Lettlands neuer PräsidentEin Antreiber, der sich auf leise Töne versteht
Der Ukraine-Unterstützer Edgars Rinkevics ist einer der erfahrensten und entschiedensten Politiker Lettlands – und nun auch der Präsident seines Landes.
Edgars Rinkevics hinterlässt in Riga eine Lücke. Die lettische Regierung hat nun vorerst keinen Aussenminister. Und einen mit seiner Erfahrung zu finden, wird nicht so einfach sein. Rinkevics steigt mit seinen 49 Jahren an diesem Samstag ins höchste Amt seines Landes auf: Am 8. Juli wird er seinen Eid als Präsident Lettlands ablegen. Am 31. Mai hatte die Saeima, das lettische Parlament, ihn gewählt.
Rinkevics versprach nach der Wahl, auch als Präsident für die Sicherheit und Stabilität des Landes Sorge zu tragen – und bei einem wie ihm sind das nicht nur leere Worte. Seit 2011 war er Aussenminister und damit zuletzt einer der dienstältesten in der Europäischen Union. Seit 1995 hat sich Rinkevics durch die Ministerien seines Landes gearbeitet, als 22-Jähriger bekam er seinen ersten Posten im Verteidigungsministerium, mit 33 wurde er stellvertretender Staatssekretär. Bevor er Aussenminister wurde, leitete er das Büro des lettischen Präsidenten, damals Valdis Zatlers. Dorthin kehrt er nun nach zwölf Jahren zurück, als Chef.
«Ich erkläre stolz, ich bin schwul … Viel Glück euch allen.»
Der von Russland überfallenen Ukraine mit allen Mitteln zu helfen, das ist für Rinkevics eine absolute Notwendigkeit, die zugleich das Überleben seines eigenen Landes betrifft. Für ihn gehört der ehemalige Bruderstaat innerhalb der Sowjetunion sobald wie möglich in die Nato und EU. Für seine Verdienste um die Ukraine zeichnete ihn Präsident Wolodimir Selenski mit dem Verdienstorden ersten Grades aus. Rinkevics reagierte überrascht – und gab den Dank weiter «an alle, die die Ukrainer in Gedanken und Taten im Kampf gegen die russische Aggression unterstützen».
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Rinkevics ist ein Antreiber, wenn es um die Unterstützung der Ukraine geht. Doch anders als viele polnische Politiker greift er Länder, die Kiew nur zaghaft unterstützen, nicht verbal an. Seine Strategie ist es, zu erklären und zu überzeugen – auf eine überlegte, bürokratisch anmutende Weise.
Spätestens seit Rinkevics’ Wahl zum Präsidenten möchten auch lettische Medien etwas mehr wissen über den Mann mit dem militärisch kurzen Haarschnitt und der randlosen Brille. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk fand dann etwa heraus, dass Rinkevics schon als Kind sehr gewissenhaft gewesen sei. Er habe nie eine Arbeit schlampig erledigt, sagte Rinkevics’ frühere Schulleiterin dem Sender. «Wenn es etwas zu lesen gab, wusste man, dass Edgars es gelesen hatte, dass Edgars es vorbereitet hatte und dass er immer eine Meinung dazu hatte», erinnert sich die Schulleiterin.
Seine Partnerschaft darf er nicht eintragen
In seinem neuen Amt wird nun auch das Private politisch werden. Bereits 2014 sprach Rinkevics auf Twitter über seine Homosexualität. «Ich erkläre stolz, ich bin schwul ... Viel Glück euch allen», schrieb er damals auf Englisch. Sollte der neue Präsident einen Partner haben, so darf er ihn in seinem Land nicht heiraten, nicht einmal eine Partnerschaft eintragen lassen. Sein Bekenntnis und auch, dass er für mehr Toleranz wirbt, mögen ein Grund dafür sein, dass ihn in einer Umfrage 39 Prozent der Befragten negativ sehen.
Anhänger hat er vor allem unter Jüngeren, Gebildeten, Wohlhabenderen. Rinkevics weiss, welche Aufgabe ihm zuwächst. «Ich werde alles dafür tun, damit unsere Gesellschaft eng zusammenhält.»
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