ZoomEine Fotografin wirft Ballast ab
Barbara Wolff hat Stadtansichten von Berlin fotografiert – und ihrer Handykamera eine klassisch anmutende Bildsprache entlockt.

FICKT EUSCH ALLEE steht auf einer Hausfassade, und das Ausrufezeichen denkt man sich sofort dazu. Das rotzige Sendungsbewusstsein der Berliner Graffitischreiber gehört ebenso zum herben Charme der Stadt wie das Ballett der omnipräsenten Baukräne oder die tristen Kneipen, die zum Beispiel «Kastanienwäldchen» heissen.
Barbara Wolff zeigt in ihrem Fotoband «Metropolis» aber nicht nur Bilder eines abgerockten Berlin, wie sie von Touristen aus aller Welt gerne festgehalten werden. Auf ihren Spaziergängen hat die Fotografin zwischen 2018 und 2020 ein ziemlich eklektisches Sammelsurium von Stadtansichten in Schwarzweiss zusammengetragen.




Dabei fällt weniger das Flüchtige der Street Photography ins Auge als vielmehr die klassisch anmutende Komposition. Wolffs Blick tastet Formen und Muster von Gebäuden ab, sie spiegelt ihre Sujets in Glasscheiben oder auf den Wasseroberflächen der Berliner Kanäle: Fotografien als Vexierbilder. Menschen erscheinen oft schemenhaft oder winzig neben der muskulösen Grossstadtarchitektur; mit Ausnahme der Artistin, die von Menschenhand in den Himmel über Berlin geworfen wird.




Mit jenen Aufnahmen, wo ihre Protagonisten etwas Ameisenhaftes bekommen, ist die 1951 in der DDR geborene Fotografin nahe bei ihrer historischen Referenz: Fritz Langs expressionistischem Stummfilm «Metropolis». Doch statt einen futuristischen Schauer zu wecken, bevorzugt Wolff den versponnenen und leicht amüsierten Blick auf die Gegenwart: etwa, wenn sie Erholung suchende Stadtmenschen in den artifiziellen Reservaten einer urbanen Natur ablichtet.


Wolff hat ihre Bilder mit einer Handykamera gemacht und zunächst auf Instagram veröffentlicht. Der Berliner TAZ sagte sie, sie habe es als Befreiung empfunden, für einmal ohne grosses Equipment zu fotografieren – unbeschwert im doppelten Sinn.
Fehler gefunden?Jetzt melden.