COP27 in Ägypten eröffnet«Diese Konferenz muss sich um konkretes Handeln drehen»
In Scharm el-Scheich hat am Sonntag die 27. UN-Klimakonferenz begonnen. Vertreter aus knapp 200 Staaten diskutieren darüber, wie der Kampf gegen die Erderhitzung verstärkt werden kann.
Überschattet von mehreren Krisen unter anderem bei Energie und Ernährung ist die Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten eröffnet worden. Die diesjährige Konferenz sei Teil einer 30 Jahre langen Reise seit Unterzeichnung der Klimarahmenkonvention 1992, sagte der Präsident der COP27, Ägyptens Aussenminister Samih Schukri, beim Auftakt im Badeort Scharm el Scheich am Sonntag. Aus den zerstörerischen Klimaereignissen in Pakistan, Afrika, Teilen Europas und Amerika müssten Lehren gezogen werden. Mit Blick auf die Klimaverhandlungen sagte Schukri: «Bei Nullsummenspielen wird es keine Gewinner geben.»
Zuvor hatte der Präsident der Vorjahreskonferenz COP26 in Glasgow, Alok Sharma, das Amt an Schukri übergeben. «Ich erkenne das Ausmass der Herausforderung, die noch vor uns liegt, vollständig an», sagte Sharma. Ganze Regionen der Welt seien inzwischen unbewohnbar geworden und der Druck auf viele Menschen, die umsiedeln müssten, sei fast unvorstellbar. «Diese Konferenz muss sich um konkretes Handeln drehen», forderte Sharma.
Auch mit Blick auf die Klimakrise kritisierte Sharma den russischen Angriffskrieg in der Ukraine: «Putins brutaler und illegaler Krieg in der Ukraine hat multiple globale Krisen herbeigeführt – Energie- und Lebensmittel-Unsicherheit, Druck durch Inflation und eine Schuldenspirale», sagte Sharma. Diese Krisen hätten ohnehin bestehende Verletzlichkeiten durch den Klimawandel noch verschlimmert.
Finanzierung von klimabedingten Schäden auf Tagesordnung
Auch der lange Streit über die Finanzierung von klimabedingten Schäden und Verlusten in ärmeren Ländern ist erstmals Teil der offiziellen Agenda bei einer Weltklimakonferenz. Die Entwicklungsländer, die besonders anfällig sind für Klimaschäden, kämpfen schon lange für förmliche Verhandlungen bei dem Thema. Schukri sprach von einem «historischen Schritt».
Unter dem Begriff «Loss and Damage» wird diskutiert, wie die Folgen des Klimawandels in ärmeren Ländern, die oft weniger zu Schäden beigetragen haben, gemeinsam geschultert werden können. Eine genaue Definition gibt es nicht. Meist werden darunter aber Schäden von Extremwetterereignissen sowie von langsamen Veränderungen verstanden, etwa steigende Meeresspiegel oder Verwüstung. Es geht um Folgen jenseits dessen, woran Menschen sich anpassen können, oder um Situationen, in denen die Mittel für eine Anpassung fehlen.
Mit dem Tagesordnungspunkt gehe der Kampf erst richtig los, sagte Yeb Saño, der die Delegation der Umweltschutzorganisation Greenpeace bei der Konferenz leitet. Reiche Länder hätten versucht, diesen Punkt von der COP27-Agenda verschwinden zu lassen. Das sei ein Vorgeschmack auf weitere Verzögerungs- und Ablenkungsmanöver.
Grossbritannien soll «Superpower der grünen Energie» werden
In Scharm el Scheich am Roten Meer beraten Vertreter aus knapp 200 Staaten zwei Wochen lang darüber, wie der Kampf gegen die Erderhitzung verstärkt werden kann. Die Zeit drängt, denn die vergangenen sieben Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wichtiges Thema sind ausserdem Finanzhilfen für ärmere Staaten – auch deshalb, weil die UN-Konferenz erstmals seit 2016 wieder auf dem afrikanischen Kontinent stattfindet. Erwartet werden schätzungsweise 40’000 Teilnehmer.
Unter den rund 100 anreisenden Staats- und Regierungschefs ist neben Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden auch der neue britische Premierminister Rishi Sunak. Dieser hatte sich erst kurzfristig zur Teilnahme entschlossen. Laut vorab verbreiteten Auszügen einer für Montag geplanten Rede will Sunak davor warnen, hinter die Zusagen der letztjährigen Konferenz in Glasgow zurückzufallen. Sein eigenes Land will der konservative Politiker demnach zur «Superpower der grünen Energie» machen.
Human Rights Watch kritisiert Menschenrechte in Ägypten
Die Organisation Human Rights Watch sieht in Ägypten trotz wiederholter Kritik keinerlei Besserung bei den Menschenrechten. «Bei Ankunft der COP27-Teilnehmer wird klar, dass die ägyptische Regierung keine Absichten hat, ihre missbräuchlichen Sicherheitsmassnahmen zu lockern», sagte Adam Coogle, zuständig für Nordafrika-Themen bei der Organisation, am Sonntag. Das gelte auch für die in Ägypten stark beschnittene Rede- und Versammlungsfreiheit. Bei der COP27 sind Proteste nur zu bestimmten Zeiten und in einer speziell eingerichteten Zone erlaubt.
Mindestens 15'000 Menschen 2022 in Europa an Hitze gestorben
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind mindestens 15'000 Menschen seit Jahresbeginn an den Folgen der schweren Hitzewellen in Europa gestorben. Darunter seien etwa 4500 Todesfälle in Deutschland, fast 4000 in Spanien und mehr als 3200 in Grossbritannien, erklärte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge am Montag.
Es wird ein weiterer Anstieg der Zahl erwartet, wenn noch mehr Länder ihre hitzebedingten Todesfälle melden. Die drei Monate von Juni bis August waren in Europa die heissesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die aussergewöhnlich hohen Temperaturen führten zur schwersten Dürre, die der Kontinent seit dem Mittelalter erlebte.
«Der Klimawandel bringt uns schon jetzt um, aber ein starkes Handeln heute kann weitere Todesfälle verhindern», erklärte die WHO. Nach einem UNO-Bericht der vergangenen Woche ist Europa der sich am schnellsten erwärmende Kontinent. Er verzeichnete über die vergangenen 30 Jahre einen fast zweimal so hohen Temperaturanstieg wie der weltweite Durchschnitt.
SDA/AFP/aru
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