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Machtkampf um Kanzlerkandidatur
Die Stimmung kippt Richtung Söder

Showdown am nächsten Dienstag im Bundestag? CDU-Chef Armin Laschet (links) zusammen mit CSU-Chef Markus Söder am letzten Dienstag auf dem Weg in die Sitzung der gemeinsamen Fraktion.
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Es war nicht schwer zu erraten, welcher christdemokratische Ministerpräsident als erster ins Lager von Markus Söder wechseln würde: Reiner Haseloff aus Sachsen-Anhalt. Am Montag hatte der 67-Jährige im Präsidium der CDU noch für Armin Laschet votiert und ihn «meinen Freund» genannt.

Drei Tage später sagte Haseloff dem «Spiegel»: «Leider geht es jetzt nur um die harte Machtfrage: Mit wem haben wir die besten Chancen?» Es gehe «nicht um persönliche Sympathie, Vertrauen oder Charaktereigenschaften». Es helfe «nichts, wenn jemand nach allgemeiner Überzeugung absolut kanzlerfähig ist, aber dieses Amt nicht erreicht, weil die Wählerinnen und Wähler ihn nicht lassen».

Angst vor Niederlage im Juni

In den Umfragen liegt Söder weit vor Laschet, Haseloffs Aussage kam also auch ohne Namensnennung einem klaren Votum für Söder gleich. Bei Haseloff und seinen Mitstreitern grassiert die Angst, Anfang Juni die Wahl für den Landtag und damit die Macht zu verlieren. Im Kampf um Stimmen und gegen die starke AfD versprechen sie sich von einem Kanzlerkandidaten Söder mehr Auftrieb als von Laschet.

Haseloffs Kehrtwende machte deutlich, dass in der CDU die Stimmungslage Tag für Tag mehr Richtung Söder kippt. Man sei an einem «Wendepunkt», sagte ein bisheriger Laschet-Unterstützer der «Süddeutschen Zeitung», «das Ende» für Laschets Ambitionen nahe. Am Freitagnachmittag äusserte sich bereits ein zweiter Ministerpräsident ähnlich wie Haseloff, Tobias Hans aus dem kleinen Saarland.

Da waren sie noch Partner: Laschet (links) und Söder im Europawahlkampf von CDU und CSU 2019.

In mehreren CDU-Landesverbänden gibt es klare Mehrheiten für Söder, vor allem im Osten des Landes, aber auch in Baden-Württemberg oder Schleswig-Holstein. Die Berliner und die Hamburger CDU sind schon länger auf der Seite des CSU-Chefs. Auch die «Junge Union», der Nachwuchsverband von CDU/CSU, dürfte sich bald für Söder aussprechen.

Nicht mehr sehr gross ist Laschets Rückhalt auch in der Fraktion des Bundestags. In einer denkwürdigen Sitzung hatten sich dort am Dienstag zwei Drittel der rund 70 redenden Abgeordneten für Söder ausgesprochen, unter ihnen auch viele aus der CDU. 180 hatten sich nicht geäussert. Laschet glaubt, dass viele der Schweigenden zu ihm halten, Söder ist vom Gegenteil überzeugt.

Söder hat CDU eine Falle gestellt

Unter den Abgeordneten werden nun bereits Unterschriften gesammelt. Für den Fall, dass sich Laschet und Söder nicht schnell einigen, möchte die Fraktion am kommenden Dienstag in einer Kampfabstimmung selbst eine Entscheidung herbeiführen. Laschets verbliebene Unterstützer im CDU-Präsidium wiederum wollen genau dies verhindern. CDU-Vize Jens Spahn und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sagten am Freitag, der Entscheid über die Kanzlerkandidatur stehe den Führungen von CDU und CSU zu, nicht den Abgeordneten.

Söder hatte Laschets Partei am vergangenen Sonntag offenkundig eine Falle gestellt. Er erweckte den Eindruck, er werde sich zurückziehen, wenn sich die CDU-Führung deutlich hinter seinen Rivalen stelle – nur um am nächsten Tag zu behaupten, das Votum der Parteispitze bedeute gar nichts, wenn man an der Basis nach ihm rufe.

Viele in der CDU verlangen nun eine schnelle Einigung, um den Machtkampf zu beenden. Doch Söder spielt auf Zeit. Er glaubt nicht zu Unrecht, dass die Zeit für ihn arbeitet – und gegen Laschet. Eine schnelle Lösung, so sein Kalkül, ist nur noch möglich, falls sein Rivale aufgibt. Tut er es nicht, kann der CSU-Chef den Druck jederzeit weiter erhöhen, etwa über die Bundestagsfraktion.

CDU steigt in den Umfragen – Söder auch

Als Söder Ende 2017 seinem Vorgänger Horst Seehofer das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten (und danach auch den CSU-Vorsitz) entriss, war er genau gleich vorgegangen. Nach dem schlechten Resultat der CSU bei der Bundestagswahl 2017 hatte Söder Seehofer nicht nur die Schuld daran zugeschoben, sondern systematisch dessen Rückhalt an der Basis zersetzt. Die bayerische Landtagsfraktion zwang Seehofer schliesslich zur Kapitulation.

Bei der CDU ist die Verzweiflung darüber, dass aus der Wahl des gemeinsamen Kanzlerkandidaten eine offene Feldschlacht mit der CSU und eine Art Bürgerkrieg in der eigenen Partei geworden ist, derzeit gross. Erstaunlicherweise schlägt sich der chaotische Eindruck in den neusten Umfragen aber nicht nieder. Bei ARD wie ZDF sind CDU/CSU am Freitag in der Wählergunst gestiegen, nicht gesunken: auf 28 beziehungsweise 31 Prozent.

Söders Vorsprung auf Laschet hat sich noch vergrössert: In der ZDF-Umfrage trauen ihm 63 Prozent der Deutschen das Amt zu, Laschet nur 29 Prozent. Laut ARD halten 72 Prozent der Unionsanhänger Söder für den richtigen Kanzlerkandidaten. Lediglich 15 Prozent Laschet.