Neuer Geheimdienstchef Ein cooler Kämpfer schützt nun Israel
Der Inlandsgeheimdienst ist nicht so berühmt wie der Mossad, aber nicht weniger mächtig. Ronen Bar ist der neue Leiter.
Dass er Nerven hat wie Drahtseile, hat er vorige Woche öffentlich unter Beweis gestellt. Ronen Bar war im Auto unterwegs zu einer entscheidenden Anhörung über seine Beförderung zum Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet. Anspannung pur, denn es gab ein paar Vorwürfe, die er auszuräumen hatte. Doch unterwegs auf der Autobahn hoch nach Jerusalem fand Bar dann noch die Zeit für eine Samariter-Aktion: Als er am Strassenrand ein brennendes Auto sah, hielt er an und half beim Löschen.
Die Fotos von dem künftigen Chefagenten als Feuerwehrmann fanden natürlich sogleich den Weg in die Medien – und das darf als Teil einer Inszenierung verstanden werden, die den Israelis zeigen soll: Ronen Bar ist einer, der immer selbst mit anpackt. Einer, bei dem das Land in guten Händen ist. Das ist eine wichtige Botschaft, denn er ist jetzt an vorderster Front für die allgemeine Sicherheit zuständig.
Der Shin Bet, dessen Name sich aus den hebräischen Anfangsbuchstaben von Sherut Bitachon, zu deutsch: Sicherheitsdienst, ableitet, mag in der Aussenwirkung nicht so schillernd und bekannt sein wie Israels Auslandsgeheimdienst Mossad. Im Innern aber erfüllt er zentrale Funktionen: Der Personenschutz für Regierungsmitglieder zählt ebenso dazu wie der Schutz von öffentlichen Gebäuden und der israelischen Fluglinie El Al. Vor allem aber ist er für Terrorismusbekämpfung zuständig. In den Palästinensergebieten regt sich kaum etwas, was der Shin Bet nicht erfasst.
Kampferfahrung in einer Eliteeinheit
5000 feste Mitarbeiter und ein dichtes Netz an Zuträgern sind dafür im Einsatz. Gewalt gehört zum Geschäft. Einen Einblick in die Arbeit gewährte Bars Vorgänger Nadav Argaman bei der Amtsübergabe in dieser Woche: 2261 geplante Terrorattacken sind demnach durch die Arbeit des Shin Bet in seiner fünfjährigen Dienstzeit verhindert worden. 529 Taten wurden ausgeführt, 54 Israelis kamen dabei zu Tode.
Ronen Bar arbeitet bereits seit den frühen Neunzigerjahren für den Shin Bet. Doch bis zur Ernennung an die Spitze war er anonym und nur als Agent «R» geführt worden. Nun weiss man, dass er 55 Jahre alt und Vater dreier Kinder ist. Dass er ein Haus in einem Vorort von Tel Aviv bewohnt, gerne joggt, lange Strecken natürlich, und gutes Essen schätzt.
Er kann einen in Tel Aviv erworbenen Bachelor-Abschluss in Politik und Philosophie sowie einen Master in Management aus Harvard vorweisen. Viel wichtiger allerdings ist seine Feld- und Kampferfahrung. Beim Militär hat er einst in der Elite-Einheit Sayeret Matkal gedient, ebenso übrigens wie Premierminister Naftali Bennett und dessen Vorgänger Benjamin Netanyahu. Beim Shin Bet hat er sich dann hochgearbeitet. Nun rückt er vom Stellvertreterposten an die Spitze auf.
Anonymes Schreiben sorgte für Wirbel
Gepriesen wird er als Mann der Praxis, mit reichlich Auszeichnungen und heiklen Einsätzen im Gazastreifen, im Westjordanland und im Libanon. Regierungschef Bennett lobt ihn als «waghalsigen Kämpfer», der mehr als einmal sein Leben riskiert habe zum Wohl des Landes. Und auch Weggefährten werden nun nicht müde, in den Medien seine Coolness und Courage zu loben.
Für einigen Wirbel hatte kurz vor der Ernennung allerdings noch ein anonymes Schreiben gesorgt, in dem Bar berufliches Fehlverhalten in zwei Fällen vorgeworfen wurde. Die konkreten Vorwürfe blieben geheim. Bar selbst sprach von alten und längst widerlegten Anschuldigungen. Davon konnte er dann auch die für eine Ernennung zuständige Kommission überzeugen. Zur entscheidenden Sitzung erschien er gerade noch pünktlich, trotz Löscheinsatz am Strassenrand.
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