ZoomDie Wirklichkeit als Kulisse
So viel Pastell, so viel Symmetrie: «Accidentally Wes Anderson» versammelt Orte, die dem Universum des Kultregisseurs entsprungen zu sein scheinen.

Als könnte jeden Moment der Lobby Boy aus «The Grand Budapest Hotel» mit dem lila Jackett und dem aufgemalten Schnurrbart aus der Tür treten. Tut er aber nicht. Denn es handelt sich hier nicht um eine Kulisse aus dem Filmuniversum von Wes Anderson, sondern um das Hotel Opera in Prag, erbaut 1890 im böhmischen Neorenaissancestil.


So viel Pastell, so viel Symmetrie, diese süchtig machende Ordnung: Im Bildband «Accidentally Wes Anderson» hat Anderson-Fan Wally Koval über 200 Fotografien versammelt, in denen die Kulisse zur Wirklichkeit wird. Oder ist es umgekehrt?

Wally Koval startete das Projekt 2017 auf Reisen zusammen mit seiner Frau und seinem Hund, schnell fand er Nachahmer, heute ist daraus eine Instagram-Community mit über einer Million Followern geworden. Strassen, Museen, Bahnhöfe und Interieurs von Rajasthan bis Alaska werden im Buch in bester Anderson-Ästhetik präsentiert: opulent und reduziert zugleich. Und sogar die Schweiz ist vertreten. Etwa mit dem Hotel Belvédère am Furkapass, das sich in eine Haarnadelkurve quetscht wie ein Hund in sein Körbchen. Eines haben die Amateurfotografinnen und -fotografen jedenfalls bei Anderson gelernt: Erst die Perspektive macht die Magie.






Einen passenderen Reiseführer kann man sich in Pandemiezeiten kaum vorstellen. Die Bilder scheinen ein Paralleluniversum zu zeigen, in dem immer alles ein bisschen schöner ist. Und: Sie sind meist menschenleer.
Doch was sagt eigentlich der amerikanische Filmemacher selber dazu? Der gibt dem Projekt im Vorwort seinen Segen und schreibt: «Ich verstehe jetzt, was es bedeutet, versehentlich ich selbst zu sein. Vielen Dank. Ich bin immer noch verwirrt, was es bedeutet, absichtlich ich zu sein, wenn das überhaupt das ist, was ich bin.» Ausserdem könne er es kaum erwarten, endlich selber all die Orte zu besuchen.
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