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Ausfall der Parlamentsdebatte
Die Stadtzürcher Linke bestreikt den Gemeinderat

Der feministische Streik dauerte den ganzen Tag in Zürich. Hier Aktionsstände auf dem Helvetiaplatz. 

An diesem Mittwoch beschäftigte sich das Stadtzürcher Parlament ausschliesslich mit sich selbst. Die einzige Frage der Sitzung lautete: Soll die Sitzung weitergehen oder nicht?

Ging sie nicht. Denn SP, Grüne und AL setzten sich durch. Die Sitzung wurde gemäss ihrem Antrag abgebrochen, nach rund 35 Minuten. Eine solche Notbremse hat es gemäss den Parlamentsdiensten in den letzten 20 Jahren nie gegeben.

Grund dafür war der feministische Streik, der zufälligerweise zur gleichen Zeit stattfand, wie es die Gemeinderatssitzung getan hätte. Die Vertreterinnen der drei links-grünen Parteien SP, Grüne und AL wollten am Streik mitmachen, wie Tanja Maag (AL) in einer gemeinsamen Erklärung begründete. Frauen würden weiterhin mehrfach benachteiligt, sie verdienten schlechter und erhielten tiefere Renten, sie leisteten unbezahlte Pflegearbeit und müssten Belästigungen erdulden. «Wir wollen das alles im Parlament bekämpfen, nur nicht heute», sagte Maag. An diesem 14. Juni gehe es darum, sich zu solidarisieren mit den weniger privilegierten Frauen, die auf der Strasse für ihre Anliegen kämpfen müssten. 

Heftige Gegenwehr

Bei den anderen Parteien stiess der Antrag auf heftigen Widerstand. Dem Parlament anzugehören, sei ein Privileg, sagte Martina Zürcher (FDP). Als Gemeinderätin habe man die Pflicht, die eigenen Wählerinnen zu vertreten. «Was würden die Frauen in Afghanistan davon halten, wenn ein demokratisch gewähltes Parlament streikt?» Karin Weyermann (Die Mitte/EVP) sagte, dass den Frauen die Parlamentsarbeit mehr nütze als ein Abbruch der Sitzung. Cathrine Pauli (FDP) warf den Grünen und der AL vor, dass dort die Männer in den Fraktionen den Antrag auf Abbruch «patriarchalisch» durchgesetzt hätten. 

Samuel Balsiger (SVP) nannte den Streik eine politische Kampagne der Gewerkschaften, für die das Parlament missbraucht werde. «Das ist eine Beschmutzung der Demokratie.» Der normale Bürger habe damit nichts zu tun, die Schweiz streike nicht.

Der erste Antrag scheiterte

Die Abbruch-Gegnerinnen kritisierten auch das Vorgehen von SP, Grünen und AL. Offenbar wollten die drei Parteien die Sitzung vom 14. Juni schon mehrere Wochen im Voraus streichen, und zwar in der Geschäftsleitung des Gemeinderats. Dieses Gremium legt fest, wann Parlamentssitzungen stattfinden. Dieser Versuch scheiterte allerdings wegen Abwesenheiten. Darum haben die links-grünen Parteien den Antrag auf Sitzungsabbruch am Montag nochmals eingereicht, diesmal musste der ganze Rat darüber befinden. Martina Novak (GLP) sagte, dass dieses «Die-Pistole-auf-die-Brust-Setzen» die GLP erstaunt und enttäuscht habe, obwohl man grosse Sympathien für die Anliegen der Streikenden habe. Eine Mehrheit der GLP-Fraktion lehnte den Abbruch ab, eine Minderheit enthielt sich. 

Der Zürcher Gemeinderat tagt seit diesem Februar in der Bullingerkirche im Kreis 4 (Archivbild vom 22. März 2023).

SP, Grüne und AL verhinderten am Mittwoch auch einen Antrag der FDP, der eine ausführlichere Debatte mit mehr Rednerinnen und Rednern ermöglicht hätte. Dies kritisierten die Bürgerlichen als undemokratisch. Sie bestritten auch, dass Gemeinderäte wegen des Abbruchs freiwillig auf ihr Sitzungsgeld verzichten können. Vertreterinnen der drei links-grünen Parteien äusserten sich nicht weiter zu den Vorwürfen der Gegenseite.

So kam es um 17.35 Uhr zur Abstimmung, bei der sich SP, Grüne und AL mit 62 Ja-Stimmen gegen 55 Nein und 6 Enthaltungen durchsetzten. So dürfte es den Streikwilligen gerade noch gereicht haben, um pünktlich zum Demobeginn um 18 Uhr den Bürkliplatz zu erreichen.