Streit um RahmenabkommenDrei unterschiedliche Positionen bei den Sozialpartnern
Die Verbände sind sich uneins, wie es mit den bilateralen Beziehungen zur EU weitergehen soll. Economiesuisse ist zunehmend alleine mit der Forderung, das Abkommen müsse rasch unterzeichnet werden.
Der Unmut war Heinz Karrer, noch bis Ende Monat Präsident von Economiesuisse, anzuhören. Am Sonntagabend sagte er gegenüber Radio SRF, der Zeitpunkt des Briefes der Sozialpartner an den Bundesrat sei «mehr als unglücklich». Am Freitag hatte SRF ein Schreiben publik gemacht, in dem die Sozialpartner dem Bundesrat von ihren Gesprächen über das Rahmenabkommen berichten. Der Tenor ist klar: Der Lohnschutz muss ausdrücklich ausgeklammert werden, sonst ist das Abkommen nicht mehrheitsfähig.
Was die Sozialpartner auch betonen: Das Problem ist nicht nur der Lohnschutz. Ebenso problematisch ist die vorgesehene Streitschlichtung mit dem Gerichtshof der EU (EuGH). Während der Gewerbeverband, der Gewerkschaftsbund und Travailsuisse einen neuen «klassisch bilateralen Streitbeilegungsmechanismus» fordern, begnügt sich der Arbeitgeberverband mit «völkerrechtlichen Absicherungen» für das aktuelle Schutzniveau.
Karrer spielt den Streit herunter
Doch auch diese Position der Arbeitgeber bedeutet Nachverhandlungen, welche die EU offiziell ausschliesst und welche der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ebenfalls ablehnt. Der Verband findet nämlich, es brauche nur drei «Klarstellungen». Steht der Wirtschaftsdachverband also alleine da mit seiner Forderung nach baldiger Unterzeichnung?
Heinz Karrer spielt den Streit herunter. Die Aussage habe sich auf den Zeitpunkt des Briefes bezogen. «Ich fand es falsch, mitten im Abstimmungskampf dem Bundesrat mitzuteilen, dass man eigentlich nichts erreicht hat.» Die im Brief erwähnte Haltung sei aber nicht neu. Und auch Economiesuisse bleibe bei ihrer Position. «Es braucht zuerst in den drei offenen Punkten Klärungen, wie vom Bundesrat beabsichtigt», sagt Karrer. Die Frage der Streitschlichtung ist für Economiesuisse kein Thema.
Beim Arbeitgeberverband, der in Zürich an der gleichen Adresse wie Economiesuisse zu Hause ist, will man von einem Zwist ebenfalls nichts wissen. Sprecher Fredy Greuter betont, der Verband unterstütze den Grundsatz des Rahmenabkommens, dass das Recht der Schweiz dynamisch an jenes der EU angeglichen werden müsse. Ob die geforderte «völkerrechtliche Absicherung» wirklich Nachverhandlungen erfordere, das werde man dann sehen.
Beim Gewerkschaftsbund tönt das schon seit langem anders. Schon vor einem Jahr kritisierte SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard die Rolle des EU-Gerichtes im Abkommen. Dies weil die Schweiz dann ihren Lohnschutz nicht mehr eigenständig regeln könne und beim EuGH kontrolliert werde, eine Rolle, die nicht einmal dem Bundesgericht zukomme. Am Freitag forderte Daniel Lampart, Chefökonom des SGB, Nachverhandlungen, die das Abkommen «fundamental verbessern». Und Hans-Ulrich Bigler, Direktor des Gewerbeverbandes, will eine Streitschlichtung ohne den EuGH.
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