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Neuer Staatschef in Israel
Isaac Herzog, ein Präsident mit Heimvorteil

Ein Prosit auf die Wahl: Israels neuer Staatspräsident Isaac Herzog und seine Ehefrau Michal nach der Sondersitzung der Knesset in Jerusalem.
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Israels neuer Präsident kennt sich bereits bestens aus im Beit Hanassi, der Residenz des Staatsoberhaupts. Denn das von einem schönen Garten umgebene Haus im Jerusalemer Stadtteil Talbiya, in das Isaac Herzog nun Einzug halten darf nach seiner Wahl zum Präsidenten am heutigen Mittwoch, hatte bereits seinem Vater als Amtssitz gedient. Chaim Herzog war Israels sechster Präsident, er amtierte von 1983 bis 1993.

Nun folgt ihm der Sohn nach als elfter Präsident in der Geschichte des Landes. Die republikanische Erbfolge löst Respekt aus in Israel – aber wenig Begeisterung. Denn als Kandidatin der Herzen hatte eher die unterlegene Kontrahentin Miriam Peretz gegolten.

Die Herzogs sind so etwas wie politischer Hochadel im jüdischen Staat.

Doch bei der Wahl durch die 120 Knesset-Abgeordneten hatte die parteilose Quereinsteigerin keine Chance gegen den bestens vernetzten früheren Chef der Arbeitspartei. Mit 87 zu 26 Stimmen konnte er eine deutliche Mehrheit gewinnen. Das politische Establishment ist mit der Wahl von Isaac Herzog auf Nummer sicher gegangen.

Israels Präsident von 1983 bis 1993: Chaim Herzog (links) auf Staatsbesuch in der Schweiz im April 1987 – hier mit Bundesrat und Aussenminister Pierre Aubert. 

Denn die Herzogs sind so etwas wie politischer Hochadel im jüdischen Staat. Gern werden sie mit den Kennedys verglichen, zumal die Wurzeln beider Familien in Irland liegen. Zur Ahnenreihe des 60-jährigen Isaac Herzog zählt noch der Grossvater Isaac Halevy Herzog, ein frommer und äusserst gelehrter Mann, der erster aschkenasischer Chefrabbiner Israels war.

Der Onkel Jakov Herzog war in den Sechzigerjahren der engste Berater des Premiers Levi Eschkol. Und dann gab es auch noch den angeheirateten Onkel Abba Eban, legendärer Aussenminister Israels in den kriegerischen Jahren 1966 bis 1975.

Still, freundlich und sachlich

Isaac Herzog ist stolz auf diese Familie, gern und oft erwähnt er sie. Doch bisweilen hat er auch durchblicken lassen, dass dieses Erbe eine Bürde sein kann. Denn lange Zeit sah es so aus, als wären die Schuhe der Altvorderen doch ein paar Nummern zu gross für ihn, den bis heute viele beim kindlichen Kosenamen «Bougie» rufen. Ein Übermass an Charisma hat ihm tatsächlich noch keiner vorgeworfen.

Er ist der Stille, Freundliche, Sachliche – und wurde deshalb in der zunehmend rabaukenhaften israelischen Politik oft unterschätzt. Seine diplomatischen Fähigkeiten aber dürfte er nun im weitgehend zeremoniellen Präsidentenamt gut zur Geltung bringen können.

Überdies ist er ein politischer Profi. Nach dem Jurastudium zog es ihn zunächst in die vom Vater aufgebaute Kanzlei, dann in die Knesset. Von 2003 bis 2018 vertrat er dort die linke Arbeitspartei. Mehrfach war er Minister, unter anderem für Soziales. 2015 trat er als Spitzenkandidat der Arbeitspartei erfolglos gegen den Likud-Premier Benjamin Netanyahu an. (Dessen Ära könnte bald zu Ende gehen.)

«Präsident aller Israelis» will Isaac Herzog sein. «Jetzt ist die Zeit, Brücken zu bauen.»

Zwei Jahre später schickte ihn seine der Bedeutungslosigkeit entgegentaumelnde Partei in die Wüste. Isaac Herzog aber erinnerte sich an das vom Vater übernommene Motto: «Niemals aufgeben» lautet das, und natürlich findet ein Herzog in Israel immer schnell eine andere Verwendung. 2018 wurde er zum Vorsitzenden der altehrwürdigen Jewish Agency ernannt, die sich um die Beziehungen zur Diaspora und um die Einwanderungen von Juden nach Israel kümmert.

In diesem Amt konnte er schon einmal das Repräsentieren üben. Im kurzen und von den Wirren der Regierungsbildung überschatteten Wahlkampf zur Präsidentschaft präsentierte er sich auf Fotos mit US-Präsident Joe Biden, dem britischen Premier Boris Johnson und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.

Bei der Präsidentenwahl unterlegen: Quereinsteigerin Miriam Peretz bedankt sich bei Anhängern in Jerusalem.

Als Präsident wird Isaac Herzog nun an der Spitze eines zerstrittenen und zerrissenen Landes stehen. Sein Vorgänger Reuven Rivlin, der offiziell am 9. Juli aus dem Amt scheidet, hatte sich um Versöhnung bemüht. Das gilt es fortzusetzen – doch viele in Israel hatten das eher der Gegenkandidatin Miriam Peretz zugetraut. Bei Umfragen in der Bevölkerung lag sie, anders als bei der Wahl in der Knesset, stets deutlich vorn.

Eine Art Mutter der Nation

Als Gegenmodell zu Herzog galt sie nicht nur, weil sie eine Frau ist und als Siedlerin aus dem Westjordanland eher dem rechten Lager zugerechnet wird. Sie repräsentierte auch die Mitzrachim, die orientalischen Juden, während Herzog für die alte aschkenasische, also mitteleuropäisch geprägte Elite steht. Vor allem aber wirkte Peretz warmherziger als der kühl-distanzierte Herzog.

Als Rednerin war sie in den vergangenen Jahren so etwas wie die Mutter der Nation geworden – eine Mutter mit tragischer Geschichte allerdings. Denn zwei ihrer Söhne sind als Soldaten gefallen, der eine 1998 im Libanon, der andere 2010 bei Kämpfen um Gaza. Ihr Thema sind Trauer und Verlust und wie man damit positiv weiterleben kann.

Isaac «Bougie» Herzog wird nun sein eigenes Thema finden müssen als Präsident in aufgewühlten Zeiten. Sieben Jahre wird der im Beit Hanassi amtieren, als Erbe des von ihm verehrten Vaters. «Präsident aller Israelis» will er sein: Das hat er sogleich angekündigt. Und vor allem: «Jetzt ist die Zeit, Brücken zu bauen.»