Schnäppchen in KroatienDiese Gemeinde verkauft Häuser zum Spottpreis von 15 Rappen
Legrad leidet unter der Landflucht, nun versucht der Ort neue Bewohner anzulocken. Andere hatten mit solchen Schnäppchen bereits Erfolg.
Legrad leidet. Einst die zweitgrösste Stadt von Kroatien, sinkt die Zahl der Bewohner seit dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie stetig. Von den neuen Grenzen ins Abseits gedrängt, zählt die Gemeinde im Norden von Kroatien gerade noch 2250 Einwohner – halb so viele wie noch vor 70 Jahren. «Wir wurden zu einer Grenzstadt mit wenigen Verkehrsverbindungen zu anderen Orten», sagt Bürgermeister Ivan Sabolic zu Reuters, «seitdem sinkt die Einwohnerzahl allmählich.» Nun soll aber Schluss sein.
Um der Entwicklung entgegenzuwirken, kam die Stadt auf die Idee, 19 leer stehende Häuser und verlassene Baustellen zu verkaufen – zum absoluten Schnäppchenpreis von einer Kroatischen Kuna. Sehr erfolgreich. Schon 17 Objekte hat die Stadt für die umgerechnet knapp 15 Rappen verkauft.
Der Schnäppchenpreis hat einen Haken
Was nach einem einmaligen Angebot klingt, kommt nicht ohne Aber aus: Einerseits befinden sich die Häuser in einem desolaten Zustand. Einige sind halb verfallen, haben Schimmel an den Wänden, andere haben weder Türen noch Fenster. Der Bürgermeister versichert jedoch, dass sich die Gemeinde mit rund 3630 Franken an den Renovierungsarbeiten beteiligen werde. Zudem erhalten mögliche Neubewohner, die eine Immobilie in Privatbesitz kaufen wollen, einen Zustupf von 20 Prozent des Kaufpreises oder bis zu 5082 Franken.
Anderseits hat das Angebot einen Haken. Wer in Legrad ein Schnäppchenhaus ergattern will, muss einige Kriterien erfüllen. Interessierte Einzelpersonen oder Paare müssen über die nötigen finanziellen Mittel verfügen und unter 40 Jahre alt sein. Zudem sind sie dazu verpflichtet, mindestens 15 Jahre lang in der Gemeinde zu bleiben.
Diese Bedingungen haben Danijel Harmnicar aber nicht abgeschreckt. Er ist mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern in ein solches 15-Rappen-Haus in Legrad gezogen. «Es ist viel schöner, in einem eigenen Haus zu leben, als ein Mieter zu sein», sagte der Kroate zu Reuters, «15 Jahre hierzubleiben ist für uns kein Problem. Wir haben nicht vor, umzuziehen.»
Neuankömmlinge könnten in Legrad unter anderem in der Lebensmittelproduktion oder in der Holz- und in der Metallindustrie arbeiten. Das Angebot habe auch im Ausland Interesse geweckt, sagt Bürgermeister Sabolic: «Nach einigen Medienberichten über unsere Aktion haben wir Anfragen für Häuser aus sehr weit entfernten Ländern wie Russland, der Ukraine, der Türkei, Argentinien oder Kolumbien bekommen.» Doch da die Auswanderung nach Kroatien kompliziert sei, gelte das Angebot momentan nur für Einheimische.
Japan, Italien – und selbst in der Schweiz gab es ähnliche Angebote
Nicht nur in Kroatien sind leer stehende Häuser in ländlichen Gegenden ein Problem. Auch in Japan verkaufen einige Gemeinden Häuser für nur 450 Franken oder verschenken sogar Grundstücke, um Bewohner anzulocken. Denn das Land hat laut einer Umfrage mehr als acht Millionen leer stehende Häuser. Die Wiederbelebung der ländlichen Regionen Japans ist deshalb ein wichtiger Teil der sozioökonomischen Reformen des japanischen Premierministers Yoshihide Suga.
In Italien machte die im Süden liegende Gemeinde Cinquefrondi Schlagzeilen, als sie Häuser für nur einen Euro verkaufte, um die Einwohnerzahl zu erhöhen. Die piemontesische Gemeinde Locana bot den gleichen Deal an, legte bei Zuzüglern mit Kindern jedoch zusätzlich einen Bargeldanreiz von rund 9800 Franken oben drauf. Das 115-Seelen-Dorf Santo Stefano di Sessanio in der Region Abruzzo lockte sogar mit einem Zuschuss von rund 47’000 Franken, um der Überalterung in der Gegend entgegenzuwirken.
Auch in der Schweiz gab es 2019 bereits ein solches Inserat: Die Tessiner Grossgemeinde Gambarogno verkaufte im Grenzort Indemini neun Häuser für jeweils einen Franken, wie «Swissinfo» berichtete. Das Angebot hatte aber ebenfalls einen Haken – die Käufer der rustikalen und etwas heruntergekommenen Steinhäuser mussten sich nämlich dazu verpflichten, die sogenannten Rustici innert einer Frist zu renovieren. Dadurch soll das traditionelle Gesamtbild des Dorfs wiederhergestellt und wiederbelebt werden. Denn das Dorf ist immer wieder vom Aussterben bedroht. Zählte das Dorf vor 200 Jahren noch 400 Einwohner, sind es heute nur noch 43. Davon ist Legrad noch etwas entfernt.
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