Eskalation um Novak DjokovicUnd im selben Hotel warten Asylsuchende schon jahrelang
Die Szenen vor dem Hotel, in dem Novak Djokovic festsitzt, nehmen bizarre Züge an. Drei Gruppen demonstrieren lautstark, die Polizeipräsenz wurde erhöht.
Die Swanston Street von Melbourne wird von vielen bekannten Gebäuden gesäumt. Da sind zum Beispiel das Theater der Stadt, das Rathaus und die Staatsbibliothek Victorias. Nicht zu diesen prominenten Bauten gehörte lange das Park Hotel: Selbst preist es sich zwar als luxuriös an, als Corona aufkam, wurde es dann aber zum Quarantäne-Hotel.
Doch jetzt ist das Gebäude plötzlich Mittelpunkt eines tragikomischen Schauspiels und berühmter als alle anderen Häuser der Swanston Street.
Das Hotel wird von der australischen Grenzwache seit etwas mehr als einem Jahr als eine Art Hafthotel genutzt. Am Donnerstag bekam es seinen prominentesten Insassen überwiesen, direkt vom Flughafen und 20 Grand-Slam-Titel schwer. Novak Djokovic, der beste Tennisspieler der Welt, ein Multimillionär, der sich weigert, sich impfen zu lassen, was ihn in den Augen seines Vaters zum Spartakus der Neuzeit macht.
Mittlerweile soll sich mit der Tschechin Renata Vorácová eine zweite Spielerin im Gebäude befinden, auch ihr ist gemäss australischen Medien das Visum entzogen worden. Mit Djokovic und ihr sitzen aber noch andere Leute im Hotel fest, weit weniger berühmt, weit weniger reich. Flüchtlinge, die meisten aus dem Irak. Sie dürfen das Hotel nicht verlassen und berichten von unmenschlichen Zuständen. Im Dezember machte ein Foto die Runde, das eine Mahlzeit zeigt – befallen von Maden.
Gepostet hatte es ein Mann namens Mohammad Joy Miah. Er habe die Tierchen in seinem Brokkoli gefunden, sagt er dem britischen TV-Sender BBC. Er sagt auch: «Was auch immer sie uns zu essen geben, es ist schlecht.» Er sei geistig gebrochen, sein Leben sei momentan nicht mehr als ein Raum.
Ein anderer Asylbewerber sagt gegenüber dem australischen TV-Sender SBS News, er habe viel Gewicht verloren, weil er nur noch Nüsse esse. Und der Kurde Mostafa Azimitabar sagt, er verbringe etwa 23 Stunden täglich in einem Zimmer, dessen Fenster getönt und versiegelt seien. Auf Videobildern ist zu sehen, wie Asylsuchende Botschaften an die Fenster ihrer Zimmer hängen, «9 YRS LONG», neun Jahre lang, steht bei einem, so lange sitzt er angeblich schon in Australien fest.
Und dann kamen auch noch die Impfgegner
Aktivisten und Aktivistinnen, die sich für die Insassen einsetzen, nutzen währenddessen draussen im Regen den Medienauflauf. Sie demonstrieren vor dem Hotel, sprayen und malen Botschaften an Wände und Strassen, auf einem Plakat steht: «Werdet ihr euch auch an sie erinnern, wenn Djokovic mit seinem Privatjet das Land verlässt?»
Das alles führt zu teilweise bizarren Szenen. Denn seit Djokovic da ist, finden sich auch serbische Tennisfans an der Swanston Street ein, am Donnerstagabend hielten einige von ihnen eine Art Mahnwache, andere sangen serbische Lieder. Hinzu sollen dann, so berichten es australische Medien, auch noch die «Anti Vax», also die Impfgegner, gekommen sein. Um Scharmützel zwischen den drei Gruppen zu vermeiden, erhöhte die Polizei ihre Präsenz um das Hotel.
Das Asylum Seeker Resource Center von Melbourne schätzt, dass sich etwa 33 Personen im Hotel aufhalten. Sophie McNeill von Human Rights Watch schrieb auf Twitter: «Novak Djokovic hat nur eine Nacht in australischem Einwanderungsgewahrsam verbracht, aber einige sind seit Jahren in diesem Hotel eingesperrt.» Und Chris Been, ein Aktivist, sagte: «Wenn man nur ein paar Tage dort ist, ist ein Zimmer in einem Hotel kein Weltuntergang. Aber wenn man dort festsitzt, ist das eine ganz andere Geschichte.»
Australien ist seit langem für eine restriktive Flüchtlingspolitik bekannt, vor allem dann, wenn die Asylsuchenden das Land per Boot erreichen. Bereits 2013 wurde die Kampagne «Stop the Boats» lanciert. Wer nicht über die nötigen Visa verfügt, wird in Einwanderungshaft genommen oder in Internierungslagern im Ausland untergebracht. Die Aussichten auf einen Verbleib in Australien sind gering.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.