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Untersuchung der Partys
Downing Street bekommt einen Sittenwächter

Partygate setzt dem Premier gefährlich zu: Boris Johnson muss sich im Parlament gegen schwere Vorwürfe verteidigen. 
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Die Frage ist simpel, aber das heisst nicht, dass sie leicht zu beantworten ist. Hat Boris Johnson seine eigenen Regeln gebrochen? Die Frage ist gerade sehr präsent in London, zumal sie Johnson in einer ernsten Lage trifft. Das Vertrauen der Menschen in den Premier war noch nie geringer, er muss sich diversen Anschuldigungen stellen, in den eigenen Reihen wächst der Widerstand, und wenn nun tatsächlich Ende vergangenen Jahres auch noch Partys in Downing Street gefeiert wurden, während genau das im restlichen Land verboten war, könnte Johnson sein Amt los sein.

Die Frage wäre also eine wunderbare Vorlage für Keir Starmer, Labour-Chef und Oppositionsführer im britischen Unterhaus. «Hat Boris Johnson seine eigenen Regeln gebrochen, Sir Keir?», fragte ihn nun der BBC-Moderator am Sonntagmorgen. Aber Starmer ist Jurist, er lässt sich nicht festnageln. «Es sieht so aus», sagte Starmer, weiter wollte er nicht gehen. Juristen halten sich bedeckt während einer laufenden Untersuchung, Starmer schob die Frage daher lieber weiter zu jenem Mann, der seit ein paar Tagen plötzlich im Rampenlicht seht: Kabinettssekretär Simon Case.

Steht plötzlich im Rampenlicht: Kabinettssekretär Simon Case untersucht die mutmasslichen Partys in Downing Street . 

Das Amt des Kabinettssekretärs ist ein angesehener Posten im Vereinigten Königreich, ein gut bezahlter zudem, der Jahreslohn liegt offiziell bei rund 250’000 Franken. Aber es ist kein Amt für die grosse Bühne, was auch daran liegen mag, dass es gar nicht so einfach ist, zu erklären, was der Kabinettssekretär eigentlich macht. Er ist der höchste Beamte im Staat, seine Aufgabe ist es, den Premierminister und sein Kabinett bei der Umsetzung von politischen Entscheidungen zu beraten und organisatorisch zu unterstützen. Man könnte auch sagen, er ist eine Mischung aus Hausmeister und Teammanager.

Weil er aber keine politische Agenda haben darf, wird er als unabhängig betrachtet. Deshalb ist er die logische Anlaufstelle, wenn der Premier Untersuchungen beauftragen muss – wie nun über die etwaigen Zusammenkünfte. Gleichzeitig arbeitet der Kabinettssekretär eng mit dem Regierungschef zusammen, weshalb genau beobachtet wird, wie unabhängig Case beim wichtigsten Auftrag seiner Karriere tatsächlich agiert. Das Rampenlicht kann da zur Verhörlampe werden.

Er war der jüngste Kabinettssekretär seit mehr als hundert Jahren.

Allerdings hat Case trotz seines jungen Alters schon einen Karriereweg hinter sich, der erklärt, warum er bisher den Eindruck vermittelt, dass ihn Scheinwerfer nicht aus der Ruhe bringen. Simon Case, geboren am 27. Dezember 1978 in Bristol im Südwesten Englands, war 41, als er im September vergangenen Jahres sein Amt antrat. Er war der jüngste Kabinettssekretär seit mehr als hundert Jahren.

Case hat Geschichte in Cambridge studiert und später einen Doktortitel in Philosophie an der Queen-Mary-Universität in London erworben, anschliessend trat er in den öffentlichen Dienst ein. Von 2015 bis 2017 war er Privatsekretär von Premier David Cameron sowie dessen Nachfolgerin Theresa May, ehe er für kurze Zeit als Direktor für Nordirland und Irland arbeitete. 2018 verliess Case den öffentlichen Dienst und wurde Privatsekretär von Prinz William. 2020 kehrte er zurück.

Gegen die Frivolität in Downing Street

Case soll nun drei vermeintliche Partys untersuchen, auch, wer dabei anwesend war. Das Gerücht, er sei selbst bei einer mit dabei gewesen, wurde früh dementiert. Sollte er zum Schluss kommen, dass Regeln gebrochen wurden, dürfte jeder, den Case auf seiner Liste notiert, vor der Kündigung stehen. Es heisst, Johnson sei willens, Mitarbeiter zu opfern, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass er etwas gegen die Frivolität in Downing Street unternehme.

Es sei «ein Privileg», dieses Amt übernehmen zu dürfen, hatte Case bei seiner Ernennung gesagt. Da wusste er noch nicht, dass kurz vor Weihnachten 2021 zu seiner Rolle als Hausmeister und Teammanager noch eine dritte, weitaus unangenehmere hinzukommen würde: Er ist jetzt auch noch der Sittenwächter von Downing Street.