Gold aus KonfliktgebietenEin Brief des Seco sorgt für Streit mit Dubai
Schweizer Raffinerien werden aufgefordert, bei Gold aus Dubai besonders genau hinzuschauen. Das kommt in den Emiraten sehr schlecht an. Ausgerechnet jetzt reist Wirtschaftsminister Parmelin an den Golf.
Ahmed Bin Sulayem lässt an der Schweiz kein gutes Haar. Der Chef des Dubaier Rohstoffhandelsplatzes DMCC greift das Land auf dem sozialen Netzwerk Linkedin frontal an. Besonders abgesehen hat er es auf das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Pikant: Der Streit bricht just zu dem Zeitpunkt aus, als Wirtschaftsminister Guy Parmelin das Emirat besucht.
Bin Sulayem empört sich über einen Brief des Seco an die Schweizer Goldverarbeiter. Sie sollen bei Gold aus den Emiraten besonders genau hinschauen und sicherstellen, dass es nicht aus zweifelhaften Quellen stammt.
«Sieht man einmal von der offensichtlichen Beleidigung ab, so scheint es, dass sich die Schweizer Führung einige wichtige ethische Fragen stellen muss», schreibt Börsenchef Bin Sulayem. Und weiter wirft er die Frage auf, ob es glaubwürdig sei, die Emirate zu isolieren, anstatt mit ihnen zusammenzuarbeiten, um Probleme gemeinsam anzugehen und so die Goldindustrie zu schützen.
Auch sei es eigenartig, dass ein Land mit einer zweifelhaften Handelsgeschichte nun die Emirate anschwärze. Immerhin habe die Schweiz ja Potentaten wie Marcos (Philippinen), Mobutu (ehemaliges Zaire) oder Abacha (Nigeria) geschützt.
Aussenhandelsminister Thani Al Zeyoudi äusserte sich gegenüber Bloomberg diplomatischer, aber nicht weniger klar zum Seco-Brief: «Wir befolgen seit langem alle internationalen Vorschriften, einschliesslich der Bemühungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der unethischen Beschaffung von Gold.»
Die Probleme der Emirate sind jedoch bekannt: In der Vergangenheit gab es etwa Berichte darüber, dass in Dubai Gold aus Minen mit Kinderarbeit und aus Konfliktregionen verarbeitet und in den globalen Handel eingeschleust werde. Besonders kritisch sind gemäss einer Studie der Nichtregierungsorganisation Swissaid Goldlieferungen der Unternehmensgruppe Kaloti. Einige Goldverarbeiter aus der Schweiz nehmen daher keine Lieferungen des Edelmetalls aus Dubai mehr an.
Schweiz spielt im Goldhandel wichtige Rolle
Das ist schmerzhaft für die Emirate. Denn die Schweiz ist die wichtigste Drehscheibe im internationalen Goldhandel. Die Raffinerien im Tessin und in der Westschweiz verarbeiten rund 40 Prozent des weltweit gehandelten Goldes. Jährlich wird Gold im Wert von mehr als 70 Milliarden Franken eingeführt und dann in verarbeiteter Form wieder exportiert.
Dabei spielen die Importe aus den Emiraten eine wichtige Rolle. Laut Angaben der Eidgenössischen Zollverwaltung gehörte das Land in den letzten Jahren jeweils zu den wichtigsten Lieferanten. Die Verflechtung ist eng: Laut einem Bericht des Seco macht das Edelmetall fast 80 Prozent der Importe aus den Emiraten in die Schweiz aus.
Das Seco äusserte sich auf eine Anfrage dieser Zeitung nicht zum Gold-Streit. Offen bleibt auch, ob das Thema beim Staatsbesuch von Bundespräsident Guy Parmelin in Dubai eine Rolle spielte. Der Bundesrat reiste in die Emirate, um am offiziellen Schweizer Tag der Expo 2020 teilzunehmen.
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Die Nichtregierungsorganisation Swissaid begrüsst den Brief des Seco: «Unseres Erachtens erkennt das Seco die Risiken des Goldes aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an», sagt Marc Ummel, Goldexperte bei Swissaid.
Es sei aber ein Nachteil, dass das Seco keine konkreten Massnahmen ergreife, sondern nur Empfehlungen abgebe. So seien die Schweizer Raffinerien nach wie vor nicht verpflichtet, dem Schweizer Zoll das ursprüngliche Herkunftsland von Gold zu melden, das durch die Vereinigten Arabischen Emirate transportiert wird. «Das ist ein grosses Schlupfloch, das wir seit langem kritisieren», so Ummel.
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