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Druck gegen Tabakwerbung steigt

Junge sollen stärker vor Tabakwerbung geschützt werden. Eine junge Frau raucht eine Zigarette. (Archivbild) Bild: Martin Ruetschi/Keystone
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Die Geschichte über die Werbeverbote für Tabak ist eine mit besonders vielen Wendungen. Seit Freitag ist sie um eine eigentümliche Episode reicher. Der Bundesrat lehnt die Volksinitiative ab, welche Tabakwerbung verbieten will, wenn diese Minderjährige erreicht. Das Begehren aus Gesundheits- und Jugendschutzkreisen würde faktisch einem kompletten Werbeverbot entsprechen, hält der Bundesrat fest. Auch auf einen Gegenvorschlag verzichtet er.

Gleichzeitig fordert die Regierung das Parlament in einem bemerkenswerten Schritt dazu auf, das hängige Tabakgesetz im Sinn der Initiative zu verschärfen. «Der Bundesrat wird sich in der weiteren parlamentarischen Debatte dafür einsetzen, den Jugendschutz nochmals zu verstärken, etwa mit dem Verbot von Tabakwerbung im Kino und auf Plakaten», heisst es in seiner Mitteilung.

Die Volte im Ständerat

Es wäre der grosse Triumph von Gesundheitsminister Alain Berset, wenn das gelingen sollte. Zeigen wird es sich im kommenden Jahr; der Nationalrat dürfte sich ab Frühling mit dem Tabakproduktegesetz befassen. Berset hatte schon 2015 ein Gesetz vorgeschlagen, das Tabakwerbung auf Plakaten, in der Presse, im Kino sowie im Internet und bei internationalen Anlässen verbieten sollte. Das Parlament schickte die Vorlage an den Bundesrat zurück mit dem Auftrag, auf die Werbeverbote zu verzichten.

Doch beim zweiten Anlauf in diesem Jahr fügte der Ständerat fast sämtliche Werbeverbote plötzlich selbst wieder in das Gesetz ein. Zuvor hatte der Tabakkonzern Philip Morris zwei Faux-pas begangen: Er wollte den Schweizer Pavillon an der Weltausstellung 2020 sponsern, was der Bund nach anfänglichem Interesse ablehnte. Und am Tag des Nichtrauchens schaltete der Konzern eine riesige Inseratekampagne für sein neues Produkt, bei dem Tabak nur erhitzt statt verbrannt wird. Die Werbeoffensive bewog die Ständeräte, gleich auch das Sponsoring von staatlichen Anlässen zu verbieten.

Initiative wirkte entscheidend

Wesentlich war aber auch der Druck, den Präventionskreise mit der Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» aufbauten. Der Berner SP-Ständerat Hans Stöckli, Präsident des Trägervereins, sagt, er sei von der Antwort des Bundesrats sowohl enttäuscht als auch erfreut. Enttäuscht wegen des Nein und erfreut, «weil der Bundesrat gewillt ist, die materiellen Forderungen der Initiative umzusetzen», sagt Stöckli.

Da klingt schon mit, dass die Initiative zurückgezogen werden könnte, wenn ihre Anliegen erfüllt sind. «Darüber können wir erst entscheiden, wenn das Gesetz von beiden Räten verabschiedet und die Referendumsfrist verstrichen ist», sagt Stöckli. Schliesslich will er sein Druckmittel nicht frühzeitig aus der Hand geben. Es sei auch durchaus möglich, dass das Referendum ergriffen werde, so Stöckli. Entscheidend für die Initianten seien ein effektiver Jugendschutz und ein Gesetz, das die Anti-Tabak-Konvention der Weltgesundheitsorganisation WHO einhält, damit die Schweiz diese ratifizieren kann.

Gewerbeverband wettert

Die Präventionskreise haben noch keineswegs gewonnen. Zwar dürfte das neue Parlament nach dem Linksrutsch empfänglicher sein für Werbeverbote als das vorherige, insbesondere der Nationalrat. Doch geben sich die politischen Gegner nicht einfach so geschlagen. Der Schweizerische Gewerbeverband schaltete sich am Freitag per Medienmitteilung ein. Er sei «enttäuscht, dass sich der Bundesrat aktiv in die aktuelle parlamentarische Debatte des Tabak­produkte­gesetzes einmischt». Tabakprodukte seien bereits heute stark reguliert, schreibt der Gewerbeverband. «In einer freien Marktwirtschaft muss es möglich sein, legale Produkte zu bewerben.» Strikte Werbeverbote führten, wie das Beispiel Frankreich zeige, nicht zwingend zu einem Verbrauchsrückgang.

Nicht Werbung sei es, die Jugendliche zum Rauchen bringe, sondern Neugier, Gruppendruck und Umfeld, argumentiert der Gewerbeverband: «Es ist nun am Nationalrat, sich weder vom Bundesrat noch von der WHO erpressen zu lassen und ein verhältnismässiges Tabakproduktegesetz ohne pauschale und ausufernde Werbeverbote zu beschliessen.»