Waffen für Kiew«Die Ukraine braucht dringend unsere Hilfe»
Beim Treffen im deutschen Ramstein zeigen sich die westlichen Unterstützer einig: Neben Munition benötigt die ukrainische Armee vor allem Systeme für die Luftverteidigung.
Als Gastgeber hat Lloyd Austin das Recht, die Sitzungen der Ukraine-Kontaktgruppe zu eröffnen. Besser bekannt sind die Treffen als «Ramstein-Format», denn auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Deutschland kamen die Unterstützer der Ukraine vor einem Jahr erstmals zusammen, um besser zu koordinieren, was Kiew braucht, um sich gegen Russlands Angriff zu verteidigen. Nun zieht der US-Verteidigungsminister – wenig überraschend – eine positive Bilanz.
Die Ukraine kämpfe weiter tapfer, um ihre Menschen, ihre Souveränität und Freiheit zu verteidigen, und die Mitglieder dieses Forums hätten dies mit mehr als 50 Milliarden Euro unterstützt, lobt Austin. Dennoch gelte: «Die Ukraine braucht dringend unsere Hilfe.» Für das elfte Treffen, an dem auch hochrangige Militärs teilnehmen, nennt er drei Prioritäten: Flugabwehr, Munition und sogenannte «enablers», also militärische Unterstützungskräfte für Transport, Logistik oder medizinische Versorgung.
Ausführlich spricht Austin über das 36. Paket der USA im Wert von 300 Millionen Euro: Es umfasst Munition für das Raketenwerfer-Artilleriesystem Himars, Granaten mit 105 sowie 155 Millimetern Durchmesser und Antipanzerminen. Dadurch erhöht sich die US-Militärhilfe für die Ukraine auf mehr als 32 Milliarden Euro.
Realitätscheck ist nötig
Diese Zahl ist eindrucksvoll, aber fordert einen Realitätscheck. Mehr als die Hälfte der geleisteten Unterstützung stammt von der Biden-Regierung, die ihre Partner beharrlich drängt, mehr zu tun. Doch in Westeuropa fehlt es an Kapazitäten in der Rüstungsindustrie. Neben den 31 Nato-Mitgliedern nehmen 20 weitere Länder an dem Treffen teil – etwa Australien, Japan und Südkorea.
Allerdings passt Austins Aussage, die Kontaktgruppe sei «geschlossener und globaler» als je zuvor in ihrem Kampf gegen «Russlands Aggression und Täuschung», nicht so recht zur Unterstützung, die Moskau etwa durch China erhält. So isoliert, wie man es sich auf der Air Base wünscht, ist Präsident Wladimir Putin nicht.
Den Wert der Ramstein-Treffen betont Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg: Hinter verschlossenen Türen berichten die Ukrainer, was sie benötigen und wo es Nachschubprobleme gibt – und die Partner versuchen, die Lieferungen gut zu koordinieren.
Ein Leak trübt die Stimmung
Austin nutzt das Treffen auch, um ein unangenehmes Thema öffentlich anzusprechen: nämlich die US-Geheimdokumente, die der Soldat Jack T. online gestellt hat. Er nehme das Leak «sehr ernst» und betont, er sei beeindruckt von der Solidarität der Verbündeten: «Wir werden es nicht zulassen, dass irgendetwas unsere Einheit aufbricht.»
In Ramstein zeichnet sich – anders als von der Ukraine erhofft – keine Entscheidung über die Abgabe von westlichen Kampfjets ab. Man müsse über Lieferungen durch Bündnispartner weiter diskutieren, sagt jedoch Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Er kam direkt aus Kiew, wo ihm Präsident Wolodimir Selenski gesagt habe, dass die Ukraine auch Flugzeuge westlicher Bauart brauche.
Stoltenberg hält die Diskussion über weitere Waffenlieferungen zurzeit für wichtiger als die Planungen für einen Nato-Beitritt: «Jetzt geht es vor allem darum, dass die Ukraine siegt.» Er hatte am Vortag Selenski zum nächsten Gipfel des Verteidigungsbündnisses nach Vilnius eingeladen und erklärt: «Der Ukraine steht ein Platz in der Nato zu.»
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