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Aus für die Regierung in Schweden
Diesmal wird es schwierig für das Stehaufmännchen

Gesteht seine Niederlage ein: Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven.
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Die rot-grüne schwedische Regierung ist am Montag durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Bei der Abstimmung im Reichstag in Stockholm sprachen 181 der 349 Parlamentarier dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven ihr Misstrauen aus. Es ist das erste erfolgreiche Misstrauensvotum in der Geschichte Schwedens.

Noch ist unklar, wie es weitergeht. Die Verfassung gibt dem abgewählten Regierungschef zwei Möglichkeiten: Löfven kann Neuwahlen ausrufen, die in spätestens drei Monaten abgehalten werden müssen. Oder er kann seinen Rücktritt beim Parlamentspräsidenten einreichen und diesen im Parlament die Möglichkeiten einer neuen Regierungsbildung ausloten lassen. Löfven bleibt eine Woche für diese Entscheidung. Bei einer Pressekonferenz in Stockholm kündigte er an, sich ein paar Tage Zeit zu nehmen, in denen er «sorgfältig überlegen» werde.

Streit um Liberalisierung der Mieten

Auslöser der Regierungskrise war die Ankündigung der Linkspartei, wegen einer Mietpreisliberalisierung die Minderheitsregierung von Löfven nicht länger unterstützen zu wollen. Damit verlor die rot-grüne Koalition ihre Mehrheit, die sich bis dahin auf die Tolerierung durch die Linke und durch zwei kleine bürgerlich-liberale Parteien gestützt hatte.

Es war jedoch dann nicht die Linkspartei, die den Antrag eines Misstrauensvotums gegen die Regierung einbrachte, dazu fehlte ihr die notwendige Stimmenzahl. Das erledigte eine Partei am anderen Rand des politischen Spektrums: die rechtspopulistischen Schwedendemokraten, deren Vorsitzender Jimmie Akesson nach dem Sturz der Regierung triumphierend vor die Presse trat. «Es war das erste Mal, dass wir praktisch wussten, wir würden gewinnen», sagte Akesson.

Spielt das Zünglein an der Waage: Jimmie Akesson, Vorsitzender der rechtspopulistischen Schwedendemokraten. 

Die zunehmend erfolgreichen Schwedendemokraten (SD) waren einst aus offen rassistischen und neonazistischen Gruppen hervorgegangen. Sie stehen mit etwa 20 Prozent in neueren Umfragen im Moment auf Platz drei, hinter den bürgerlichen Moderaten (knapp 22 Prozent) und den Sozialdemokraten (26 Prozent).

Die Haltung zu ihnen ist bis heute eine der zentralen Fragen für die anderen Parteien Schwedens. Die eindeutige Ablehnung der SD und der Versuch, sich ihrem Einfluss auf die schwedische Politik entgegenzustellen, war 2019 der Hauptgrund gewesen, Löfvens Minderheitsregierung zu tolerieren – für die Zentrumspartei ebenso wie für die Linken.

«Kein Ministerpräsident musste je so viel Prügel einstecken und ist doch am Ende immer geblieben.»

«Svenska Dagbladet»

Linken-Chefin Nooshi Dadgostar betonte denn auch am Montag, sie sei offen für neue Gespräche mit den Sozialdemokraten. Auf keinen Fall wollte sie ihre Partei als Steigbügelhalter für eine mögliche von den SD unterstützte rechtsnationale Regierung sehen. Löfven solle gerne als Regierungschef zurückkehren. Zuvor allerdings müssten die Sozialdemokraten die geplante Freigabe der Mietpreise bei Neuwohnungen zurücknehmen.

Löfven kündigte an, Gespräche mit allen Partnern zu suchen. Natürlich stünden seine Sozialdemokraten bereit, weiter «Verantwortung für die Führung des Landes zu übernehmen». Der seit 2014 amtierende Löfven hat einen Ruf als Stehaufmännchen. Er hatte in der Vergangenheit schon einige spektakuläre Niederlagen weggesteckt. «Kein Ministerpräsident musste je so viel Prügel einstecken und ist doch am Ende immer geblieben», heisst es in einem Kommentar beim «Svenska Dagbladet».

Es soll keine Tabus mehr geben

Diesmal aber könnte er sich damit schwertun. Von den drei bisherigen Partnern bekannten am Montag nur zwei – die Zentrumspartei und die Linken –, sich weiter Löfven als Ministerpräsidenten zu wünschen. Die dritte Partei, die Liberalen, verkündeten ihren Abschied vom Löfven-Lager: Von jetzt an werde ihre Partei eine bürgerliche Regierung anstreben, hiess es.

Ulf Kristersson, der Vorsitzende der Moderaten, sagte am Montag, er stehe bereit, eine solche Regierung des rechten Lagers zu führen: «Ich glaube, dass es im schwedischen Volk grosse Unterstützung für eine neue und bessere bürgerliche Regierung gibt.» Anders als noch bei der vergangenen Wahl lassen die Moderaten keinen Zweifel daran, dass sie für eine solche Regierung auch eine Kooperation mit den rechtspopulistischen Schwedendemokraten eingehen wollen. Es dürfe keine Tabus mehr geben, «wer mit wem sprechen darf», sagte Kristersson im Parlament. Alle Parteien sollten miteinander verhandeln dürfen.