Missstände bei RTSDrei Untersuchungen gehen den Vorwürfen der Belästigung nach
Das Westschweizer Fernsehen lässt mögliche Missstände im eigenen Betrieb intensiv aufarbeiten und untersuchen. Erste Ergebnisse werden im nächsten Februar erwartet.
Zwei externe Stellen untersuchen die kürzlich bekannt gewordenen Belästigungsvorwürfe bei Radio Télévision Suisse (RTS). Die interne Revision der SRG überprüft zudem mit externer Unterstützung die vorhandenen Instrumente zum Schutz der persönlichen Integrität der Mitarbeitenden.
Wie RTS am Montagnachmittag mitteilte, wurden neben der internen Revision die Genfer Anwältinnenkanzlei «Troillet Meier Raetzo» und die unabhängigen Experten Muriel Epard und Stanislas Zuin beauftragt. Damit würden drei unabhängige Untersuchungen gestartet.
Der ganze Verwaltungsrat und er selber stünden ein für eine lückenlose, unabhängige Untersuchung der Fälle bei RTS sowie der Verantwortlichkeiten und der Tauglichkeit der vorhandenen Instrumente zum Schutz der persönlichen Integrität, lässt sich SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina in der Mitteilung zitieren. Das sei man den Betroffenen schuldig. (Lesen Sie auch unseren Artikel: Die Mauer des Schweigens bricht).
Unterschiedliche Mandate
Die auf Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei «Troillet Meier Raetzo» soll dabei die Ende Oktober bekannt gewordenen Fälle bei RTS «aufrollen und untersuchen». Die Zeitung «Le Temps» hatte damals unter Berufung auf anonyme Quellen enthüllt, dass es innerhalb von RTS während Jahren zu Mobbing und zu sexueller Belästigung gekommen sein soll.
Die Befragten berichteten in der Recherche von offener Belästigung, ungewollten Küssen, anzüglichen Kommentaren und systematischem Machtmissbrauch. Angeschuldigt wurden drei Mitarbeiter, darunter Darius Rochebin, langjähriger Moderator der RTS-Tagesschau. Die Direktion und die Personalverantwortlichen von RTS hätten konsequent weggeschaut. (Vgl. dazu unseren Kommentar: Die Zeit des Kuschens ist vorbei).
Rochebin, der seit Herbst beim französischen Nachrichtensender LCI eine Talk-Show mit berühmten Persönlichkeiten moderiert, hat unterdessen eine Verleumdungsklage gegen «Le Temps» eingereicht.
Ergebnisse voraussichtlich im Februar
Muriel Epard, die ehemalige Präsidentin des Kantonsgerichts Waadt, und Stanislas Zuin, ehemaliger Präsident des Genfer Rechnungshofs, sollen jetzt untersuchen, ob die Rollen und Verantwortlichkeiten in den RTS-Fällen klar geregelt waren. Ausserdem sollen sie klären, ob die Verantwortung von Führungspersonen und Fachstellen genügend wahrgenommen wurde.
Die beauftragten Stellen und Personen werden laut Medienmitteilung vom Montag jeweils einen Bericht zuhanden des SRG-Verwaltungsrates verfassen. Voraussichtlich im Februar 2021 sollen Sozialpartner, Mitarbeitende der SRF und die Öffentlichkeit darüber informiert werden.
Auf die Anschuldigungen reagierten die RTS-Direktion und der SRG-Verwaltungsrat Anfang November mit der Bekanntgabe, dass die beiden Führungskräfte vorübergehend suspendiert und zwei unabhängige Untersuchungen eingeleitet wurden. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Am vergangenen Mittwoch wurde zudem bekannt, dass sich der Chefredaktor der Nachrichtensendungen beim Westschweizer Fernsehen, Bernard Rappaz, während der bei RTS eingeleiteten Untersuchungen temporär zurückziehe. Die Leitung der Redaktion werde von den stellvertretenden Redaktionschefs übernommen.
SDA/fal
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