Schweizer in Schweden«Hier wird nicht zwischen Einheimischen und Ausländern unterschieden»
Eishockeyprofi Dominik Egli geht einen seltenen Weg: Er wechselte aus der Schweiz nach Schweden. Bei Frölunda in Göteborg will er seinem grossen Traum einen Schritt näher kommen.
- Dominik Egli wechselte von Davos zu Frölunda, trotz finanzieller Einbussen.
- In Schweden will Egli seine defensiven Fähigkeiten weiterentwickeln.
- Frölundas Trainer Rönnberg setzt auf intensives Off-Ice-Training, auch während der Saison.
- Egli fühlt keinen Druck, der einzige Nicht-Skandinavier im Team zu sein.
In der Schweiz wird von ausländischen Spielern Aussergewöhnliches erwartet. Oft auch Unrealistisches. Sie geraten häufiger in die Kritik als Einheimische. Dennoch kommen sie gerne, vor allem Schweden (30) und Finnen (32) sind unter den Imports bei den 14 National-League-Clubs zu finden.
Der Hauptgrund: Ausserhalb Russlands, das seit dem Ukraine-Krieg keine begehrte Destination mehr ist, werden im europäischen Eishockey die höchsten Löhne in der Schweiz gezahlt. Und so strömen die besten Schweden und Finnen ausserhalb der NHL hierher.
Einer ging den umgekehrten Weg: Dominik Egli wechselte im Sommer von Davos zu Frölunda nach Göteborg. Er unterschrieb beim Traditionsclub und Rekordsieger der Champions Hockey League und nahm finanzielle Einbussen in Kauf. «Es ging mir nicht ums Geld», sagt der 26-jährige Verteidiger.
Die Tipps von Martin Plüss
Ein Abenteuer in Schweden reizte Egli schon lange. Auf den Geschmack brachte ihn sein früherer Berater Martin Plüss, der von 2004 bis 2008 bei Frölunda spielte. Plüss, Marcel Jenni, Severin Blindenbacher, Patrick von Gunten, Martin Gerber: Schweizer Profis, die aus der Heimat nach Schweden wechselten, können an einer Hand abgezählt werden. Andere wie Dean Kukan, Kevin Fiala, Ken Jäger oder Lian Bichsel gingen schon als Junioren, um von der exzellenten Ausbildung zu profitieren.
Auch Egli will in Schweden besser werden und an Defiziten arbeiten. Mit seinem Offensivspiel gehörte er in der Schweiz bereits zu den Besten. Auch in Schweden braucht er sich diesbezüglich nicht zu verstecken. Er hat bei Frölunda eine entsprechende Top-Rolle erhalten: Er verteidigt im ersten Paar mit Henrik Tömmernes, der vor seiner Rückkehr in die Heimat in Genf jahrelang bester Abwehr-Allrounder der National League war. Dank seinem guten Schuss ist Egli zudem im 2. Powerplay-Block gesetzt auf einer Position, die normalerweise Stürmer einnehmen.
Doch sein Fokus gilt nun auch den defensiven Fähigkeiten und dem Spiel ohne Puck. «Ich will mehr als nur ein guter Offensivverteidiger sein», sagt er. Egli schielt auch Richtung Nationalteam. Vor der WM in Prag war er einer der Letzten beim Cut. Es hat in der Regel Platz für zwei offensive Verteidiger mit Einsatz im Powerplay, nebst Roman Josi gab es für Egli auch an Romain Loeffel kein Vorbeikommen.
Als die Zusammenarbeit mit Plüss begann, hätten sich die Gespräche häufig um ein Thema gedreht, erzählt Egli: «Wie entwickle ich mich als Spieler und Person? Was ist dabei der nächste Schritt?» Der Wechsel von Rapperswil, wo ihm der Durchbruch gelang, zum namhafteren Club Davos sei so ein Schritt gewesen, ein Vertrag in Schweden ein weiterer.
Kommen Schweden in die Schweiz, sprechen sie meist vom «wilderen» Eishockey in der National League. «Du musst ständig auf alles gefasst sein», sagte kürzlich Victor Ejdsell, der von Färjestad nach Bern kam. «Er beschreibt es gut», sagt Egli. Ihm ist umgekehrt das strukturiertere Spiel in der SHL sofort aufgefallen: «Viele Teams haben dasselbe System, die Spieler sind zudem systemtreu. Es ist schwierig, Chancen zu kreieren.»
In der Schweizer Liga mögen bessere Einzelspieler sein, sagt Egli. Auch wegen der Ausländer, die nach Kriegsbeginn aus der KHL in die National League kamen. «Aber in der SHL ist die Ausgeglichenheit über alle Linien gesehen grösser. Dazu werden die Zweikämpfe härter geführt, und es gibt mehr davon entlang der Banden.»
Es sind diese Situationen, in denen Egli nun besser werden will. Mit bloss 1,74 Metern ist gegen meist grössere und schwerere Gegner nur intelligentes Zweikampfverhalten zielführend. Der Aspekt der Kraft kommt dabei aber nicht zu kurz. Im Gegenteil.
Frölundas Cheftrainer Roger Rönnberg ist berüchtigt für sein hartes Off-Ice-Training. Egli verbrachte bereits den Sommer in Göteborg und bestätigt intensivere Einheiten als gewohnt. Speziell ist zudem, dass unter Rönnberg das harte Training mit Fokus auf Kraft und Gewichte nicht endet, sobald die Saison beginnt. Es wird nahtlos in angepasster Form weitergeführt.
An neuen Herausforderungen mangelt es Egli also nicht. Zählt man die zwei Finnen zu den Skandinaviern (linguistisch versierte Nordeuropa-Experten mögen es verzeihen), ist Egli inklusive des rein schwedischen achtköpfigen Coaching-Staffs genau dies: einziger Nicht-Skandinavier im ganzen Team – mit dem norwegischen Ersatzgoalie findet sich zudem nur ein weiterer Ausländer.
Deswegen spüre er keinen zusätzlichen Druck, sagt Egli: «Ich habe nicht das Gefühl, dass hier zwischen Einheimischen und Ausländern unterschieden wird.» Es kommt vor, dass der Trainer Anweisungen nur auf Schwedisch gibt. Egli kommt entgegen, dass Rönnberg nächste Saison zu Fribourg-Gottéron wechseln wird und nicht zuletzt als Übung nun häufiger auf Englisch kommuniziert. Dennoch lernt Egli Schwedisch: Gemeinsam mit seiner Freundin und Gian Meier, einem Schweizer U-20-Spieler Frölundas, nimmt er Unterricht bei einem Studenten.
Egli erlebt auch hautnah mit, mit welcher Selbstverständlichkeit junge Spieler gute Rollen im Team einnehmen: Fünf Spieler mit Jahrgang 2004 oder jünger sind in Frölundas Stammkader. Das ist in der SHL nichts Spezielles: Als letzte Saison Servette mit seinen Top-Finnen im Champions-League-Final Skelleftea 3:2 besiegte, waren die fünf U-20-Spieler der Schweden nur eine bemerkenswerte Randnotiz. Was auch Egli auffällt: «Man hat hier viel breitere Kader wegen der Junioren. Und sie sind nicht einfach nur dabei, sondern sind körperlich so richtig parat.»
Das Interesse aus der Schweiz
In der Schweizer Eishockey-Szene wird Eglis Weg mit Interesse beäugt. Zum Beispiel von Marco Lehmann. Beim SCB hat sich der Stürmer in seinem bis 2029 verlängerten Vertrag eine Klausel notieren lassen, die ihm 2027 einen Wechsel nach Schweden oder Finnland erlaubt. Auch er ist ehemaliger Schützling von Plüss und ein guter Kollege Eglis.
Dessen Vertrag bei Frölunda läuft 2026 aus. Es sei offen, was dann geschehe, sagt Egli. Er weiss, dass er mit seinen Stärken in der Schweiz jederzeit einen guten Vertrag unterschreiben kann. Er träumt aber grösser. Seine ungewöhnliche Rückennummer 46 trägt er zu Ehren Jared Spurgeons – der Kanadier ist quasi Eglis NHL-Klon: ein rechts schiessender Verteidiger mit fast exakt gleichen Massen.
Aus dem früheren Offensivverteidiger ist mit 34 Jahren ein defensiv starker Abwehrspieler geworden, der mittlerweile Captain der Minnesota Wild ist. Er hat auch Egli gezeigt: Diese grosse Herausforderung ist für kleine Verteidiger zu meistern. «Er inspiriert mich als Spieler und Person», sagt Egli. «Und er ist ein Grund, warum ich immer noch an eine Chance in Nordamerika glaube.»
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