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Nächste Schritte in der Europapolitik
Mitte Oktober will der Bundesrat das heikle Dossier anpacken

Freude nach dem Abstimmungssieg: Justizministerin Karin Keller-Sutter (vorne) lacht mit Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga, Bundesrat Alain Berset und Bundesrätin Viola Amherd (von rechts) am Ende der Medienkonferenz zu den Volksabstimmungen vom Sonntag, 27. September.
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Jetzt rasch auf zum nächsten Schritt der europäischen Integration: Das forderte die Neue Europäische Bewegung Schweiz am Sonntag, kaum waren die 61,7 Prozent Nein-Stimmen zur SVP-Initiative gegen die Personenfreizügigkeit Tatsache (lesen Sie hier nach, wie das Resultat zustande kam). Und die Grünliberalen verlangten, das Rahmenabkommen mit der EU sei bis Ende Jahr dem Parlament vorzulegen.

Die Vorwärts-Rufe lässt der Bundesrat ungerührt an sich abprallen. Obwohl er jüngst mehrere europapolitische Klausuren abgehalten hat, will er noch einmal über die Bücher, bevor er mit der EU das Gespräch sucht. Justizministerin Karin Keller-Sutter sagte am Sonntag: «Der Bundesrat wird die Position der Schweiz in den nächsten Wochen festlegen.» Gemäss Quellen in Bern wird an der übernächsten Sitzung Mitte Oktober die Neuorganisation des Aussendepartements beraten. Erst danach wird sich klären, ob Staatssekretär Roberto Balzaretti weiterhin die Verhandlungen mit der EU führt.

Zum gemächlichen Tempo passt der nüchterne Ton, den die Justizministerin anschlug. Volk und Stände hätten sich einmal mehr für solide bilaterale Beziehungen «mit unserem wichtigsten Handelspartner» ausgesprochen, sagte Keller-Sutter, und vermied es tunlichst, von der Abstimmung auf das Rahmenabkommen zu schliessen.

Mehrheit verlangt Verbesserungen

Der Bundesrat geht so vorsichtig vor, weil das Rahmenabkommen Argwohn weckt. Laut einer repräsentativen Umfrage von Tamedia und «20 Minuten» fordern 52 Prozent der über 15’000 Befragten Präzisierungen oder Neuverhandlungen. Nur 16 Prozent wollen das Abkommen unterzeichnen, 18 Prozent hingegen lehnen es endgültig ab.

Wohl ist die Angst vor der Referendumsmacht der SVP etwas verblasst. Doch nicht einmal die FDP, die Partei von Aussenminister Ignazio Cassis, spricht sich uneingeschränkt für das Abkommen aus. «Die Position der FDP ist unverändert: Der Bundesrat muss jetzt mit Brüssel über Präzisierungen beim Lohnschutz, der Unionsbürgerrichtlinie, den staatlichen Beihilfen und den Ausgleichsmassnahmen reden», sagt Ständerat Damian Müller, Aussenpolitiker der Partei.

Die CVP schreibt, sie unterstütze «das Prinzip eines Rahmenabkommens, aber nicht um jeden Preis». Die SP interpretiert das Abstimmungsresultat wie die Grünen als Zeichen für einen starken Lohnschutz. Darauf pochen auch Gewerkschaften und Arbeitgeber: Sie würden des Lohnschutzes wegen den Vertrag am liebsten ganz neu aushandeln.

Brüssel: «Ein grosser Tag»

Überschwänglicher reagiert die EU. Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni freute sich über den «schönen demokratischen und europäischen Sonntag im Land der Referenden». EU-Ratspräsident Charles Michel sah einen «grossen Tag für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz».

Die Schweiz und die EU seien weit mehr als nur Nachbarn, schrieb Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: «Die Bürgerinnen und Bürger der Schweiz haben heute gezeigt, dass sie diese enge Beziehung schätzen.» Der Bundesrat könne nun «zügig vorankommen»: «Es geht um die Unterzeichnung des internationalen Rahmenabkommens, das wir 2018 fertig ausgehandelt haben.»

Signale der Ungeduld

Leichte Ungeduld signalisiert auch, dass die im Januar übermittelte Haltung «unverändert noch heute» gelte. Damals hatte Von der Leyen Neuverhandlungen eine Absage erteilt und die Schweiz gedrängt, Klärungswünsche zu den Streitpunkten Lohnschutz, Staatsbeihilfen und Unionsbürgerrichtlinie rasch zu präsentieren.

Nicht gut ankommen dürfte in Brüssel, dass sich der Bundesrat nun noch einmal Zeit nehmen will. Andreas Schwab, Vorsitzender der zuständigen Delegation im Europaparlament, forderte den Bundesrat auf, das Verhandlungsergebnis mit der EU «mutiger» zu verteidigen und zu erklären. Dieser müsse das Abkommen «zeitnah» unterzeichnen, um die erfolgreiche Geschichte der Bilateralen weiterschreiben zu können.