Videogipfel USA - RusslandDie vier wichtigsten Erkenntnisse
des Biden-Putin-Gipfels
Joe Biden erhöht den Einsatz: Er droht Wladimir Putin damit, zusätzliche US-Truppen nach Europa zu verlegen. Putin gibt sich unbeeindruckt.
Die Spannung war hoch vor dem virtuellen Gipfeltreffen von US-Präsident Joe Biden und Russlands Präsident Wladimir Putin. Zwei Stunden lang diskutierten die beiden bei ihrem vierten Gespräch als Staatschefs. Es sei eine sehr direkte Diskussion gewesen, hiess es danach. Das letzte Gespräch fand im Sommer in Genf als echtes Gipfeltreffen statt – ebenfalls nach einem russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze. Das sind die wichtigsten Erkenntnisse:
Der Höhepunkt der Spannungen folgt erst
Es sei ein gutes Zeichen, dass die Präsidenten überhaupt miteinander redeten: Die Bemerkung von Wladimir Putins Sprecher vor dem Gipfel zeigt, als wie schwierig das Verhältnis von beiden Seiten eingeschätzt wird. Die Diskussion zwischen den Supermächten verläuft schwierig, rasche Fortschritte sind auch am Dienstag ausgeblieben, obwohl die Diskussion mehr als zwei Stunden dauerte. Biden hat Putin nahegelegt, auf Diplomatie statt Eskalation zu setzen, wie sein Sicherheitsberater Jake Sullivan nach dem Videogipfel sagte. Putin verlangte, dass die Nato schriftlich festhält, dass sie die Ukraine nicht aufnehmen wird. Das lehnte Biden strikte ab. Die Spannungen dürften damit noch nicht auf ihrem Höhepunkt angelangt sein: Russland wird seine Vorbereitungen für eine Invasion der Ukraine wohl weiter vorantreiben, zusätzliche Truppen an der Grenze zusammenziehen und seine Desinformationskampagne fortführen.
Es läuft auf einen Wirtschaftskrieg hinaus
Joe Bidens Nachricht an Wladimir Putin bei dem virtuellen Gipfel war klar: Wohl würden die USA die Ukraine im Ernstfall nicht mit eigenen Soldaten verteidigen. Aber sollte Russland in die Ukraine einfallen, hätte es dafür einen hohen Preis zu zahlen. Biden stellte in Aussicht, die Nato-Länder würden «mit starken wirtschaftlichen und anderen Massnahmen» reagieren. Als Drohkulisse liess die US-Regierung im Vorfeld des Videogipfels Pläne für weitreichende wirtschaftliche Sanktionen kursieren. Diese würden Personen aus dem engsten Umfeld Putins treffen, etwa mit Reiseverboten und der Einfrierung von Bankkonten. Ähnliche Schritte haben die USA und die EU bereits mehrfach gegen russische Personen und Firmen unternommen, nachdem Russland die Krim annektiert hatte. Das Verhalten des Kreml konnten diese Sanktionen allerdings bislang nicht beeinflussen. Schwerer würde die Extremvariante wiegen, welche die USA ventilierten: Die westlichen Länder könnten Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausschliessen und russische Banken mit zusätzlichen Einschränkungen belegen. Das würde auch den Zugang Russlands zu internationalen Devisen empfindlich einschränken.
Nord Stream 2 wird erneut zur Waffe
Die USA haben Russland damit gedroht, die Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland doch noch zu blockieren. Eben erst hatte Joe Biden zähneknirschend sein Einverständnis zu der Versorgungslinie gegeben, die Russland in Zukunft als Druckmittel gegen die Länder im Herzen Europas missbrauchen könnte, wie er befürchtet. Nun musste er entscheiden, ob er das bestehende Sanktionsregime gegen Firmen im Umfeld der Pipeline-Betreiberin verschärfen sollte. Um die Beziehungen mit Deutschland nicht zu belasten, verzichtete er darauf und gab seinen Widerstand gegen die Pipeline auf. Nun, da sich die Pipeline im Bewilligungsprozess auf europäischer Ebene befindet, überlegen sich die USA doch noch, das Milliardenprojekt im allerletzten Moment abzuklemmen. Im Kongress sagten hochrangige Beamte am Dienstag, die USA hätten eine Abmachung mit Deutschland getroffen: Falls Russland in die Ukraine einmarschiere, werde man Nord Stream 2 den Stecker ziehen.
Die USA rüsten die Ukraine und Europa weiter auf
2,5 Milliarden Dollar haben die USA seit 2014 für die ukrainische Verteidigung ausgegeben. Nun hat Biden Putin angekündigt, der Ukraine darüber hinaus weitere Waffen zu liefern, sollte Russland eine militärische Eskalation suchen. Das sagte sein Sicherheitsberater Jake Sullivan nach dem Videogipfel. Falls Russland in die Ukraine einmarschieren sollte, würden die USA auch die osteuropäischen Länder aufrüsten, sagte Sullivan. Dazu gehöre, dass die USA auch zusätzliche Truppen und Waffen dorthin schicken könnten. Schon bisher nehmen regelmässig Verbände der Vereinigten Staaten an Übungen in Polen und im Baltikum teil. Die Truppen rotieren dabei, damit sie nicht als dauerhaft stationiert gelten. Sollten die Nachbarstaaten Russlands eine zusätzliche US-Präsenz wünschen, damit sie sich sicher fühlen könnten, werde die Biden-Regierung dem entsprechen, sagte Sullivan.
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