Kanon der QuarantäneEin Stück näher zu Gott
In John Coltranes Album «A Love Supreme» ist das jubilierende Jazz-Saxofon genau richtig.
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Ob es Gott gib, weiss ja keiner so genau. Auf jeden Fall aber gibt es diesen Gong und gleich darauf diese Fanfare, Altes Testament und Neues Testament – und so beginnt jenes Album, das John Coltrane angeblich in fünf Tagen geschrieben hat und mit dessen Noten er die Treppe herabgestiegen sei wie – Zitat Ehefrau Alice Coltrane – «Moses vom Berg».
Nach dem Präludium führt der Bass das Leitmotiv ein. Wer das Album zum zweiten Mal hört, hört ihn brummeln: «A-Love-Sup-reme. A-Love-Sup-reme.» Und das Schlagzeug lässt die Lobpreisung schwingen. Man merkt: Das hier ist etwas anderes als die Coolness eines Miles Davis oder die Virtuosität eines Charlie Parker, ein anderes Universum. Ernster, pathetischer. Wir nehmen teil an einem Gottesdienst – aber an einem, der uns überrascht und glücklich macht und verborgene Winkel der Seele leuchten lässt. Eine Art überirdischer Liebesdienst.
Man muss diese halbe Stunde am Stück hören, sonst ist es sinnlos. Das Album ist eine spirituelle Reise in vier Etappen: Anerkennung, Entschluss, Streben, Psalm, alles baut aufeinander auf und ist ineinander verwoben, das heitere Zwischenspiel ermuntert uns für die folgende Kontemplation, auf den komplizierten Exkurs folgt die Wiederholung des simplen, altbekannten, längst lieb gewonnenen Motivs.
Coltrane ist ein Prediger, der durchs Saxofon zu uns spricht. Ein manischer Prediger, bis in die äusserste Faser inspiriert, ja affektiert. Das Saxofonspiel, in das ein Geist hineinzufahren scheint und das sich dann in immer höhere Höhen schraubt – von hier stammt es, hier passt es hin. Auch dabei: McCoy Tyner, der das Piano spielt wie ein kunstsinniger Jesuit, also der Mission verpflichtet, aber nie komplett dogmatisch; Drummer Elvin Jones als wirbliger, dabei stets untertäniger Messdiener; Bassist Jimmy Garrison als Diakon des Grooves, der uns tanzen lässt.
Irgendwann raunt John Coltrane ins Mikrofon: «A-Love-Sup-reme. A-Love-Sup-reme.» Wir haben verstanden, irgendwie.
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