE). Im Wochentakt kündigten Lieferanten Preissteigerungen an. «Aber wir haben nicht nur ein Problem mit den Preisen. Wir wissen auch nicht genau, wann die Lieferung des Materials bei uns eintrifft», beschreibt er die Lage.

Er selbst habe rechtzeitig reagieren können und sich ein kleines Lager aufgebaut. Seine Aufträge könne er daher derzeit noch «in vernünftiger Zeit» ausführen. Doch eine Entspannung ist nicht in Sicht. «Die Lieferfristen werden tendenziell länger», sagt Rothenbühler. Und die Kunden müssten sich je nach Produkt auf Preissteigerungen von bis zu 15 Prozent einstellen.

Panik sei aber fehl am Platz. «Die Kunden sollten sich einfach möglichst früh mit dem Schreiner in Verbindung setzen und die nötigen Entscheidungen treffen, damit wir genug Zeit für die Materialbestellung haben», empfiehlt Rothenbühler.

Wie kam es zu dem Engpass?

Die Engpässe und die steigenden Preise beim Holz haben mehrere Gründe: Die Baubranche konnte trotz Corona-Krise weiterarbeiten, also ist die Nachfrage in der Schweiz relativ hoch. Zudem boomt der Baumarkt in den USA, und auch dort gibt es zu wenig Holz. Oftmals kommt das aus Kanada. Doch wegen des Handelsstreits zwischen den USA und Kanada stockt dieser Lieferweg. Also wird mehr Holz aus Europa in die USA exportiert. Auch in China ist die Nachfrage gross. Am internationalen Holzmarkt sind deshalb die Preise seit Jahresbeginn um bis zu 60 Prozent gestiegen.

Die Situation für die Schweizer Schreinereien hat sich rasant zugespitzt, wie Mario Fellner, Direktor des Verbands Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten VSSM, erklärt. «Anfang Januar spürte man noch nichts von Preiserhöhungen und Lieferengpässen. Seitdem steigen die Preise und Lieferzeiten in einem noch nie dagewesenen Ausmass», sagt er. Die Zimmereien sind ebenfalls betroffen, wie ihr Verband Holzbau Schweiz erklärt. Eine Entspannung sei derzeit nicht in Sicht.

Der Engpass beschäftigt mittlerweile auch die Politik: Grünen-Nationalrätin Florence Brenzikofer will vom Bundesrat Antworten zur Situation der Holzwirtschaft.

Auch Spengler kaufen auf Vorrat ein

Doch nicht nur Holz, auch diverse andere Baumaterialien wie Aluminium, Kupfer oder Wärmedämmungen sind deutlich teurer geworden. Grund dafür ist auch hier die weltweit grosse Nachfrage und die gleichzeitig knappen Produktionskapazitäten. «Die Preise gehen fast täglich rauf», sagt Beat Brönnimann, Inhaber einer Spenglerei in St. Gallen. Er rechnet damit, dass das bis in den Sommer hinein so weitergeht. Zudem sei die Angst gross, dass es plötzlich nicht mehr genug gebe. «Wir versuchen, Material, das wir viel brauchen, wie zum Beispiel Aluminium, auf Vorrat einzukaufen», sagt Brönnimann.

Die Situation könnte sich in den kommenden Monaten noch verschärfen, sagt Stephan Muntwyler. Er ist Geschäftsführer der Firma Gabs, die weltweit Metalle einkauft und damit Schweizer Spengler beliefert. «Wir befürchten, dass spätestens im Herbst gewisse Materialien und Formate nicht mehr lieferbar sind», sagt er. Bereits jetzt sei Aluminium knapp, das für Dächer, Fassaden oder im Innenbereich für Lüftungen verwendet wird.

Doch auch Stahl sei schwer zu bekommen. «Wenn ich heute als Händler weltweit vier Werke anfrage, bekomme ich drei Absagen. Einer liefert – zu unheimlich hohen Preisen und erst im Dezember», beschreibt Muntwyler die Lage. Für einzelne Handwerker könne das zur Folge haben, dass sie kein Material mehr bekommen.

Das wiederum könnte zu Baustopps führen. Bislang hat der Schweizerische Baumeisterverband allerdings keine Kenntnis von Baustellen, die wegen Materialengpässen geschlossen werden mussten.

«Die Problematik kann durchaus dazu führen, dass gewisse Betriebe in finanzielle Schwierigkeiten geraten.»

Peter Baeriswyl, Direktor des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verbands

Leidtragende sind damit nicht nur die Kunden, sondern auch die Handwerksbetriebe selbst. Denn oftmals haben sie ihren Kunden im Voraus feste Preise zugesichert. Und nicht in allen Fällen können sie die deutlich gestiegenen Materialkosten nun geltend machen. Dämmmaterial etwa sei bis zu 50 Prozent teurer, erklärt der Schweizerischer Maler- und Gipserunternehmer-Verband. «Die Problematik kann durchaus dazu führen, dass gewisse Betriebe in finanzielle Schwierigkeiten geraten», so SMGV-Direktor Peter Baeriswyl.

Der Verband habe den Malern und Gipsern nun empfohlen, Offerten unter einem schriftlichen Vorbehalt zu erstellen, Angebote zu befristen oder sich von Lieferanten einen festen Preis zusichern zu lassen. Schreinereien hätten einzelne Offerten wegen der rasant steigenden Materialkosten sogar zurückgezogen, um drohende Verlustgeschäfte abzuwenden, so ihr Verband VSSM.

Der Gebäudetechnikverband Suissetec, der Spengler, Lüftungsanlagenbauer, Heizungs- und Sanitärinstallateure sowie Planer vertritt, rät seinen Mitgliedern unter anderem, Arbeit und Material getrennt zu offerieren und sich Materialpreisanpassungen vorzubehalten.