Das Neuste zum Fall DjokovicGlutenfreies Essen und Laptop – sowie Livestream vom Gerichtstermin
Novak Djokovic wurden im Ausschiebehotel in Melbourne Extrawünsche erfüllt. Am Sonntag um Mitternacht entscheidet ein Gericht über seinen Verbleib in Australien.
Es ist schon eine sehr wilde Geschichte. Und mit jedem neuen Kapitel wird die versuchte Einreise von Novak Djokovic in Australien noch ein wenig verrückter.
Die neuste Episode geht so: Die serbische Regierung hat erreicht, dass es der Weltnummer 1 im Ausschiebehotel etwas besser geht. «Wir haben es geschafft, ihm glutenfreies Essen zu liefern, Trainingsgeräte zu besorgen, sie gaben ihm einen Laptop, eine Sim-Karte, um mit seiner Familie in Kontakt zu bleiben», sagte Serbiens Premierministerin Ana Brnabic serbischen Medienberichten zufolge am Samstag. Sie habe diese Verbesserungen für den in einem Hotel für Asylbewerber untergebrachten Spitzensportler mit der australischen Regierung vereinbart, sagte die Politikerin weiter.
Ebenfalls am Samstag gaben Djokovics Anwälte bekannt, dass sich der Serbe im Dezember des vergangenen Jahres mit dem Coronavirus infiziert hat. Ein erster positiver PCR-Test datiere vom 16. Dezember, heisst es in den am Samstag eingereichten Gerichtsunterlagen. Und dieser positive Test sei auch der Grund gewesen für die erteilte Ausnahmebewilligung zur Einreise nach Australien.
An der Darstellung von Djokovics Anwälten bestehen allerdings Zweifel. Einerseits stellt sich die Frage, weshalb die Weltnummer 1 des Tennis seine zweite Corona-Infektion nicht schon viel früher bekannt gegeben hat – zum ersten Mal hatte sich der 34-Jährige im Juni 2020 während seiner heftig kritisierten Adria Tour angesteckt und das Ergebnis kurz darauf auch gleich selbst bekanntgegeben.
Anderseits sind nach der jüngsten Behauptung der Anwälte schnell Bilder aufgetaucht, die Djokovic am Tag des angeblich positiven Tests und auch am Tag danach bei öffentlichen Auftritten zeigen. Am 17. Dezember präsentierte Djokovic stolz die von der serbischen Post gestaltete Briefmarke mit seinem Konterfei.
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Zudem verwies Tennis-Enthüllungsreporter Ben Rothenberg auf Fotos, die Djokovic am 17. Dezember ohne Maske mit jungen serbischen Tennisspielern zeigen.
Es ist denkbar, dass Djokovic bei der Briefmarken-Präsentation noch nichts vom positiven Test wusste. Aber gilt das auch noch für den Tag danach?
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Kommt dazu, dass Djokovic am 18. Dezember in Belgrad an einem Fotoshooting für eine Auszeichnung der Sportzeitung «L’Equipe» teilnahm. Hatte er also fahrlässig gehandelt und in Kauf genommen, andere anzustecken?
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Gerichtstermin soll weltweit gestreamt werden
Die Weltnummer 1 war am Mittwoch ungeimpft nach Australien gereist. Er glaubte, dank seiner angeblichen Corona-Infektion mit einer Ausnahmebewilligung ins Land einreisen und ab 17. Januar beim Australian Open teilnehmen zu dürfen. Das unterband die Grenzwache, weil gemäss geltenden australischen Regeln eine doppelte Impfung zwingend ist – Ausnahmen für Ausländer gibt es nur bei komplexen medizinischen Fällen.
Seit der verhinderten normalen Einreise befindet sich Djokovic im Park Hotel von Melbourne. Seine Anwälte haben eine gerichtliche Anhörung erwirkt, der Termin ist auf Montagvormittag angesetzt (10.00 Uhr/0.00 Uhr MEZ). Dann soll entschieden werden, ob Djokovic das Land verlassen muss oder doch bleiben darf. Am Samstag wurde zudem publik, dass die gesamte Anhörung via dem Streamingdienst Microsoft Teams weltweit verfolgt werden kann. So zumindest steht es auf der offiziellen Seite des Gerichts in Melbourne – Link zum Stream inklusive.
Am Australian Open würde er als Titelverteidiger an den Start gehen. Und er könnte als erster Spieler überhaupt zum 21. Mal ein Grand-Slam-Turnier gewinnen.
Der australische Tennisverband hat unterdessen jede Schuld an der drohenden Abschiebung des Tennis-Stars von sich gewiesen. «Es wird viel mit dem Finger auf andere gezeigt, und es werden viele Schuldzuweisungen gemacht», sagte Verbandschef Craig Tiley in einem internen Video, das der Zeitung «Sunday Herald Sun» am Samstag zugespielt wurde. Die Organisation habe sich entschieden, das Thema wegen Djokovics Klage nicht öffentlich anzusprechen, sagte Tiley. Sein Team habe jedoch «alles getan, was es tun konnte, gemäss den Anweisungen, die es erhalten hat».
Dem Verband, der die Australian Open organisiert, war vorgeworfen worden, die Spieler über die Corona-Einreiseregeln in Australien in die Irre geführt zu haben. In einem von australischen Medien veröffentlichten Memo an die Spieler heisst es, eine kürzlich überstandene Corona-Infektion könnte eine vollständige Impfung überflüssig machen.
Nach Angaben der australischen Regierung gilt dies jedoch nur für australische Bürger. Der Gesundheitsminister habe den Verband darauf im November auch hingewiesen. Die Anwälte des serbischen Tennisstars sagen aber, Djokovic habe am 1. Januar ein Schreiben erhalten, wonach er die Anforderungen für eine quarantänefreie Einreise nach Australien erfülle.
Becker sagt, Djokovic mache einen grossen Fehler
Der Kritik bleibt Djokovic wegen seiner Weigerung, sich impfen zu lassen, ausgesetzt. Der dreimalige Wimbledonsieger und frühere Trainer Boris Becker schrieb in einem Gastbeitrag für die «Daily Mail»: «Ich glaube, er macht einen grossen Fehler, sich nicht impfen zu lassen.» Dieser Fehler bedrohe das, was von seiner Karriere und der Chance, sich selbst als besten Spieler der Geschichte zu verewigen, bleibe. In der «Bild»-Zeitung meinte Becker weiter: «Man muss seine Entscheidung respektieren. Nur weil man sich nicht impfen lässt, ist man nicht automatisch ein schlechter Mensch.» Becker trainierte von 2013 bis 2016 den Serben. In dieser Zeit gewann Djokovic sechs Grand-Slam-Turniere, darunter auch das Australian Open, und wurde wieder die Nummer eins der Welt.
Becker glaubt nicht, dass Djokovic fahrlässig gehandelt habe. «Er ist im guten Glauben nach Australien geflogen, eine gültige Einreisegenehmigung zu besitzen. Wären die Papiere, die er erhalten hat, nicht in Ordnung gewesen, wäre Novak niemals in den Flieger gestiegen. Er ist ja schliesslich kein Idiot.»
Er habe nach deren Ankunft am Flughafen in Melbourne Kontakt mit Djokovics aktuellem Coach Goran Ivanisevic gehabt, schrieb Becker weiter. Dieser habe sich aber in einem anderen Raum aufgehalten, weil mit dessen Visum alles in Ordnung gewesen sei. Mit Djokovic habe er noch nicht gesprochen, aber «ich würde ihm dringend raten, sich impfen zu lassen – ob er auf mich hören würde, ist eine andere Sache», so Becker. Die Regeln seien zu akzeptieren, betonte er.
«Unangemessener und unmenschlicher Umgang»
Djokovic befinde sich in Australien «im Gefängnis», wetterte hingegen sein Vater Srdjan am Donnerstag in einer Pressekonferenz in Belgrad, in der er seinen Sohn zum «Freiheitskämpfer» stilisierte. Auch Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vucic empörte sich über «die Schikanierung des besten Tennisspielers der Welt», Regierungschefin Ana Brnabić unterstellte den australischen Behörden politische Gründe für deren Umgang mit Djokovic.
Das serbische Aussenministerium bat am Donnerstag gar den australischen Botschafter in Belgrad zum Gespräch wegen des «unangemessenen und unmenschlichen Umgangs» mit Djokovic. Und der Tennisstar selber? Äusserte sich erstmals am Freitagnachmittag, auf Instagram bedankte er sich bei seinen Anhängern für den Support.
Australiens Regierung hat dem Vorwurf von Vater Djokovic widersprochen. «Herr Djokovic wird nicht in Australien gefangen gehalten, er kann jederzeit gehen, und der Grenzschutz wäre dabei behilflich», sagte Innenministerin Karen Andrews dem Sender ABC News am Freitag.
Bereits zuvor hatte sie das Vorgehen der Behörden verteidigt und dem TV-Kanal Seven Network gesagt, der serbische Tennisprofi habe es versäumt, die richtigen Informationen für seine Einreise nach Australien bereitzustellen: «Sie werden von jedem verlangt, der in das Land einreist. Wenn diese Informationen nicht bereitgestellt werden können, sind die Einreisebestimmungen für Australien nicht erfüllt.»
DPA/AFP/roy/mro
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