100-Kilometer-SpendenmarschEin 17-Jähriger wandert für die Ukraine
Cédrik Hersperger hatte sich vor zwei Jahren vorgenommen, ohne Geld und fürs Klima quer durch die Schweiz zu laufen. Dann kam Corona. Und jetzt marschiert er stattdessen für die Ukraine.
Am Samstag ist Cédrik Hersperger losgelaufen – mit ziemlich genau 2 Jahren Verspätung. Am Ostermontag steht mit 26 Kilometern die längste Etappe an, darum ist er schon kurz nach 8 Uhr losmarschiert. Bis am Abend wird er über 60 Kilometer zurückgelegt haben. Das Ziel des 17-Jährigen: Er will eine Strecke von exakt 100 Kilometern zu Fuss bewältigen. Begleitet wird er von seinem Hund BJ (Bee-Jay) und der 52-jährigen Sara Gantulga. Die Mongolin kennt er, seit er klein war.
Eigentlich hätte die Weitwanderung sein Abschlussprojekt in der Sek werden sollen. Er wollte im Frühling 2020 mit zwei, drei Schulkollegen bis an den Neuenburger See laufen – ohne Geld und ohne CO2 zu verursachen. Das Projekt war damals von der Ikone der Klimajugend inspiriert: Greta Thunberg. Es beeindruckte ihn, dass ein einzelner Mensch, ein Teenager, so eine grosse Wirkung haben kann. Das wollte er auch. Aber dann kam Corona – und das Projekt war tot.
Jetzt sind die Corona-Massnahmen aufgehoben, die Sonne scheint und Cédrik Hersperger hat gerade Ferien. Die perfekte Ausgangslage. Und weil das Klima im Moment nicht mehr im Zentrum der öffentlichen Debatte steht und das Leid im Kriegsgebiet keinen unberührt lässt, wandert der junge Mann jetzt eben für die Ukraine. Sein Weg führt ihn von Amlikon-Bissegg über Winterthur, Zürich, Spreitenbach und Aarau bis nach Obergösgen SO – es sind genau 100 Kilometer.
Faktisch werden es wohl ein bisschen mehr sein, weil die Unterkünfte sich nicht immer exakt an der Reiseroute befinden. Der angehende Koch im zweiten Lehrjahr hat alles sorgfältig geplant, bei der Raiffeisenbank ein spezielles Spendenkonto eingerichtet und günstige Bed and Breakfasts gebucht, damit er sich das Projekt leisten kann. Von den Spenden will er nämlich nichts für die eigenen Ausgaben abziehen.
Wie viel bis jetzt zusammengekommen ist, weiss er nicht. Aus dem Alterszentrum in Herrliberg, wo er arbeitet, gibt es erste Zusagen – etwa 100 Franken sind es bislang. Unterwegs verteilt er Zettel mit einer Ukraine-Fahne – die Idee kam von seiner Chefin –, um die Menschen unterwegs auf sein Projekt aufmerksam zu machen. «Die meisten Leute reagieren positiv, nur ein- oder zweimal wurden wir abgewimmelt», so Hersperger. Wie viel hofft er, dass am Ende zusammenkommt? «1000 bis 2000 Franken wären schön.» Das Geld soll am Ende dem Roten Kreuz (IKRK) zugutekommen.
Wichtig ist ihm die Wanderung – und dass er etwas damit bewirken kann. Er möchte am Anfang von etwas Grösserem stehen.
Einen Bezug zur Ukraine hat der 17-Jährige nicht. In seinem Dorf hat es keine Flüchtlinge, aber im Zug sieht er sie ab und zu, wenn er täglich drei Stunden an seinen Arbeitsplatz und zurück pendelt. Er ist im Herbst mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester von Uetikon am See nach Amlikon-Bissegg TG gezogen – in ein grosses Haus mit vier Hunden, zwei Islandpferden und einer thailändischen Austauschschülerin. Wichtig ist ihm die Wanderung – und dass er etwas damit bewirken kann. Er möchte am Anfang von etwas Grösserem stehen.
Weil das nur geht, wenn die Leute auch von seinem Projekt erfahren, hat er diverse Medien angeschrieben. Er wünschte sich ein Fernsehteam, das seine Wanderung begleitet – ein bisschen wie bei Moderator Nik Hartmann und «SRF bi de Lüt». Darum hat der Kochlehrling seine Zimmerstunden in den Tagen vor Ostern vor allem damit verbracht, mit Journalisten über sein Vorhaben zu sprechen. Mit Tele M1, TeleBern und TeleZüri hat er gesprochen – aber bisher hat ihn noch kein Filmteam besucht. Aber Hersperger bleibt optimistisch: Bis Mittwoch ist er noch unterwegs.
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