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Digitale Archive
Wie weitersuchen, wenn Google nicht weiterweiss?

MOUNTAN VIEW, CA - SEPTEMBER 26: Google headquarters is seen in Mountain View, California, United States on September 26, 2022. (Photo by Tayfun Coskun/Anadolu Agency via Getty Images)
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Am 27. September 1998 ging eine Website an den Start, die die Welt verändern sollte: Google.com. Sie hat nur zwei Jahre gebraucht, um zum wichtigsten Zugangstor zum Internet zu werden. Wir verdanken es dieser Suchmaschine, dass wir die ungeheuren Wissensschätze des World Wide Web für uns nutzbar machen können.

Trotzdem spiele ich an Googles Geburtstagsfest den Partycrasher. Denn die Wahrnehmung der Suchmaschine als allwissendes Orakel ist falsch. Entgegen der landläufigen Meinung vergisst das Internet sehr wohl. Es verschwinden andauernd Websites aus dem Netz. Und die fallen mit einer gewissen Verzögerung auch aus dem Suchindex.

Wiederfinden, was das Internet und Google vergessen haben

Eine unverzichtbare Ergänzung zu Google ist daher Archive.org. Dort sind 840 Milliarden Sites gespeichert – nicht zuletzt ein Teil von Geocities.com. Das war eine der ersten Online-Communitys, wo sich jeder eine eigene Website einrichten konnte. Einer, der das damals gemacht hat, war «Star Trek»-Star Wil Wheaton, der zu den ersten Bloggern zählt.

Viele Sites aus dem Ur-Web sind längst verschwunden und nur über spezialisierte Archive noch aufzufinden.

Historische Lücken schliessen

Es ergibt sich eine zweite Lücke: Die Suchmaschine vermittelt nur Informationen, die auch im Netz zu finden sind. Die Zeit vor dem WWW ist fragmentarisch abgebildet. Aushelfen kann ein weiterer Google-Dienst, nämlich die Buchsuche (Books.google.ch). Sie eröffnet den Zugriff auf 40 Millionen digitalisierter Bücher in 400 Sprachen. (Diese Zahl stammt von 2019, aber es scheint, dass Google seit sechs Jahren nur noch in geringem Umfang Bücher scannt.)

In alten Zeitungen blättern

Bei Reisen in die Vergangenheit helfen die digitalen Zeitungsarchive weiter: die Library of Congress mit historischen US-Zeitungen (Chroniclingamerica.loc.gov), die Europeana-Bibliothek, bei der die Zeitungen nur einen kleinen Anteil ausmachen, oder die Sammlung digitalisierter britischer Blätter (Britishnewspaperarchive.co.uk). Es gibt für fast jedes Land entsprechende Kollektionen. Leider sind die nicht so leicht aufzufinden und zu benutzen wie Google.

In der Zeitungssammlung der Library of Congress sind auch diverse deutschsprachige Blätter erschienen. Hier das «Washingtoner Intelligenzblatt», das am 2. Juli 1859 über die Schweizer Neutralität berichtet.

Die Anlaufstelle für die Schweiz ist www.e-newspaperarchives.ch. Einige der bekannten Blätter sind nicht vertreten, trotzdem ist der Umfang beträchtlich: Es gibt von 180 Titeln 1,15 Millionen Ausgaben, in denen total über 87 Millionen Artikel zu finden sind. Zeitlich reicht das Archiv ins Jahr 1692 zurück, wo wir am 2. Januar eine Ausgabe der «Gazette de Berne» lesen können.

Die Zeitungen sind als Faksimile am Bildschirm lesbar. Nach einer kostenlosen Anmeldung können sie auch als PDF heruntergeladen werden. Es existiert eine Texterkennung, die das Lesen vor allem bei schlecht erhaltenen Exemplaren oder Texten in Frakturschrift erleichtert, aber nicht immer einwandfrei ist. Wer mag, darf sich als Korrektor betätigen und nach Einrichten eines Log-ins die Fehler der OCR-Software korrigieren.

Schweizer Zeitschriften erkunden

Das Archiv für Schweizer Zeitschriften ist unter E-periodica.ch zu finden. Es deckt den Zeitraum vom 18. Jahrhundert bis heute ab und erstreckt sich über diverse wissenschaftliche Bereiche auch auf Kunst, Kultur, Umwelt und Sozialpolitik.

«Apple – ist der Traum ausgeträumt?» Das hat sich «Le Nouvelliste» am 8. Juni 1985 gefragt.

An dieser Stelle ist eine ernsthafte Warnung angebracht. Selbst wenn Sie nur kurz etwas nachsehen wollten, kann es vorkommen – und ich spreche aus Erfahrung –, dass Sie in diesen Archiven Stunde um Stunde vertun. Bei mir ist die kleine Obsession entstanden, nachzulesen, wann eine technische Innovation zum ersten Mal in den Schweizer Medien behandelt wurde und wie sie damals aufgenommen wurde. Das Stichwort «künstliche Intelligenz» fällt zum ersten Mal am 5. Dezember 1957 in einem überraschenden Kontext: nämlich zur Berichterstattung über einen Vortrag, bei dem sich ein Ingenieur Garcin darüber ausgelassen hat, wie sich die Fertigung in der Uhrenindustrie rationalisieren liesse.

Eine fotografische Zeitreise unternehmen

Die Recherchemöglichkeiten sind damit nicht ausgeschöpft. Die Schweizerische Nationalbibliothek führt eine Übersicht digitalisierter Sammlungen, in der auch Literatur- und Fotofans auf ihre Kosten kommen. Was historische Aufnahmen angeht, ist um das Bildarchiv der ETH-Bibliothek (Ba.e-pics.ethz.ch) kein Herumkommen. Bei dem lassen sich um die 854’000 Bilder nach Stichworten durchsuchen und teils auch in hoher Auflösung herunterladen. Und unter Smapshot.heig-vd.ch läuft das Projekt, diese Fotos so zu georeferenzieren, dass sie sich exakt auf einer Karte anzeigen und einer heutigen Ansicht gegenüberstellen lassen – eine echte Zeitreise!

Ein Luftbild von 1953 mit der modernen Ansicht zur Übereinstimmung gebracht.