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Briten-Premier in Bredouille
Boris Johnson muss an drei Fronten kämpfen

Klares Votum gegen Boris Johnson: Ein Demonstrant vor dem Parlament in London prangert den «Partygate»-Premier an.
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Die Glaubwürdigkeit von Boris Johnson ist arg angeschlagen. Der Premierminister muss sich gleichzeitig gegen mehrere Vorwürfe wehren. So soll er einen Untersuchungsausschuss belogen haben, was die Bezahlung enormer Renovierungskosten für seine Dienstwohnung in der Downing Street betrifft. Johnson wird zudem vorgeworfen, von den möglicherweise illegalen Weihnachtspartys vor einem Jahr gewusst zu haben.

Nicht zuletzt um von diesem Skandal abzulenken, habe er jetzt der Nation plötzlich schärfere Massnahmen gegen die Pandemie verordnet, klagen viele Tory-Abgeordnete. Sie lehnen die neuen Restriktionen rundweg ab und wollen nächsten Dienstag gegen sie stimmen im Parlament.

Ganz allgemein sieht Johnson das Vertrauen in seine Person rapide schwinden. Letzten Umfragen zufolge sind mehr als zwei Drittel der britischen Bevölkerung davon überzeugt, dass man dem Regierungschef nicht glauben kann. Und erstmals in diesem Jahr liegt die oppositionelle Labour-Partei in der Wählergunst mit einem deutlichen Vorsprung von vier bis sechs Prozentpunkten vor den Konservativen.

«Ist das der Anfang vom Ende für Boris?»

«Daily Telegraph», rechtskonservative Zeitung

Immer mehr Tories äussern sich ungeniert kritisch über ihren Parteichef. Die Stimmung in der Partei sei «hundsmiserabel», ist in Westminster zu hören. Etliche Tory-Abgeordnete sollen bereits eine Misstrauensabstimmung gefordert haben in der Fraktion. Selbst der rechtskonservative «Daily Telegraph», für den Johnson einst gearbeitet hatte, stellte diese Woche die Frage: «Ist das der Anfang vom Ende für Boris?»

Ein Bericht einer Untersuchungskommission hat Johnsons Lage nochmals verschlechtert. Der Premier soll widersprüchliche und irreführende Aussagen gemacht haben im Zusammenhang mit der Finanzierung einer kostspieligen Neudekoration seiner Dienstwohnung in der Downing Street. So erklärte Johnson, er habe bis im Februar dieses Jahres nicht gewusst, dass anfangs reiche Gönner diese Renovierung finanziert hatten.

Tatsächlich scheint er aber bereits im November 2020 einen dieser Gönner, Lord Brownlow, um zusätzliche Gelder angegangen zu sein. Zuvor hatte er Brownlow einen attraktiven Posten angeboten, als Chef des für anonyme Spenden zuständigen Downing-Street-Fonds. Labours Vizechefin Angela Rayner sagte, Johnson müsse «jetzt erklären, warum er die britische Öffentlichkeit angelogen hat und alle Welt zum Narren hält». (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Ex-Premier bezeichnet Johnson-Regierung als korrupt».)

Unterdessen wird der Premier auch beschuldigt, von Weihnachtspartys in Downing Street und in anderen Teilen des Regierungsviertels Whitehall gewusst zu haben. Damals, im Dezember 2020, hatte die Regierung der Nation einen strikten Lockdown verordnet. In einem Fall soll Johnson persönlich teilgenommen haben.

Eine dieser Partys hat in den letzten Tagen schon sehr viel Unruhe verursacht, nachdem ein damals aufgezeichnetes Video der feiernden Regierungsmitarbeiter veröffentlicht wurde. Dieses Dokument eines feucht-fröhlichen Festes löste in ganz Grossbritannien zornige und empörte Reaktionen aus. Für die Regierung habe in jenem Lockdown-Winter «ein Gesetz gegolten und für die Bevölkerung ein anderes». (Lesen Sie dazu auch den Artikel «Johnson entschuldigt sich für Witze, Sprecherin tritt zurück».)

Unter dem Eindruck des Party-Skandals nimmt in der Tory-Partei der Ärger nochmals zu. Denn Premier Johnson hat neue Corona-Regeln erlassen, die er kurz zuvor noch abgelehnt hatte. Seit heute Freitag gilt unter anderem erneut eine Maskenpflicht für den Besuch vieler öffentlicher Räumlichkeiten. Und für bestimmte Veranstaltungen ist das Vorzeigen von Covid-Pässen geplant.

Viele Forscher und Experten halten diese Massnahmen wegen des Omikron-Virus für dringend nötig. Sie wünschten sich eigentlich noch schärfere Restriktionen, weil sie eine gewaltige neue Infektionswelle am Jahresende erwarten. Dutzende Tory-Abgeordnete, meist vom rechten Parteiflügel, lehnen aber schon die relativ milden Massnahmen ab. Sie wollen Johnson ihre Unterstützung versagen. Selbst Wirtschafts-Staatssekretär Paul Scully räumte heute ein, «dass dies eine schwierige Woche für die Regierung war».