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Meinung

Tag gegen den Lärm
Diese Geräusche nerven am meisten – oder auch nicht

Insbesondere Verkehrslärm setzt vielen Menschen im Alltag zu. 
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«Laut ist out», unter diesem Motto steht der diesjährige Tag gegen den Lärm am 26. April. Verkehrslärm, Arbeitslärm und Freizeitlärm schränken die Lebensqualität ein, wie die Lärmliga und die Schweizerische Gesellschaft für Akustik, die unter anderem hinter dem Tag gegen den Lärm stehen, in einer Medienmitteilung schreiben. Sie verweisen auf die Wichtigkeit von ruhigen Erholungsorten. Lärm könne Stress auslösen und krank machen. So werden Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Schlafstörungen, aber auch Konzentrationsschwächen oder Depressionen als mögliche negative Auswirkungen genannt. 

Dabei kommt es aber nicht nur auf die Lautstärke, sondern auch auf die Art des Geräusches an. Menschen empfänden das Rauschen von Brunnen, Bächen und Flüssen etwa meistens als angenehm. Dass Geräusche durchaus eine subjektive Komponente haben, zeigen Diskussionen um Kuh- und Kirchenglocken oder am Zürichsee um Schiffshörner. Redaktorinnen und Redaktoren dieser Zeitung schildern, wie sie Geräusche erleben. 

Von Elefanten und Affen

Wer in Rapperswil wohnt, hört im Wohnzimmer auch einmal die Elefanten vom Kinderzoo trompeten.

Manchmal kräht der Hahn, öfters trompetet der Elefant, und gelegentlich übertönt das inbrünstige Klappern des Storchs das Blöken und Meckern aus dem Streichelgehege. Doch kein Tier vermag sich über das fröhliche Gekreische der Kinder hinwegzusetzen, die sich voller Begeisterung am Klettergerüst entlanghangeln und dabei scheinbar den Totenkopfäffchen Konkurrenz machen wollen. Diese Geräuschkulisse gehört dazu, wenn man neben dem Kinderzoo in Rapperswil wohnt.

An die tierische Atmosphäre habe ich mich schon lange gewöhnt. Trotzdem wird sie mir von Zeit zu Zeit bewusst. Beispielsweise wenn der sommerliche Müssiggang auf der Terrasse von Affengeschrei untermalt wird. Oder wenn ich Bekannte zu Besuch habe und sie über die nachbarschaftliche Fauna staunen. So fragte mich jüngst ein Freund: «Hey, nervt das nöd voll?» Ich verneinte mit einem Kopfschütteln, denn missen möchte ich das liebgewonnene Tamtam keinesfalls. Zumal ich es mir ausserordentlich schwer vorstelle, die grauen Dickhäuter dazu zu bewegen, leiser zu tröten. (aln)

Das vertraute Hornen fehlt

Manche empfinden es als Lärm, doch unserer Autorin fehlt das Hornen der Dampfschiffe. 

Meistens war es kurz und bestimmt, manchmal auch leicht heiser, das Geräusch, das meine Kindheit entscheidend mitgeprägt hat. Ich spreche vom Hornen der ZSG-Schiffe. Ich hatte das Glück, in unmittelbarer Nähe vom Küsnachter Schiffsteg aufzuwachsen, und so hörten wir jeweils, wenn sich die MS Linth, die MS Helvetia oder gar eines der beiden Dampfschiffe der Station näherte. Letztere sind es übrigens, deren Horn immer leicht heiser klingt.

Dass der vertraute Ton seit der Intervention eines Schiffsteg-Anwohners in Stäfa nicht mehr ertönt, finde ich schade: Er fehlt. Denn im Gegensatz zu besagtem Stäfner habe ich das Hornen nie als Lärm, sondern als Geräusch empfunden, das zum See dazugehört. Sobald die Bade- und Böötlisaison so richtig startet, wird allerdings auch das Hornen auf dem See wieder erklingen. Denn dann gibt es immer wieder Gefahrensituationen, die ein Hornen erfordern. (phs)

Den Fussballmatch mithören

Jubelschreie und Frustbekundungen sind nicht nur im Stadion zu hören.

Wer bei einem Fussball-Grossanlass in der Nähe eines Public Viewing wohnt, kennt es: Der Spielverlauf lässt sich sehr gut an den Reaktionen der Zuschauenden abschätzen. Mal wird ein Tor bejubelt, mal ist ein Aufstöhnen zu hören, weil entweder die eigene Mannschaft eines kassiert hat oder der Stürmer zum x-ten Mal neben das Gehäuse traf. Manchmal sind auch wütende Ausrufe darunter, wenn ein Entscheid des Schiedsrichters – aus Sicht der Fans – völlig falsch war.

Ich erlebe diese Momente jedoch nicht nur während einer vierwöchigen Weltmeisterschaft, sondern während der Saison alle zwei Wochen. Wenige Hundert Meter von meiner Wohnung befindet sich ein Fussballstadion. Bei jedem Heimspiel höre ich die Fans. Ich brauche nur mein Fenster offen zu halten oder auf den Balkon zu sitzen. Das ist einerseits praktisch, denn so bekomme ich zuverlässig mit, wenn etwas Wichtiges passiert ist und sich ein Blick auf den Ticker lohnt. Andererseits kann es auch nerven. Dann nämlich, wenn ich das Spiel leicht zeitverzögert über einen Livestream schaue – und wegen der Fans jeglicher Spannung beraubt werde. (lny)

Wenn die Wände zittern

In älteren Bauten hört man es besonders gut, wenn jemand die Tür zuschmettert.

Zu Hause hat man es gerne ruhig und friedlich. Zu blöd, wenn es ausgerechnet in den eigenen vier Wänden besonders laut ist. Zum Beispiel, wenn man wie ich Nachbarn hat, die Türen nicht geräuschlos schliessen können. Wenn eine fünfköpfige Familie in einer 4½-Zimmer-Wohnung lebt, die noch kleinen Kinder ständig ein- und ausgehen und auch die Grosseltern häufig zu Besuch kommen, geht der ganze Tag lang die Tür. Wumm! Wumm! Wumm! So ertönt es manchmal sogar im 30-Sekunden-Takt, gerne auch am frühen Samstagmorgen. Die Tür mit voller Wucht ins Schloss fallen zu lassen, scheint hier eine Lieblingsbelästigung zu sein.

Ob die Eltern den Kindern nicht beigebracht haben, dass das auch sanfter geht? Ich bin drauf und dran, die Nachbarn darauf anzusprechen, als es mir zu bunt wird. Doch dann macht es erneut «Wumm!» – sodass sogar meine eigene Wohnungstür und die Wände zittern. Urheberin des kleinen Erdbebens war dieses Mal die Mutter, die sich sogar noch mehr ins Zeug gelegt hat als der Nachwuchs.

Und mit der Zeit merke ich, dass sicher ein Drittel des Zuknallens der Haustür auf das Konto der Eltern geht. Jetzt weiss ich auch, woher die drei Kinder das gelernt haben. Soll ich rübergehen und die Erwachsenen bitten, ein bisschen leiser zu sein? Mich beschleicht das Gefühl, dass das verlorene Liebesmüh sein könnte. Auch fühle ich mich plötzlich etwas kleinkariert, werde kleinlaut und verzichte dann darauf. So bewahrt mitten im Lärm wenigstens einer Ruhe. (miw)

Ein Kind der Zivilisation

Während des Lockdown waren Kondensstreifen am Himmel eine Seltenheit – der damit verbundene Fluglärm ebenfalls.

Es soll Leute geben, die das morgendliche Gezwitscher der Vögel als Lärm empfinden und sich darüber ärgern, wenn es sie weckt. Es ist mir tatsächlich auch schon passiert, dass ich frühmorgens wach geworden bin, weil die Vögel so laut gesungen haben. Allerdings erlebe ich das jeweils als Riesenprivileg.

Besonders gut hörbar waren die Vögel während des Lockdown im Frühlings 2020. Als wochenlang kaum ein Flugzeug am Himmel auszumachen war und die Menschen eher spazierten oder Velo fuhren, anstatt mit dem Auto oder dem Töff unterwegs zu sein, waren die Vögel plötzlich auch tagsüber zu hören. Plötzlich vermochten sie sich mit ihrem Gesang gegen den Zivilisationslärm durchzusetzen. Es war herrlich.

Und doch – der Tag, an dem ich wieder einmal ein Flugzeug über mir am Himmel gesehen habe, hat sich mir eingeprägt. Ich habe den weissen Kondensstreifen bestaunt wie ein Kind und mir überlegt, wohin es wohl unterwegs war. Und ich musste mir eingestehen, dass ich den Fluglärm etwas vermisst hatte. (sis)

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