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Disziplin im Zürcher Kantonsrat
«Montag ist ein heiliger Tag»: Wer keine einzige Sitzung verpasste – und wer oft fehlte

Leere Sitze im Kantonsratssaal: Die Sitzungsdisziplin ist hoch, aber nicht in allen Parteien. 
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Immer montags tagt der Zürcher Kantonsrat. Die kürzlich publizierte Präsenzliste zeigt nun, wie viele der 180 Politikerinnen und Politiker auch wirklich kommen. In der abgelaufenen Legislatur (2019–2023) betrug die durchschnittliche Anwesenheitsquote hohe 95,1 Prozent, ähnlich viel wie in der vorangegangenen Legislatur. Oder anders ausgedrückt: Pro Sitzung fehlten 9 der 180 Mitglieder.

Dabei stechen fünf Namen heraus: Dieter Kläy (FDP, Winterthur), Daniel Heierli (Grüne, Zürich), Paul Mayer (SVP, Marthalen), Walter Meier (EVP, Uster) und Claudio Schmid (SVP, Bülach). Sie fehlten an keiner der insgesamt 227 Sitzungen. Auf eine 100-Prozent-Quote kommen auch 14 weitere Parlamentsmitglieder, die allerdings erst während der Legislatur nachgerückt oder frühzeitig zurückgetreten sind.

Fehlte an keiner der 227 Sitzungen: FDP-Kantonsrat Dieter Kläy.

«Ich nehme das Mandat sehr ernst. Der Montag ist eine Art heiliger Tag für mich», sagt Dieter Kläy, der seit 20 Jahren im Rat ist. Zu Beginn der Legislaturperiode amtete Kläy als Ratspräsident; in jenem Jahr habe er auf keinen Fall fehlen wollen. Danach sei er glücklicherweise nie krank gewesen. Kläy sagt, er schätze die Anwesenheitsdisziplin im Zürcher Kantonsrat insgesamt als sehr hoch ein, «höher als in Bern».

Mit 64 Prozent die mit Abstand tiefste Anwesenheitsquote hatte der nicht wiedergewählte Kantonsrat Valentin Landmann (SVP, Zürich). Auf Anfrage macht er gesundheitliche Gründe geltend: Er habe vor etwa zwei Jahren mehrere Schulteroperationen gehabt, dadurch sei er für längere Zeit ausgefallen. Inzwischen sei alles verheilt – «ich bin topfit», sagt der 73-Jährige und ehemals Ratsälteste.

Hat mehrere Schulteroperationen hinter sich: Valentin Landmann (SVP).

Unter den Sitzungsschwänzern sind vor allem Parlamentsmitglieder, die inzwischen nicht mehr im Kantonsrat sind. Einige sind aus Zeitgründen ausgetreten, andere haben den Sprung in den Nationalrat geschafft.

Von den amtierenden Kantonsratsmitgliedern haben Rosmarie Joss (SP, Dietikon) und Marc Bourgeois (FDP, Zürich) am häufigsten gefehlt, nämlich 35- respektive 34-mal. Das überrascht auf den ersten Blick, weil es sich bei beiden um profilierte Mitglieder handelt. Von «Schwänzen» kann bei ihnen aber keine Rede sein.

Bourgeois ist aktiver Milizoffizier in der Armee, und während der Pandemie wurde er als «Unterstabschef Operationen» einer Division für mehrere Corona-Einsätze einberufen, weswegen er im Rat fehlte. Daneben sei er nur einmal krankheitshalber ausgefallen, sagt Bourgeois.

Rosmarie Joss (SP) ist zum zweiten Mal Mutter geworden und fehlte deswegen im Rat.

Rosmarie Joss nahm während mehrerer Monate aufgrund von Schwangerschaft und Mutterschaftspause nicht an Kantonsratssitzungen teil. Ansonsten habe sie, soweit sie sich erinnere, nie gefehlt, sagt sie auf Anfrage. Im Kantonsrat dürfen Frauen, die wegen eines Mutterschaftsurlaubs ausfallen, nach wie vor keine Stellvertretung aufbieten. Das ärgert Joss: «Das bedeutet tendenziell eine Schwächung der Linken, da wir mit mehr Frauen im gebärfähigen Alter vertreten sind.»

Wirklich geschadet scheint das ihrer Partei nicht zu haben, wie der Blick auf die Parteistatistik zeigt: Die SP war mit den Grünen jeweils am häufigsten anwesend, nämlich zu 96,7 Prozent. Die deutlich tiefste Quote erreichten die Grünliberalen: 92,2 Prozent.

In der abgelaufenen Legislatur waren die Mehrheitsverhältnisse für viele Abstimmungen klar, da die Klima-Allianz (SP, Grüne, AL, EVP und GLP) über 94 der 180 Sitze verfügte. Deshalb dürfte es dem einzelnen Kantonsratsmitglied einfacher gefallen sein, einer Abstimmung fernzubleiben. In den nächsten vier Jahren dürfte sich die Anwesenheitsquote tendenziell erhöhen, weil zwischen Klima-Allianz und Mitte-rechts eine Pattsituation besteht – und jede Stimme zählt.

Die Präsenzliste führt auf, wer sich am Anfang einer Kantonsratsliste angemeldet und Sitzungsgeld erhalten hat. Das bedeutet aber nicht, dass die Person auch an allen Abstimmungen teilnimmt. Anwesende Ratsmitglieder lassen auch mal eine Abstimmung aus, wenn der Ausgang klar ist und sie stattdessen lieber Lobbygespräche im Foyer führen.