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Analyse zur Pegasus-Überwachung
Ein mächtiges Werkzeug ist in die falschen Hände geraten

Ihre Software erlaubt die fast totale Kontrolle: NSO Group, hier der Sitz in Herzliya, in der Nähe von Tel Aviv. 
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Bei den Recherchen zum Pegasus-Projekt konnte einen bisweilen das Gefühl beschleichen, die mächtige Software zum unbemerkten und lückenlosen Ausspionieren von Handys verbreite sich unter Staaten so ähnlich wie ein lustiges GIF auf Twitter: immer munter teilen. Allerdings darf man schon davon ausgehen, dass die Regierungsstellen jener Länder, die den Trojaner Pegasus nutzen, dafür viel Geld an den Hersteller, die NSO Group aus Israel, bezahlt haben. Sie vergibt die Lizenzen – nachdem angeblich das israelische Verteidigungsministerium die Genehmigung zum Export erteilt und der Kunde schriftlich versichert hat, ganz gewiss nur Gutes damit zu tun. Genauer lässt sich das für die NSO nicht bestimmen, denn wer die Kunden sind, hält die Firma geheim.

Man kann dafür sogar ein gewisses Verständnis aufbringen. Geheimdienste, die Geheimdienstzeugs kaufen, wollen das nicht hinausposaunt wissen. Will heissen: Jeder Vorsprung des Staates vor der digital hochgerüsteten organisierten Kriminalität und weltweit vernetzten Terroristen ist begrüssenswert.

Gefährlich und geheim

Software wie Pegasus ist dafür fraglos eine schlagkräftige Waffe. In den falschen Händen aber wird sie, wie alle Waffen, zur grossen Gefahr. Wer jederzeit weiss, mit wem der andere spricht, wen er trifft, wo er ist, was er liest, wen er liebt, wem er schreibt, woran er glaubt – der kann jeden ausschalten, der seiner Meinung nach das Falsche liest, glaubt und schreibt.

Auf diese unerhörte Weise erlangtes Wissen kann dazu dienen, oppositionelle Politiker zu erpressen, kritische Journalistinnen kaltzustellen oder Menschenrechtsaktivisten mundtot zu machen – wenn es beim Mundtotmachen bleibt. Das sind meistens die Ziele von Trojanern wie Pegasus, wenn sie gegen die Regeln verwendet werden – und diese Regeln überdies nicht einmal jemand überwacht. Eine Cyberwaffenexportkontrolle, die den Namen verdient, mit internationalen Gesetzen und Strafen, hat die Staatengemeinschaft bis heute nicht zustande gebracht. Es wird höchste Zeit.

Alles, was passiert, wird irgendwann vorher besprochen, jede Demonstration, jede Parteigründung, jeder kritische Artikel.

Für autokratische Regierungen ist die Kontrolle der Bevölkerung alles und das freie Wort eine Bedrohung. Ihnen dient eine Technologie wie Pegasus als das ideale Einbruchswerkzeug in die Synapsen der Gesellschaft, deren Kommunikationswege und Datenleitungen. Alles, was passiert, wird irgendwann vorher besprochen, jede Demonstration, jede Parteigründung, jeder kritische Artikel. In vielen Ländern dieser Welt hängt das Leben von Menschen davon ab, ob sie dabei einen Weg finden, sich geschützt austauschen zu können.

Dass Pegasus auch eingesetzt wird, damit Staaten Staaten ausspionieren, ist hingegen nicht sonderlich überraschend. Sie tun das manchmal vielleicht einfach nur, weil sie es können: Ich spitzle, du spitzelst, wir spitzeln. Man sollte sich nur nicht erwischen lassen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat das schon 2013 in einem Satz zusammengefasst, der auf ein T-Shirt passen würde: Ausspähen unter Freunden geht gar nicht.

Pegasus sieht alles, hört alles

Kriminell wird der Einsatz von Cyberwaffen aber, wenn er sich gegen die eigene Bevölkerung richtet. Vielleicht hilft es, sich zu veranschaulichen, was Pegasus kann, wenn es erst mal ein Handy verseucht hat. Egal, was man sieht, schreibt, spricht, hört, welche Websites man besucht, welche Termine man verabredet, welche Fotos man macht, welche Route man plant und welchen doppelt verschlüsselten Messengerdienst man mit verifizierten Kontakten benutzt: Pegasus kriegt alles mit, nimmt alles auf, gibt alles weiter. Geduldig, geräuschlos, geheim.