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Meinung

Gastbeitrag zum Raumplanungsgesetz
Ein haushälterischer Umgang mit dem knappen Gut Boden tut not

Eine Scheune sollte eine Scheune bleiben.
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Diese Woche berät der Nationalrat die zweite Teilrevision des Raumplanungsgesetzes. Nachdem er 2019 gar nicht erst auf die Vorlage eingetreten war, hat der Ständerat die Beratung aufgenommen. Eine zentrale Frage gilt es nun aber zu klären. Jene zur Umnutzung von Ökonomiegebäuden.

Diese beschäftigt auch den Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein (SIA), der sich für einen nachhaltig gestalteten Lebensraum einsetzt. Fast 620’000 Gebäude stehen gemäss neuster Statistik in der Schweiz ausserhalb der Bauzonen. Also dort, wo eigentlich keine stehen sollten: auf wertvollem Kulturland, in der freien Landschaft. Etwa zwei Drittel davon sind landwirtschaftliche Ökonomiebauten, die vermehrt leer stehen, weil die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe abnimmt. 

Äusserst rentabel, für die Besitzer

Sollen diese nun umgenutzt und zu Wohnzwecken umgebaut werden? Aus Sicht der Planungsbranche nicht generell. Viele Ökonomiegebäude, namentlich im Berggebiet, sind kaum erschlossen. Eine Wohnnutzung bedingt jedoch Erschliessungsinfrastrukturen. Das hat nun auch die Mehrheit der nationalrätlichen Raumplanungskommission akzeptiert: Sie will nicht mehr jedes Maiensäss und jeden alten Heuschober in den Bergen zur Umnutzung freigeben.

Neu sollen aber nicht mehr genutzte Ökonomiegebäude, die an ehemalige Bauernhäuser angebaut sind, zur Umnutzung in Wohnungen freigegeben werden, falls sie ausreichend erschlossen sind. Erlaubt wäre auch, das Gebäude abzureissen und das gesamte Gebäudevolumen für einen Ersatzneubau zu nutzen. An der Stelle des schmucken Emmentaler Einzelhofs mit geraniengeschmückten Lauben und grosser angebauter Scheune stünde also dereinst ein Mehrfamilienhaus. In den Stallteil des klassischen Toggenburger Bauernhauses würden grosszügige Wohnungen eingebaut. Im traditionellen Luzerner Hochstudhaus wären teure Lofts zu vermieten.

Zweifellos eine attraktive Vorstellung für künftige Bewohnerinnen. Und für die Besitzer äusserst rentabel. Die Idee der Nationalratskommission rüttelt jedoch an den Grundprinzipien des Raumplanungsrechts. Nicht von ungefähr war und ist das Ziel des 1980 in Kraft getretenen Raumplanungsgesetzes die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet und ein «haushälterischer Umgang mit dem Boden». Gerade dies wird aber infrage gestellt, wenn immer mehr Gebäude im Landwirtschaftsland zu Wohnzwecken umgenutzt werden. Weitere Bauten, versiegelte Flächen und Infrastrukturen sind die Folge, vom Vorplatz über das Parkfeld bis zum Carport. Das widerspricht auch dem doppelten Stabilisierungsziel, welches neu ins Raumplanungsgesetz eingeschrieben werden soll und sowohl die Bauten wie auch die Bodenversiegelung betrifft.

Wertvolle Lebensräume werden gestört

Mittlerweile befinden sich fast 40 Prozent der bebauten Flächen ausserhalb der Bauzonen. Der Bauboom im ländlichen Raum stellt Natur und Mensch vor grosse Probleme: Wertvolle Lebensräume für Pflanzen und Tiere werden gestört, und dies in Zeiten von Biodiversitätsverlust. Landschaften verlieren ihren Wert als Erholungsraum für alle, knapper Boden wird der Allgemeinheit entzogen. Fruchtbares Kulturland verschwindet, und Baukultur geht verloren.

Als Unterstützer der Landschaftsinitiative wollen wir keine Ballenberg-Schweiz. Aber wir fordern eine Umsetzung des geltenden Raumplanungsgesetzes und damit einen haushälterischen Umgang mit dem knappen Gut Boden. Nur wenn die aktuelle Gesetzesrevision diese Ziele ernst nimmt, kann sie als valabler Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative betrachtet werden. 

Urs Rieder ist Co-Präsident ad interim des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA.