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Helden unserer Kindheit (2)
Olivier Anken – der Kleinste war der Grösste

Eishockey NLA; SCB-Biel: Olivier Anken. 17.02.1990 © Andreas Blatter
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In Kürze:
  • Der ehemalige Bieler Torhüter Olivier Anken rettete seinen Club im Abschiedsspiel vor dem Abstieg.
  • Als Sanitär-Installateur arbeitete Anken neben seiner Eishockey-Karriere in einer Zementfabrik.
  • Der 1,66 Meter grosse Goalie betreut mittlerweile als Materialwart die U-20-Junioren. Seine legendäre Nummer 30 hängt heute unter dem Hallendach der Tissot-Arena.

Regeln sind dazu da, eingehalten zu werden. So ein Schwachsinn! Oder versetzen Sie sich einmal in diesen Achtjährigen hinein, der da im Bett liegt und dessen Gedanken wild kreisen. Nur ein paar Kilometer entfernt ist das Eisstadion in Biel-Bözingen, aber in diesem Moment scheint es auf dem Mond zu liegen.

Es ist der 8. März 1994. Abstiegsrunde EHC Biel - EHC Olten. Spiel 6. Kein Gloria, kein Glanz, aber sportlicher Überlebenskampf. Doch Eishockeyspiele – und seien sie noch so wichtig – haben die dumme Angewohnheit, dass sie meistens abends stattfinden. Und weil es Dienstag ist und am nächsten Morgen die Schule ansteht, verbieten die Eltern den Gang ins Stadion. Dumme Regeln! Also bleibt nur das Kopfkino und klammert sich meine Hoffnung an einen einzigen Mann: Olivier Anken. Auf ihn ist immer Verlass. Der 1,66 Meter kleine Goalie ist der Rückhalt dieses gebeutelten Bieler Teams. «Ohne Anken kein Brot» ist in jenen Jahren ein gängiges Bonmot.

Das Eishockey zieht mich früh in seinen Bann, und dieser Anken tut es mir ganz besonders an. Er ist kein Showman und Lautsprecher. Er ist der kleine Held, der sich den übermächtigen Bykows, Chomutows, Hollensteins und Wägers entgegenstellt. Sobald ich lesen kann, schaue ich im Sportteil des «Blick» nach, was über ihn geschrieben worden ist. Im Kinderzimmer hängt ein Poster, das ihn bei einer Parade zeigt. Und natürlich sind da die Erzählungen des Vaters von vergangenen Zeiten, als Hexer Anken den EHC Biel dreimal zum Titel führte und dieser in der Nationalmannschaft gross aufspielte.

Mit der letzten Parade macht sich Olivier Anken endgültig zum Helden

Bereits vor der Abstiegsrunde 1994 kündigt der ewige Bieler Goalie seinen Rücktritt an. Und so schreibt er an jenem 8. März ein Märchen, das selbst der kitschigste Hollywood-Regisseur nicht besser hinbekommen würde: 3:3 steht es nach der Verlängerung, weit nach 23 Uhr kommt es zum Penaltyschiessen. Nach zwölf Versuchen gibt es noch immer keinen Sieger. Dann läuft Oltens Viktor Müller an – es ist auch für ihn das letzte Spiel der Karriere – und scheitert an Anken. In seinem 627. und letzten NLA-Spiel sichert der Goalie «seinem» EHC Biel den Ligaerhalt – so lese ich es am nächsten Morgen in der Zeitung.

In der Folgesaison steigt Biel doch ab, weil: «Ohne Anken kein Brot».

Olivier Anken, ehemaliger Torhüter der Bieler Meistermannschaft 1982/1983, wird während einer Ehrung im Eishockeyspiel zwischen EHC Biel und HC Lugano geehrt, Tissot Arena, 3. Dezember 2022.

20 Jahre später besuche ich ihn zu Hause in Péry. Er, der gelernte Sanitär-Installateur, arbeitet da noch in einer grossen Zementfabrik in der Region. Nur während einer Saison war Anken Profi. Dabei sei ihm langweilig geworden, also habe er die Arbeit wieder aufgenommen, erzählt der heute 68-Jährige. Mittlerweile ist Anken pensioniert. Zum Zeitvertreib hilft er als Materialwart bei Biels U-20-Junioren mit. Blicken die Spieler unters Hallendach, sehen sie seine Nummer 30. Der Kleinste ist in Biel für immer der Grösste.

In unserer neuen Serie porträtieren wir Heldinnen und Helden aus unserer Kindheit. Diese Erinnerungen erscheinen in regelmässigen Abständen.